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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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an.
    » Wir haben nie viel darüber gesprochen, was du im Hospiz tust. Wie du den Menschen dort hilfst.«
    »Nein«, sagte Dan. »Und es wäre mir lieber, wenn wir es dabei belassen könnten. Du weißt doch, was wir am Ende jedes Treffens sagen oder? ›Wen du hier siehst, was du hier hörst, wenn du gehst, bitte lass es hier.‹ So denke ich über den anderen Teil meines Lebens.«
    » Wie viele Teile deines Lebens waren vom Saufen beeinträchtigt?«
    Dan seufzte. »Das weißt du schon. Alle.«
    »Aha?« Und als Dan nichts erwiderte: »Das Personal im Hospiz nennt dich Doctor Sleep. So was spricht sich herum, Danno.«
    Dan schwieg. Es war noch etwas von dem Pudding übrig, und Patty würde ihn ausschimpfen, wenn er nicht aufaß, aber sein Appetit war verflogen. Wahrscheinlich hatte er geahnt, dass dieses Gespräch irgendwann kommen musste, und nach zehn Jahren ohne einen Tropfen Alkohol (und da er inzwischen ein paar eigene Schützlinge hatte) würde Casey sicher seine Grenzen respektieren, aber er war trotzdem nicht scharf darauf.
    »Du hilfst den Menschen beim Sterben. Nicht, indem du ihnen ein Kissen aufs Gesicht drückst oder so, das denkt niemand, sondern einfach, indem du … ich weiß auch nicht. Anscheinend weiß das niemand .«
    »Ich setze mich zu ihnen, das ist alles. Spreche ein wenig mit ihnen. Wenn sie es wollen.«
    »Arbeitest du mit den Schritten, Danno?«
    Wäre das ein neues Gesprächsthema gewesen, so hätte Dan sich gefreut, aber er wusste, dass dem nicht so war. »Du weißt, dass ich das tue. Schließlich bist du mein Sponsor.«
    »Ja, morgens bittest du um Hilfe, und abends sagst du danke. Das tust du auf den Knien. Womit wir die ersten drei Schritte hätten. Im vierten geht es um diesen Kram mit der moralischen Inventur. Aber wie steht es mit Nummer fünf?«
    Insgesamt waren es zwölf Schritte. Da Dan mitbekommen hatte, wie sie am Anfang der Treffen, an denen er teilgenommen hatte, vorgelesen worden waren, kannte er sie auswendig. » Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu.«
    »Genau.« Casey hob seine Kaffeetasse, nahm einen Schluck und sah Dan über den Rand hinweg an. »Hast du diesen Schritt getan?«
    »Mehr oder weniger.« Dan wäre am liebsten irgendwo anders gewesen. Fast egal wo. Außerdem stellte er fest, dass er sich nach einem Schnaps sehnte, und zwar zum ersten Mal seit geraumer Zeit. Auf dieses Gespräch war er nicht gefasst gewesen.
    »Lass mich mal raten. Du hast dir selbst gegenüber alle deine Fehler zugegeben, du hast dem Gott deines Nichtverständnisses alle deine Fehler zugegeben, und du hast einem anderen Menschen gegenüber – das dürfte ich sein – die meisten deiner Fehler zugegeben. Stimmt’s, oder hab ich recht?«
    Dan sagte nichts.
    »Ich verrate dir mal, was ich glaube«, fuhr Casey fort. »Und du kannst mich gern korrigieren, falls ich unrecht habe. In Schritt acht und neun ist davon die Rede, den Schaden zu beseitigen, den wir hinterlassen haben, als wir praktisch sieben Tage pro Woche vierundzwanzig Stunden lang besoffen waren. Ich glaube, zumindest bei einem Teil deiner Arbeit im Hospiz, dem wichtigen Teil, geht es um diese Wiedergutmachung. Aber ich glaube auch, dass es einen Fehler gibt, über den du nicht ganz hinwegkommst, weil du dich zu sehr schämst, darüber zu sprechen. Wenn das der Fall ist, wärst du nicht der Erste, darauf kannst du wetten.«
    Dan dachte: Mama.
    Dan dachte: Zucka.
    Er sah das rote Portemonnaie und das erbärmliche Bündel Lebensmittelmarken. Außerdem sah er etwas Geld. Siebzig Dollar, genug für ein viertägiges Besäufnis. Sogar für ein fünftägiges, wenn man es sorgfältig aufteilte und feste Nahrung auf ein absolutes Mindestmaß beschränkte. Er sah das Geld zuerst in seiner Hand und dann, wie es in seiner Tasche verschwand. Er sah das Kind in dem Braves-T-Shirt und die herunterhängende Windel.
    Er dachte: Der Kleine hieß Tommy.
    Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal dachte er: Darüber werde ich nie sprechen.
    »Danno? Ist da noch etwas, was du mir erzählen willst? Ich hab so den Eindruck. Ich weiß nicht, wie lange du diesen Mist schon mit dir herumschleppst, aber du kannst ihn bei mir lassen und mit einer gewaltigen Last weniger hier rausmarschieren. So funktioniert das nämlich.«
    Er dachte, wie das Kind zu seiner Mutter getapst war
    (Deenie sie hieß Deenie)
    und wie sie, obwohl sie gerade ihren Rausch ausschlief, den Arm um den Jungen gelegt und ihn an

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