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Dog Boy

Dog Boy

Titel: Dog Boy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hornung
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zumindest Weiße Schwester bemühte sich aufzupassen.
    »Es waren einmal«, sagte er und spürte, wie die anderen Welpen beim Klang der Worte hinter ihm innehielten. Seine Laune besserte sich. »Es waren einmal ein paar Hunde. Ganz brave Hunde, die sich immer die Zähne putzten.« Er kicherte. Einen Augenblick fiel ihm nicht ein, was er als Nächstes sagen sollte.
    »Einer war am besten, einer am schlechtesten, einer war am mutigsten und einer am ängstlichsten.« Er war sehr zufrieden mit den Worten, die in die Dunkelheit fielen, zufrieden darüber, wie sehr die Worte alles veränderten. Doch plötzlich verloren die hinter ihm stehenden Welpen das Interesse. Weiße Schwester bemühte sich aufzupassen, aber Grauer Bruder lief davon und entdeckte unter einem Balken etwas Lebendiges. Brauner Bruder zerrte an Romotschkas Kleidung, und Schwarze Schwester, den Kopf hoch erhoben, machte sich mit der Decke aus dem Staub. Weiße Schwester hielt noch einen Augenblick still, sprang dann von seinem Schoß und flitzte davon.
    »Blöde Hunde!«, rief er, doch die Worte hatten ihren Zauber verloren.
     
    Draußen schneite es, und immer häufiger blieb der Schnee nun liegen und schmolz nicht mehr, sobald er den Boden berührte. In der Zeit, die Romotschka in der Höhle verbracht hatte, war er nie auf die Idee gekommen hinauszugehen, nicht einmal, um das Tageslicht zu sehen. Doch er mochte es nicht, in der Höhle zu urinieren, auch wenn die Welpen es ständig taten. Sogar er merkte, dass sein Urin mehr stank als ihrer. Eines Nachts kletterte er ins vereiste Erdgeschoss und urinierte in die Ecke, die am weitesten vom Höhleneingang entfernt war. Goldene Hündin beobachtete ihn bestürzt von ihrem Wachtposten aus, versuchte aber nicht, ihn daran zu hindern. Mamotschka und Schwarzer Rüde folgten ihm und stellten sich neben ihn. Oben in der Ruine war es eiskalt und stockdunkel. Der eisige Wind war ungewohnt, die Dunkelheit über dem unbewohnten Ödland und die Lichter der Stadt machten ihm Angst, und er rannte zum Eingang ihrer Höhle zurück, gefolgt von den Hunden. Das wurde sein Ritual. Oft roch Mamotschka nachdenklich an seinem Urin, bevor sie ihn dann knaffend zurück in den Keller trieb. Romotschka merkte, dass sein Urin ihnen Sorgen bereitete. Den Kot fraß Mamotschka. Anfangs fand er das seltsam, doch sie fraß auch den Kot der Welpen, und schon bald fiel es ihm gar nicht mehr auf.
    Er wusste, wenn die Hunde sich über etwas freuten. Das spürte und sah er an ihren Bewegungen. Wenn sich das Lächeln eines wedelnden Schwanzes auf den ganzen Körper ausbreitete, dann war das ein unmissverständlicher Ausdruck ihrer Freude. Mamotschkas zufriedenes Seufzen in ihrem Bett erfüllte ihn mit Entzücken. Er erkannte, wenn sie verärgert waren, denn dann bissen sie ihn. Er lernte, die Botschaften ihrer Zähne zu deuten: Wenn sie die Zähne gesenkt hielten, bedeutete es, dass sie freundlich waren und keine Bedrohung von ihnen ausging. Bald konnte er alle Abstufungen unterscheiden: von der Drohung mit gefletschten Zähnen über die Drohung mit geschlossenen Lefzen bis zu nicht oder nur spielerisch benutzten Zähnen.Er gewöhnte sich schnell an den ernsten und spielerischen Gebrauch der Zähne und lernte, die Körper um ihn herum mit Augen, Fingern, Nase und Zunge zu lesen.
    Alles folgte genauen Regeln. Er begann die Begrüßung nachzuahmen, mit der jede Abwesenheit wiedergutgemacht wurde. Wie die anderen drückte er seine Freude mit Gesten aus, den Kopf gesenkt, den Mund schmal; wenn die älteren Hunde in die Höhle kamen, jubelte er und leckte ihre Mundwinkel. Die Begrüßung war auch der Moment der Geständnisse. Freudige oder reuige Körperhaltung, reines Gewissen oder von Schuldgefühlen geplagt, in Erwartung einer Strafe. Bei der ersten Begegnung bekannten sich alle Hunde zur Wahrheit, krochen mit abgewandtem Gesicht dicht am Boden und rollten sich dann auf den Rücken, um ihre Strafe zu empfangen. Normalerweise genügte diese Demutsgeste. Wenn die Welpen ihre Grenzen überschritten, die Knochen von Goldene Hündin abgeknabbert oder das Bett zerfetzt und alles in der Gegend verstreut hatten, verrieten sie sich, sobald einer der großen Hunde hereinkam.
    Doch Romotschka brachte es nicht über sich, ihnen in dieser Sache nachzueifern. Er log, zeigte freudige Gesten, und das verwirrte und beunruhigte Schwarzer Rüde und Goldene Hündin. Sie bissen ihn immer seltener. Nur Mamotschka bestrafte ihn noch, und er musste sich vor ihr auf den

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