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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Brunnen trinken.«
    Sie schloss die Augen.
    (ich weiß)
    »Sie werden einschlafen, und wenn Sie aufwachen …«
    (wird alles besser sein)
    Die Kraft war noch stärker als in der Nacht, in der Charlie Hayes hinübergegangen war; er spürte sie zwischen sich und Concetta, während er sanft ihre Hände in seine nahm und die glatten Perlen ihres Rosenkranzes sich an seine Handflächen schmiegten. Irgendwo wurden Lichter gelöscht, eines nach dem anderen. Das war in Ordnung so. In Italien holte ein Mädchen in einem braunen Kleid und Sandalen Wasser aus dem kühlen Schlund eines Ziehbrunnens. Das kleine Mädchen sah aus wie Abra. Ein Hund bellte. Il cane. Ginata. Il cane si rotolava sull’erba. Er wälzte sich bellend im Gras. Drollig war ihr Hund gewesen, ihre Ginata.
    Concetta war sechzehn und verliebt; sie war dreißig und schrieb am Küchentisch einer stickigen Wohnung in Queens ein Gedicht, während auf der Straße unten Kinder tobten; sie war sechzig, stand im Regen und blickte in hunderttausend Fäden aus reinem, herabfallendem Silber. Sie war ihre Mutter und ihre Urenkelin, und es war Zeit für ihre große Veränderung, ihre große Reise. Ginata wälzte sich im Gras und die Lichter
    (beeil dich bitte)
    gingen nacheinander aus. Eine Tür öffnete sich
    (bitte beeil dich es ist Zeit)
    und dahinter konnten sie beide den ganzen geheimnisvollen, duftenden Atem der Nacht riechen. Darüber standen alle Sterne, die es je gegeben hatte.
    Er küsste ihre kühle Stirn. »Alles ist richtig so, cara . Du musst nur einschlafen. Durch den Schlaf wird alles besser werden.«
    Dann wartete er auf ihren letzten Atemzug.
    Der schließlich kam.
    6
    Er saß immer noch da, ihre Hände in seinen, als abrupt die Tür aufging und Lucy Stone hereingeschritten kam. Ihr Mann und John Dalton folgten, aber nicht allzu dicht hinter ihr; es war, als hätten sie Angst davor, von der Furcht, der Wut und der verwirrten Empörung verbrannt zu werden, die Lucy als knisternde, fast sichtbare Aura umgaben.
    Als sie Dan an der Schulter packte, gruben sich ihre Fingernägel wie Klauen durch sein Hemd in seine Haut. » Weg hier! Sie kennen diese Frau nicht. Sie haben nicht mehr mit meiner Großmutter zu schaffen als mit meiner Toch…«
    »Sprechen Sie leiser«, sagte Dan, ohne sich umzudrehen. »Sie sind im Angesicht des Todes.«
    Der Zorn, der ihren Körper verkrampft hatte, strömte so plötzlich aus ihr heraus, dass ihre Gelenke erschlafften. Sie sank neben Dan aufs Bett und blickte auf das wächserne Bild, zu dem das Gesicht ihrer Großmutter geworden war. Dann betrachtete sie den hageren, unrasierten Mann, der dasaß und die toten Hände hielt, in die immer noch der Rosenkranz geflochten war. Unbemerkt rollten Tränen in großen, klaren Tropfen an Lucys Wangen herab.
    »Ich kapiere nicht einmal die Hälfte von dem, was die beiden da mir erzählen wollten. Nur dass Abra gekidnappt wurde, aber nun in Sicherheit ist – angeblich –, dass sie mit einem Mann namens Billy in einem Motel ist und dass die beiden jetzt schlafen.«
    »Das stimmt alles«, sagte Dan.
    »Dann verschonen Sie mich bitte mit Ihren Moralsprüchen. Ich werde um meine Momo trauern, sobald ich Abra sehe. Sobald ich sie in die Arme genommen habe. Jetzt will ich erst mal wissen … ich will …« Sie brach ab, warf einen Blick auf ihre tote Großmutter und sah dann wieder Dan an. Ihr Mann stand hinter ihr. John hatte die Tür von Zimmer 9 geschlossen und sich mit dem Rücken darangelehnt. »Sie heißen Torrance? Daniel Torrance?«
    »Ja.«
    Wieder wanderte ihr Blick langsam von dem reglosen Gesicht ihrer Großmutter zu dem Mann, der bei deren Tod zugegen gewesen war. » Wer sind Sie, Mr. Torrance?«
    Dan ließ Concettas Hände los und ergriff die von Lucy. »Kommen Sie mit. Es ist nicht weit. Nur dort hinüber.«
    Den Blick nun unverwandt auf sein Gesicht gerichtet, stand sie ohne Widerspruch auf. Er führte sie zur Badezimmertür, die offen stand. Dort schaltete er das Licht ein und deutete auf den Spiegel über dem Waschbecken, in dem ihre Gesichter gerahmt waren wie auf einer Fotografie. Wenn man sie so sah, konnte es kaum einen Zweifel geben. Eigentlich gar keinen.
    »Mein Vater war auch dein Vater, Lucy«, sagte er. »Ich bin dein Halbbruder.«
    7
    Nachdem sie die Oberschwester über den Todesfall auf der Station informiert hatten, gingen sie in den kleinen, nichtkonfessionellen Andachtsraum des Krankenhauses. Lucy kannte den Weg; obwohl sie nicht besonders gläubig war, hatte sie

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