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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mit den Händen auf die Knie, weil ihr der Rucksack plötzlich viel zu schwer geworden war, und erbrach ihre Oreos und den unverdauten Teil ihres Mittagessens in die Astern ihrer Mutter. Als sie sich sicher war, nicht noch einmal kotzen zu müssen, ging sie in die Garage und warf die Post in den Müll. Die gesamte Post.
    Ihr Vater hatte recht, es war alles Mist.
    5
    Die Tür zu dem kleinen Zimmer, das ihr Vater zum Arbeiten benutzte, stand offen, und als Abra in der Küche am Spülbecken ein Glas Wasser einlaufen ließ, um sich den sauren Schokoladengeschmack der Oreos aus dem Mund zu spülen, hörte sie die Tastatur seines Computers kontinuierlich klicken. Das war gut. Wenn das Klicken sich verlangsamte oder ganz aufhörte, wurde ihr Vater oft brummig. Außerdem nahm er dann mehr Notiz von ihr, und heute wollte sie das vermeiden.
    »Abba-Doo, bist du das?«, rief ihr Vater fast singend.
    Normalerweise hätte sie ihn gebeten, diesen Babynamen bitte nicht mehr zu verwenden, aber jetzt tat sie das lieber nicht. »Ja, ich bin’s.«
    » Wie war’s in der Schule?«
    Das kontinuierliche Klick-klick-klick hatte aufgehört. Bitte komm nicht aus deinem Zimmer, flehte Abra lautlos. Komm nicht raus, um mich anzuschauen und zu fragen, wieso ich so bleich bin oder was mit mir los ist.
    »Gut. Wie läuft es mit dem Buch?«
    »Heute ist ein toller Tag«, sagte ihr Vater. »Ich schreibe über den Charleston und den Black Bottom. Wo-doh-di-oh-doh. « Was immer das heißen sollte. Wichtig war, dass das Klick-klick-klick wieder einsetzte. Gott sei Dank.
    »Super«, sagte sie, spülte ihr Glas aus und stellte es in den Ablaufkorb. »Ich gehe jetzt rauf, um meine Hausaufgaben zu machen.«
    »So ist’s recht. Denk dran, 2018 bist du in Harvard.«
    »Alles klar, Dad.« Vielleicht würde sie tatsächlich daran denken. Oder an sonst was, was ihre Gedanken von Bankerton, Iowa, im Jahr 2011 fernhielt.
    6
    Nur dass sich diese Gedanken nicht fernhalten ließen.
    Weil.
    Weil was? Weil warum? Weil … tja …
    Weil es etwas gibt, was ich tun kann.
    Sie chattete eine Weile mit ihrer Freundin Jessica, doch dann fuhr die mit ihren Eltern zum Einkaufszentrum in North Conway, um im Panda Garden zu Abend zu essen, worauf Abra ihr Gemeinschaftskundebuch aufschlug. Eigentlich wollte sie sich mit dem vierten Kapitel beschäftigen, das aus extrem langweiligen zwanzig Seiten mit dem Titel » Wie unsere Regierung funktioniert« bestand, doch stattdessen hatte sich das Buch am Anfang des fünften Kapitels geöffnet: »Unsere Verantwortung als Staatsbürgerinnen und Staatsbürger«.
    Oje, wenn es ein Wort gab, das sie an diesem Nachmittag nicht sehen wollte, dann lautete es Verantwortung. Sie ging ins Bad, um sich ein weiteres Glas Wasser zu holen, weil in ihrem Mund immer noch ein bitterer Geschmack lag, und starrte im Spiegel unwillkürlich auf ihre eigenen Sommersprossen. Es waren genau drei, eine auf der linken Wange und zwei auf der Nase. Nicht schlecht. Was Sommersprossen anging, hatte sie Dusel gehabt. Sie hatte auch kein Muttermal wie Bethany Stevens, kein schiefes Auge wie Norman McGinley, sie stotterte nicht wie Ginny Whitlaw und hatte keinen grässlichen Namen wie der arme Pence Effersham, der deshalb immer gehänselt wurde. Obwohl natürlich etwas eigenartig, war der Name Abra trotzdem ganz in Ordnung, weil die Leute ihn interessant fanden statt bloß schräg wie den von Pence, der unter den Jungs (aber die Mädchen bekamen so was irgendwie immer raus) als Pence der Penis bekannt war.
    Und vor allem bin ich nicht von irgendwelchen wahnsinnigen Leuten zersäbelt worden, die sich nicht drum gekümmert haben, dass ich geschrien und gebettelt hab, sie sollen aufhören. Ich hab nicht sehen müssen, wie manche von diesen Irren sich mein Blut von den Handflächen geleckt haben, bevor ich gestorben bin. Abba-Doo ist schon ein echter Glückspilz.
    Aber eigentlich war sie doch kein Glückspilz. Richtige Glückspilze wussten nichts von Dingen, die sie nichts angingen.
    Sie klappte den Klodeckel herunter, setzte sich darauf, schlug die Hände vors Gesicht und weinte leise. Gezwungen zu sein, wieder an Bradley Trevor zu denken und daran, wie er gestorben war, war schlimm genug, aber das war noch nicht alles. Sie musste auch an all die anderen Kinder denken, an so viele Bilder, dass man sie wie eine Schulklasse aus der Hölle auf die letzte Seite vom Shopper gequetscht hatte. All dieses zahnlückige Grinsen und all diese Augen, die noch weniger von der Welt

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