Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Mann namens Sly aufspüren noch mehr über Kent in Erfahrung bringen können. Auch Noah war kein Erfolg beschieden gewesen, und es war bezeichnend für Kent und seinen Ruf, dass niemand wagte, über ihn zu reden. Die Polizei zeigte keinerlei Interesse, wegen des Mordes an Millie eine Verhaftung vorzunehmen, und da seit Belles Verschwinden mehr als drei Monate vergangen waren, musste man davon ausgehen, dass auch sie tot war. Insgeheim hatte Garth aufgegeben, obwohl er das Mog gegenüber nie zugegeben hätte.
Die Entdeckung, dass sein Neffe nach wie vor versuchte, etwas zu unternehmen, erfüllte ihn einerseits mit Scham, andererseits mit dem Gefühl von Unzulänglichkeit. Und wenn er sich so fühlte, neigte er dazu, auf andere loszugehen.
»Ich muss mehr über den Mann herausfinden«, sagte Jimmy trotzig. »Und nach allem, was ich heute gehört habe, würde ichsagen, dass sie auch andere Mädchen entführt und irgendwohin gebracht haben. Ich werde in das Büro einbrechen und nachsehen, was ich noch herausfinden kann.«
»Du wirst nichts dergleichen tun!«, dröhnte Garth. »Wenn man dich in diesem Club erwischt, wirst du kaltgemacht und in den Fluss geworfen!«
»Ich werde nicht erwischt. Ich weiß schon, wie ich es anstellen muss«, beharrte Jimmy eigensinnig.
»Du gehst dort nicht mehr hin!«, blaffte Garth.
Jimmy hatte Angst, wenn sein Onkel so tobte wie jetzt, aber er gab nicht nach und sah den älteren Mann herausfordernd an. »Wir haben seit einer Ewigkeit nichts Neues mehr herausgefunden, Onkel. Mog trauert, und Annie ist weggegangen, weil sie es nicht erträgt, an das Feuer erinnert zu werden, das ihr alles genommen hat. Und ich will, dass dieser Bastard für den Mord an Millie gehängt wird und dass Belle zurückkommt.«
»Sie ist inzwischen längst tot!«, schrie Garth außer sich vor Zorn. »Das muss dir doch klar sein!«
Jimmy schüttelte den Kopf. »Ich spüre, dass sie am Leben ist, und Mog spürt es auch. Aber selbst wenn wir uns irren und sie wirklich tot ist, will ich Kent trotzdem festnageln.«
Jimmys Mut und Entschlossenheit ernüchterten Garth – und beschämten ihn. »Dann pass aber gut auf dich auf«, sagte er. »Das Letzte, was Mog und ich brauchen, ist, dass du auch noch verschwindest. Und wenn du das nächste Mal Detektiv spielst, sag uns gefälligst, was du vorhast.«
Jimmy trabte los, um seine Pflichten zu erfüllen, aber er grinste. Halb hatte er erwartet, von seinem Onkel Prügel zu beziehen –, dass dieser sich Sorgen um ihn machte, eher nicht.
Garth ließ sich auf einen Stuhl sinken, als Jimmy weg war. Er war verwirrt über seine Gefühle. Wie sehr sich sein Leben verändert hatte, seit seine Schwester gestorben war und er Jimmy bei sich aufgenommen hatte! Eigentlich konnte er sich nicht erinnern, früher überhaupt viele Gefühle gehabt zu haben; er war zu sehr damitbeschäftigt gewesen, sich um das Ram’s Head zu kümmern, und er vermutete, dass ihn die Vergangenheit verbittert hatte.
Er und Flora hatten sich als Kinder nicht sehr nahegestanden. Er war erst sechs und seine Schwester vierzehn gewesen, als Flora eine Lehre in einem Modehaus begann und dort einzog. Sie blieb als Schneiderin in dem Salon, nachdem sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, bis sie mit fünfundzwanzig einen irischen Künstler heiratete, Darragh Reilly.
Garth war siebzehn, als die Hochzeit stattfand, und er konnte sich erinnern, dass sein Vater gesagt hatte, Flora habe einen Versager erwischt. Bald stellte sich heraus, dass sein Vater recht hatte, denn Darragh hielt sich für einen viel zu talentierten Künstler, um sich die Hände mit irgendeiner Arbeit schmutzig zu machen und Geld zu verdienen. Kurz nach Jimmys Geburt verschwand er, um nie wiederzukehren, und Flora musste allein für sich und ihr Kind sorgen.
Garth tat, was er konnte, um ihr in der Anfangszeit zu helfen, aber Flora war eine so gute Schneiderin, dass sie schon bald ihren Lebensunterhalt selbst verdiente. Dafür bewunderte Garth sie, aber er stritt sich häufig mit ihr darüber, wie sie Jimmy erzog. Er hatte das Gefühl, dass sie zu nachgiebig war und dass aus dem Jungen ein Nichtsnutz wie sein Vater werden würde.
Jetzt musste er sich eingestehen, dass er sich geirrt hatte. Jimmy arbeitete, war aufrichtig und loyal und machte seiner Mutter alle Ehre. Wenn er bloß diese fixe Idee mit Belle aufgeben würde, könnte er gut vorankommen. Aber da Mog ständig bei ihnen war, würde das wohl kaum passieren. Sie hielt die Flamme
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