Doener, Machos und Migranten
das Schulamt wenden. DaDomenik keinerlei Kunstmaterialien mit zur Schule brachte, konnte er tatsächlich nicht in der gleichen Form wie seine Mitschüler am Unterricht teilnehmen. Stellten wir beispielsweise Masken aus Gips her, gab ich ihm die Aufgabe, eine Maske aufzumalen und auszuschneiden. Das Argument seines Vater, er habe kein Geld zum Kauf der Unterrichtsmaterialien, konnte ich nicht nachvollziehen. Domenik hatte immer ein gekauftes Frühstück vom Bäcker dabei. Für ein Schokobrötchen und einen Kakao aus dem Supermarkt war anscheinend genügend Geld vorhanden, für Stifte, Hefte und diverse Kunstmaterialien wohl nicht. In der Folge mussten die Schulleitung und ich ständig zu den anwaltlichen Schreiben der Familie schriftlich Stellung nehmen. Dabei kam uns zugute, dass Domeniks Vater beim Schulamt bereits bekannt war. Eine konstruktive Zusammenarbeit erschien unmöglich. Domenik fehlte häufig, und war er doch einmal anwesend, saß er teilnahmslos im Unterricht herum. Für uns war das in Ordnung, denn so konnte er wenigstens keinen Schaden anrichten.
Eines Tages, als eine Kollegin Domenik wieder einmal in den Trainingsraum schicken wollte, weigerte er sich, den Klassenraum zu verlassen. Sie fasste ihn am Arm, um ihn zur Tür zu begleiten. Augenblicklich schrie Domenik laut herum und behauptete, die Lehrerin habe ihn geschlagen und bespuckt. Sein Vater würde sie sofort anzeigen. Zum Glück waren die anderen Schüler ebenfalls anwesend, sodass genügend Zeugen den richtigen Sachverhalt bestätigen konnten. Um uns selbst zu schützen, beschlossen daraufhin meine Kollegin und ich, uns niemals ohne Zeugen mit Domenik in einem Raum aufzuhalten. Bei jeder Gelegenheit drohte der Junge mit dem Anwalt seines Vaters. Einmal akzeptierte er die Note einer Mathematikarbeit nicht. Domenik hätte aufgrund seiner Fehlzeiten die Arbeit gar nicht mitschreiben dürfen. Die rechtlicheGrundlage der ungenügenden Leistungsbeurteilung wurde mit dem Brief des Rechtsanwaltes angezweifelt. Erneut mussten die Kollegin und der Schulleiter dazu schriftlich Stellung nehmen.
Selbstverständlich stand ich auch mit dem Jugendamt im Kontakt. Dort waren sowohl Domenik als auch sein Vater alles andere als Unbekannte. Angeblich hielt der Mann die Vereinbarungen zur Erziehungshilfe, die vom Jugendamt mit ihm vereinbart worden waren, nicht ein. Domeniks Mutter, die von ihrem Mann längst geschieden war, weigerte sich vehement, an der Erziehung ihres Sohnes mitzuwirken. Sie lebte mittlerweile in einer neuen Partnerschaft und hatte mit ihrem neuen Partner einen weiteren Sohn. Domenik besuchte sie – laut ihrer Aussage – je nach Lust und Laune unregelmäßig am Wochenende. Weder Domenik noch sein Vater hielten sich an getroffene Absprachen.
Bei einem Gespräch erzählte mir Domeniks Mutter, dass sie vor ihrem Exmann Angst hätte, zumal er in ihrer neuen Familie immer für Ärger sorgen würde. Sie weigerte sich, sich in die schulischen Angelegenheiten einzumischen, denn sie befürchtete zusätzliche Probleme mit ihrem Exmann, sobald sie Vereinbarungen mit der Schule treffen würde, die nicht hundertprozentig seinen Vorstellungen entsprächen. Bei einem der wenigen Treffen in der Schule erzählte mir Domeniks Mutter auch, wie die Besuche ihres Sohnes zustande kamen bzw. vonstatten gingen. Die Wohnungen seiner Eltern lagen nur ein paar Straßenblocks voneinander entfernt. Besuchte Domenik seine Mutter am Wochenende, kam es dort regelmäßig zu Streitereien, weil er sich auch bei ihr an keine Regeln hielt. Ständig ergriff er die Flucht, um in die Wohnung seines Vaters zurückzulaufen. Zwischen den Eltern hatte es mehrere Gerichtsverfahren wegen Bedrohung, Körperverletzung undähnlichen Dingen gegeben, sodass die Chance auf eine konstruktive gemeinsame Erziehung des Kindes längst verspielt war. Die Mutter hatte schon vor einiger Zeit resigniert und wollte sich und ihre neue Familie nicht noch weiter belasten. Am liebsten würde sie ihr Sorgerecht für Domenik gänzlich auf ihren Exmann übertragen.
Nach zahlreichen lautstarken verbalen Auseinandersetzungen mit Domeniks Vater war mein Schulleiter schließlich der alleinige Ansprechpartner für ihn. Meine Kollegin und ich hatten mittlerweile regelrecht Angst vor diesem Mann. Er schien völlig unberechenbar zu sein. Eines Tages tauchte Domeniks Vater in der Schule auf und hämmerte lautstark gegen die Tür der Klasse, in der unser Schulleiter gerade unterrichtete, und brüllte auf ihn ein.
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