Doctor Sleep (German Edition)
der Tacho auf fünfundsechzig stand, schaltete Crow den Tempomaten ein und ließ den Wagen dahinrollen.
7
Dan legte kurz dar, was er im Sinn hatte, und wartete dann auf die Antwort von Dave Stone. Der saß lange einfach neben seiner Tochter, mit gesenktem Kopf und zwischen den Knien gefalteten Händen.
»Daddy?«, hakte Abra nach. »Bitte sag etwas.«
Dave hob den Kopf und sagte: » Wer will ein Bier?«
Dan und John tauschten einen irritierten Blick und lehnten dankend ab.
»Also, ich will eins. Ein doppelter Jack Daniel’s wäre mir zwar lieber, aber ich gebe auch ohne euren Kommentar gern zu, dass es heute Abend keine gute Idee sein dürfte, mir Whiskey hinter die Binde zu kippen.«
»Ich hol dir eins.«
Abra lief in die Küche. Sie hörten das Ploppen des Verschlusses und das Zischen von Kohlensäure – Geräusche, die bei Dan Erinnerungen weckten, von denen viele trügerisch glücklich waren. Außerdem meldete sich natürlich der Durst. Abra kam mit einer Dose Coors und einem Pilsglas wieder.
»Darf ich dir eingießen?«
»Nur zu.«
Mit fasziniertem Schweigen beobachteten Dan und John, wie Abra das Glas neigte und das Bier am Rand entlanglaufen ließ, damit möglichst wenig Schaum entstand. Das tat sie mit dem beiläufigen Geschick einer guten Barkeeperin. Sie reichte ihrem Vater das Glas und stellte die Dose neben ihn auf einen Untersetzer. Dave nahm einen tiefen Schluck, seufzte, schloss die Augen und öffnete sie wieder.
»Das tut gut«, sagte er.
Kann ich mir vorstellen, dachte Dan und sah, wie Abra ihn beobachtete. Ihr normalerweise so offenes Gesicht war undurchdringlich, und im Moment konnte er die Gedanken dahinter nicht lesen.
» Was Sie da vorschlagen, ist verrückt, aber es hat gewisse Reize«, sagte Dave. » Vor allem wäre das die Chance, dass ich diese … Kreaturen … mit eigenen Augen sehe. Das ist wahrscheinlich nötig, denn trotz allem, was ihr mir erzählt habt, kann ich unmöglich glauben, dass es sie wirklich gibt. Trotz diesem Handschuh und der Leiche, die ihr, wie ihr sagt, gefunden habt.«
Abra öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Ihr Vater hob die Hand.
»Ich glaube durchaus, dass ihr an diese Dinge glaubt«, fuhr er fort. »Ihr alle drei. Und ich bin auch bereit zu glauben, dass eine Gruppe gefährlich geistesgestörter Individuen möglicherweise – ich sage möglicherweise – hinter meiner Tochter her ist. Deshalb würde ich bei Ihrem Plan mitmachen, Dan, aber nur, wenn Abra nicht mit reingezogen wird. Ich werde meine Tochter nicht als Köder zur Verfügung stellen.«
»Das müssen Sie auch nicht«, sagte Dan. Er erinnerte sich, wie er durch Abras Anwesenheit an der Rampe der Ethanolfabrik in einen menschlichen Spürhund verwandelt worden war und wie sein Blick sich geschärft hatte, als Abras Augen in seinem Kopf aufgegangen waren. Er hatte sogar ihre Tränen geweint, obwohl das durch keinen DNA -Test hätte nachgewiesen werden können.
Oder vielleicht doch, dachte er. Wer weiß, vielleicht doch.
» Wie das?«
»Ihre Tochter muss nicht mit uns mitkommen, um bei uns zu sein. Dafür sorgt ihre einzigartige Gabe. Abra, hast du eine Freundin, die du morgen nach der Schule besuchen könntest? Bei der du vielleicht sogar übernachten kannst?«
»Klar – Emma Deane.« An dem erregten Funkeln ihrer Augen sah er, dass sie bereits begriffen hatte, was er plante.
»Abgelehnt«, sagte Dave. »Ich lasse sie nicht unbewacht.«
»Abra wurde schon bewacht, während wir in Iowa waren«, sagte John.
Abras Augenbrauen zuckten in die Höhe, und die Kinnlade klappte ihr herunter. Als Dan das sah, freute er sich. Bestimmt hätte sie jederzeit in seinen Gedanken stöbern können, wenn sie es wollte, aber sie hatte sich an seine Bitte gehalten, es nicht zu tun.
Er zog sein Handy aus der Tasche und drückte eine der Kurzwahltasten. »Billy? Komm doch mal rein. Wir feiern hier nämlich gerade eine kleine Party.«
Drei Minuten später betrat Billy Freeman das Eigenheim der Stones. Er trug Jeans, darüber ein rotes Flanellhemd, das ihm fast bis zu den Knien reichte, und eine Mütze mit dem Aufdruck TEENYTOWN RAILWAY , die er abnahm, bevor er Dave und Abra die Hand schüttelte.
»Du hast ihm mal geholfen, als er ziemlich krank war«, sagte Abra und sah Dan an. »Daran erinnere ich mich noch.«
»Also hast du doch in meine Gedanken gelinst«, sagte Dan.
Sie wurde rot. »Nicht absichtlich. Noch nie. Manchmal … passiert es einfach.«
»Als ob ich das nicht wüsste!«
»Nichts
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