Doctor Sleep (German Edition)
ich bestimmt nicht)
(melde dich gleich danach damit ich mir keine Sorgen mache)
Natürlich würde er sich massenhaft Sorgen machen.
(ja sicher hab dich lieb Onkel Dan)
(hab dich auch lieb)
Er malte einen Kuss. Abra sandte einen zurück: große, rote Comiclippen. Die spürte er fast auf seiner Wange. Dann war sie fort.
Billy starrte ihn an. »Du hast gerade mit ihr gesprochen, stimmt’s?«
»Ja, stimmt. Sieh auf die Straße.«
»Ja, ja. Du hörst dich an wie meine Exfrau.«
Billy betätigte den Blinker, wechselte auf die Überholspur und rollte an einem riesigen, schwerfälligen Wohnmobil vorbei, einem Fleetwood Pace Arrow. Während Dan es vorüberziehen sah, fragte er sich, wer wohl darin saß und ob jemand durch die getönten Scheiben spähte.
»Ich will noch etwa hundert Meilen schaffen, bevor wir uns aufs Ohr legen«, sagte Billy. »So wie ich die restliche Strecke berechnet hab, hast du dann morgen eine ganze Stunde Zeit für deinen Einkauf, und wir sind trotzdem zu dem Zeitpunkt in den Bergen, den ihr für den Showdown vorgesehen habt. Aber dafür müssen wir auf jeden Fall vor Tagesanbruch los.«
»Gut. Du hast doch verstanden, wie es laufen wird, oder?«
»Ich hab nur kapiert, wie es laufen soll .« Billy warf ihm einen kurzen Blick zu. »Hoffen wir doch mal, dass die uns nicht mit dem Fernglas beobachten, falls sie eins haben. Meinst du eigentlich, dass wir lebendig aus der ganzen Sache rauskommen? Sag mir die Wahrheit! Wenn die Antwort nein lautet, werde ich mir nämlich nachher das größte Steak aller Zeiten bestellen. Die letzte Rechnung kann Mastercard gern bei meinen Verwandten eintreiben, und weißt du was? Ich hab gar keine Verwandten. Falls du nicht meine Ex dazurechnest, und die würde keinen Finger für mich krumm machen.«
»Klar werden wir es überleben«, sagte Dan, aber das hörte sich ziemlich matt an. Er fühlte sich zu miserabel, als dass er eine tapfere Miene hätte aufsetzen können.
»Tatsächlich? Na, vielleicht bestelle ich mir trotzdem ein anständiges Steak. Was ist mit dir?«
»Ich glaube, ich könnte etwas Suppe runterbringen. Solange es sich um klare Brühe handelt.« Bei der Vorstellung nämlich, etwas zu essen, bei dem man nicht auf den Grund des Tellers sah – Tomaten- oder Champignoncremesuppe etwa –, zog sich sein Magen sofort wieder zusammen.
»Na gut. Wie wär’s, wenn du wieder die Augen zumachst?«
Dan wusste, dass er nicht tief schlafen konnte, egal wie erschöpft und krank er sich fühlte – nicht solange Abra mit dieser uralten Kreatur fertigwerden musste, die wie eine Frau aussah –, aber er schaffte es einzudösen. So seicht dieser Schlaf auch war, er brachte weitere Träume hervor, zuerst vom Overlook (nun ging es um den Aufzug, der sich mitten in der Nacht von selbst in Gang gesetzt hatte) und dann von seiner Nichte. Diesmal war Abra mit einem Stromkabel erdrosselt worden. Mit hervorquellenden, vorwurfsvollen Augen starrte sie Dan an. Es war nur allzu leicht zu erkennen, wie der Vorwurf lautete. Du hast gesagt, du wirst mir helfen. Du hast gesagt, du rettest mich. Wo warst du?
8
Abra schob das, was sie zu tun hatte, immer wieder auf, bis ihr klar wurde, dass ihre Mutter sie bald drängeln würde, sich schlafen zu legen. In die Schule würde sie morgen zwar nicht gehen, aber was sie erwartete, war ein großer Tag. Und vielleicht eine sehr lange Nacht.
Etwas aufzuschieben macht es nur schlimmer, cara mia .
Das war ein typischer Spruch von Momo. Abra blickte zum Fenster und wünschte sich, dort ihre Urgroßmutter zu sehen statt Rose. Das wäre schön gewesen.
»Momo, ich hab furchtbare Angst«, sagte sie. Aber nachdem sie zweimal tief durchgeatmet hatte, um sich zu beruhigen, griff sie nach ihrem iPhone und wählte die Nummer der Overlook Lodge auf dem Bluebell Campground. Ein Mann meldete sich, und als Abra sagte, dass sie mit Rose sprechen wolle, fragte er sie nach ihrem Namen.
»Sie wissen doch, wer ich bin«, sagte sie. Und fügte mit einer hoffentlich provokant wirkenden Neugier hinzu: »Sind Sie eigentlich schon krank, Mister?«
Darauf gab der Mann am anderen Ende (es war Toady Slim) keine Antwort, aber sie hörte, wie er jemand etwas zumurmelte. Einen Moment später war Rose am Telefon, inzwischen wieder deutlich gefasster.
»Hallo, meine Liebe. Wo bist du?«
»Auf dem Weg«, sagte Abra.
»Tatsächlich? Das ist fein, meine Liebe. Also würde ich nicht feststellen, dass der Anruf aus New Hampshire kommt, wenn ich das nachher
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