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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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alle wieder an. Die Welpen spielten bei Tag und Nacht und schliefen nur nach dem Fressen. Er passte sich ihnen an, und allmählich veränderte sich auch sein eigener Schlafrhythmus.
    Während die großen Hunde draußen jagten, ging er mit seinen Spielkameraden in der Höhle auf Entdeckungsreise und folgte ihnen auf den Spuren interessanter Gerüche. Wenn sie Ratten aufscheuchten oder furchterregende Geräusche von der Straße herüberdrangen, flitzten sie alle zu ihrem Nest zurück. Der Keller war durch Holzpfeiler unterteilt, die den Rahmen des Fußbodens über ihnen stützten. Die hinteren Ecken waren vollgestopft mit allem möglichen Gerümpel – verschimmelte Kleidung, Holzstapel, leere Flaschen und eine Statue. Sie lag auf dem Rücken, das Gesicht über dem steinernen Spitzbart wirkte ruhig, unterden breiten steinernen Manschetten schauten die abgestoßenen Finger hervor. Sie war zu schwer, um sie von der Stelle bewegen zu können, und Romotschka verlor bald das Interesse daran. Aus dem vielen Schutt und dem Holz, das überall herumlag, konnte man Pferche und dann miteinander verbundene Gehege mit geheimen Fluchtwegen bauen, nach denen die Welpen suchen und durch die sie sich hindurchzwängen mussten. Romotschka baute richtige Labyrinthe, und als die Welpen verstanden hatten, was er von ihnen erwartete, spielten sie mit wachsender Geschicklichkeit und Begeisterung. Er leitete sie über Hindernisse oder durch Tunnel und schimpfte wütend mit ihnen, wenn sie einen Fehler machten. Die Welpen lernten schnell, ihn zu beobachten und nachzuahmen, mit Freude zu tun, was er vorschlug. Wenn sie müde wurden, kuschelten sie sich aneinander, zwickten und balgten sich. Dann leckten sie sich gegenseitig und schliefen ein. Jedes Mal, wenn die älteren Hunde zurückkehrten, sah die Höhle vollkommen anders aus, was sie anfangs sehr beunruhigend fanden.
    Bei Tageslicht wurde Romotschka zum Anführer der Welpen. Schon bald gingen sie unter seinen kreischenden Befehlen auf Rattenjagd, zwar erfolglos, aber mit immer ausgefeilterer Strategie. Nachts jedoch war er schrecklich unbeholfen, und die Tage wurden allmählich kürzer.
    Die Erinnerung an die kalte Wohnung und an Onkels Geruch schien ihm wie ein böser, aber verlockender Traum. Wenn er an seine Mutter dachte, dann geschah dies träumerisch, aber ohne Schmerz oder Unbehagen. Ihre Worte, ihr Parfüm-und-Schweiß-Geruch waren feste, aber seltene Erinnerungen, so weit weg wie die Sterne. Er träumte von dieser farblosen, nur schwach duftenden Welt und erwachte, um in einer vom Geruch der Hunde erfüllten Dunkelheit und inmitten von Haaren, Tatzen und Zähnen zu leben.
     
    ~
     
    Romotschka versuchte, den Welpen eine Geschichte zu erzählen. Das ständige Anpirschen, Jagen, Balgen, Knurren, Übereinanderherfallen und Schlafen langweilten ihn. Er kuschelte sich ins Nest, bot ihnen seinen Bauch dar, und alle drängten sich an ihn. Dann stellte er fest, dass er dazu keine Lust mehr hatte. Er packte Weiße Schwester und zwang sie stillzusitzen. Sie blieb brav sitzen, wartete mit strahlenden Augen, dass seine Idee Gestalt annahm, und kläffte ihm aufmunternd zu. Als Nächstes schnappte er sich Schwarze Schwester und wollte auch sie zwingen stillzusitzen. Sie wehrte sich und knurrte, kräuselte die kleinen Lefzen und gab sich alle Mühe, gefährlich auszusehen. Doch er hielt sie fest. Und als sich die Gelegenheit bot, klemmte er Grauer Bruder so gut wie möglich zwischen die Knie und packte Brauner Bruder im Genick. Schwarze Schwester knaffte ihn jetzt ernsthaft, und er musste sie loslassen. Sie knurrte und schnappte nach seiner Hand, setzte sich dann aber neugierig hin. Er nahm eine zerlumpte Decke und versuchte, die Welpen hineinzuwickeln, doch nur Weiße Schwester ließ sich das gefallen. Während er noch einen Zipfel festhielt, biss Schwarze Schwester in den anderen und begann zu zerren. Grauer Bruder entwand sich dem Klammergriff seiner Knie und biss ebenfalls in die Decke.
    Voller Zorn schrie Romotschka auf. Er ließ Brauner Bruder los und schlug Schwarze Schwester und Grauer Bruder. Grauer Bruder jaulte, Schwarze Schwester knurrte. Beide warfen ihm einen finsteren Blick zu und schnapptensich wieder die Decke. Romotschka war so wütend, dass er zu weinen begann. Er kehrte ihnen den Rücken zu und klopfte auf seinen Schoß, und Weiße Schwester kroch hinauf und blickte ihn an. Er weinte noch eine Weile, doch dann riss er sich zusammen. Es lief zwar nicht wie geplant, aber

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