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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ergattert hatte – selbst für die Nachtschicht, wenn die meisten Gäste entweder schliefen oder versuchten, sich so ruhig zu verhalten, dass sie niemand störten –, war Dan völlig schleierhaft. Wahrscheinlich hatte irgendjemand ein paar Strippen gezogen. So lief es eben. Hatte nicht sein eigener Vater dasselbe getan, um seine letzte Stelle zu bekommen – als Hausmeister im Hotel Overlook? Das war zwar kein eindeutiger Beweis dafür, dass Beziehungen nicht die beste Methode waren, einen Job an Land zu ziehen, aber es ließ zumindest darauf schließen.
    »Schönen Abend, Doctor Sleeeep «, rief Carling ihm noch hinterher, ohne sich groß die Mühe zu machen, die Stimme zu dämpfen.
    Im Stationszimmer arbeitete Claudette an der Liste für die Medikamentenverteilung, während Janice Barker vor einem kleinen, leise gestellten Fernseher saß. Auf dem Bildschirm flimmerte eine Dauerwerbesendung mit einem endlosen Infomercial zum Thema Darmreinigung, das Janice mit großen Augen und halb offenem Mund betrachtete. Als Dan mit den Fingernägeln auf die Theke trommelte, fuhr sie auf, was bedeutete, dass sie nicht gebannt ferngesehen, sondern vor sich hin gedämmert hatte.
    »Kann eine von euch beiden mir was Substanzielles über Charlie sagen? Carling hat nämlich keine Ahnung.«
    Claudette warf einen Blick in den Flur, um sich zu vergewissern, dass Fred Carling nicht in Sicht war, dann senkte sie zur Sicherheit zudem die Stimme. »Dieser Typ ist so unnütz wie ein Kropf. Ich hoffe immer noch, dass man ihn irgendwann rausschmeißt.«
    Dan war derselben Meinung, behielt diese jedoch für sich. Wie er herausgefunden hatte, förderte konsequente Nüchternheit die Fähigkeit zur Diskretion ungemein.
    »Ich hab vor einer Viertelstunde nach Charlie gesehen«, sagte Janice. »Das tun wir bei den Gästen oft, wenn unser Kater zu Besuch kommt.«
    » Wie lange ist Azzie schon im Zimmer?«
    »Er saß miauend vor der Tür, als wir um Mitternacht zum Dienst gekommen sind«, sagte Claudette. »Ich hab ihm aufgemacht, und er ist sofort aufs Bett gesprungen. Du weißt ja, wie das läuft. Fast hätte ich dich da schon angerufen, aber Charlie war wach und ansprechbar. Als ich ihn begrüßt hab, hat er den Gruß erwidert und angefangen, Azzie zu streicheln. Deshalb hab ich beschlossen zu warten. Etwa eine Stunde später bekam er Nasenbluten. Fred hat ihn sauber gemacht. Dem musste ich erst mal sagen, dass er die Handtücher in einen Seuchensack stecken soll.«
    Als Seuchensack bezeichnete das Personal die biologisch abbaubaren Kunststoffbeutel, in denen mit Körperflüssigkeiten oder Gewebe verunreinigte Kleidung, Bettwäsche und Handtücher aufbewahrt wurden. Das war gesetzlich vorgeschrieben, um die Verbreitung von durch Blut übertragbaren Krankheiten zu verhindern.
    »Als ich vor einer knappen Dreiviertelstunde nach ihm gesehen habe, schlief er«, sagte Janice. »Ich hab ihn geschüttelt. Da hat er die Augen geöffnet, und die waren ganz blutunterlaufen.«
    »Daraufhin hab ich bei Emerson angerufen«, sagte Claudette. »Und nachdem die Frau von seinem Telefondienst mir gesagt hat, das könnte ich vergessen, hab ich mich bei dir gemeldet. Gehst du jetzt runter?«
    »Ja.«
    » Viel Glück«, sagte Janice. »Ruf an, wenn du etwas brauchst.«
    »Mach ich. Sag mal, Jannie, wieso informierst du dich eigentlich über Darmreinigung? Oder ist das eine zu persönliche Frage?«
    Sie gähnte. »Zu dieser Zeit läuft sonst nur noch Werbung für den Ahh Bra. Und den hab ich schon.«
    4
    Die Tür der Shepard-Suite stand halb offen, aber Dan klopfte trotzdem. Als keine Antwort kam, drückte er sie ganz auf. Jemand (wahrscheinlich eine der Schwestern, denn Fred Carling war es bestimmt nicht gewesen) hatte das Bett ein Stück hochgekurbelt. Das Laken war bis zur Brust von Charlie Hayes hochgezogen. Er war einundneunzig, erschreckend mager und so bleich, dass er kaum noch am Leben zu sein schien. Dan musste dreißig Sekunden reglos dastehen, bevor er sich völlig sicher war, dass sich die Schlafanzugjacke des alten Mannes hob und senkte. Neben einem der sich schwach unter dem Laken abzeichnenden Hüftgelenke hatte sich Azzie zusammengerollt. Als Dan hereinkam, betrachtete der Kater ihn mit seinen unergründlichen gelben Augen.
    »Mr. Hayes? Charlie?«
    Charlies Augen öffneten sich nicht. Die Lider waren bläulich, und die Haut unter den Augen hatte sich zu einem dunklen, fast schwarzen Violett verfärbt. Als Dan neben das Bett trat, sah er noch eine

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