Dog Boy
Seine Augen waren es nicht mehr gewohnt zu sehen, sodass die in der Ferne brennenden Feuer zu flimmern schienen. Die Lichter der Stadt brannten wieNadelstiche. Der Schnee lag da wie eine orangefarbene Wolke, und die wirkliche Wolke darüber sah aus wie ein noch dunkleres orangefarbenes Schneefeld. Auch nachdem er schon wieder in die Höhle zurückgekehrt war, tanzten die Lichter noch direkt hinter seinen Augen.
Schwarzer Rüde war der einzige Hund, den er den ganzen Winter über zu sehen bekam: ein Tier mit funkelnden, feuchten und freundlichen Augen. Er stellte sich neben Schwarzer Rüde, wie ein Junge sich zu einem Hund stellt, und streichelte ihn, auch im Dunkeln, mit den Händen statt mit der Zunge.
Jeder neue Tag mit seinen Spielgefährten war ein Abenteuer. Jedes Mal, wenn die erwachsenen Hunde heimkehrten, war das ein Grund zur Freude – einfach weil sie zurückkamen und weil sie reichlich Nahrung mitbrachten. Jede Mahlzeit war eine liebevolle Rangelei um Nahrung, bis der Bauch rund und voll war. Jedes Mal, wenn sie schliefen, herrschte tiefer Friede. Gehorsam und bereitwillig tat er alles, was die großen Hunde von ihm verlangten. Ihre Zuneigung und ihr Interesse an seinem Urin, seinem Kot und seiner Körperpflege taten ihm gut. Er achtete darauf, beim Abnagen von Knochen und beim Fressen gute Manieren zu zeigen, doch er besaß auch genug Selbstachtung, um seine Nahrung leidenschaftlich zu verteidigen. Seinen Geschwistern gegenüber war er herrisch, einfallsreich, verspielt, aber auch fürsorglich. Stundenlang leckte und streichelte er ihre entspannt hingerekelten Körper. Sie gaben ihm flüchtige Küsse und erkundeten schnuppernd, ob auch er sich wohlfühlte. Wann immer ihnen etwas Angst machte, liefen sie zu ihm, um dann in seinem Schutz mit gesträubtem Fell mutig zu knurren.
Hätte es heiße Rindfleischsuppe gegeben, wäre alles vollkommen gewesen.
Eines Tages, während er verblüfft beobachtete, wie sich am grauen Eingangsloch ein großer heller Fleck im Dunkeln bewegte, erkannte Romotschka, dass Weiße Schwester sich zu einem jungen Hund entwickelt hatte.
Der tiefste Winter war vorbei, und die Tage drangen allmählich wieder bis in die Höhle, anfangs nur schwach, doch dann immer länger und kräftiger. Im zurückkehrenden Tageslicht wurden ihm ihre neuen Gesichter und Körper wieder vertraut, und zum ersten Mal bemerkte er, dass Goldene Hündin ihn seltener berührte als die anderen und dass er sie vom langen Aneinanderschmiegen im Winter am wenigsten kannte.
Goldene Hündin ließ bei ihm dieselbe Zurückhaltung und Nachsicht walten wie bei allen Welpen, doch während die anderen auch ihre Verachtung zu spüren bekamen, schenkte sie Romotschka ihre Aufmerksamkeit. Sie unternahm nichts, saß nur anmutig und gelassen auf ihren Hinterläufen, atmete die Gerüche am Eingang zur Höhle und beobachtete ihn. In ihrem Blick lag nichts Feindseliges, doch war er auch nicht einladend. Anfangs noch nachdenklich, wurde er mit der Zeit forscher. Wenn Romotschka ein Geräusch machte oder mit den Welpen spielte, stellte sie die Ohren auf, rührte sich aber nicht vom Fleck. Manchmal, wenn die Welpen in ihre Richtung purzelten, rempelte er Goldene Hündin aus Versehen an, doch sie machte keine Anstalten, ihn zu bestrafen. Er gewöhnte sich an ihre Blicke und das Funkeln ihrer Augen im Halbdunkel des Tages. Dieser Blick war seine wichtigste Verbindung zu ihr. Meist legte sie sich als Letzte ins Nest, ganz an den Rand, während er mit den vier jungen Hunden und Mamotschka in der Mitte schlief.
Romotschka gefiel es, wenn Goldene Hündin ihn beobachtete. Er wusste, dass sie ihn mochte. Doch er bemerkte ihre Verwirrung nicht und wollte genauso liebevoll von ihr geleckt werden, wie sie es jetzt gelegentlich bei den anderen tat. Kein Sauberlecken wie bei Mamotschka, sondern ein klarer wohlwollender Kuss und die gelegentliche Aufforderung, etwas zu lernen, wenn sie eine lebende Ratte oder einen Maulwurf in die Höhle brachte. Er stellte sich den Tag vor, an dem ihre Genugtuung über das Gelernte auch ihn einschließen würde. Doch jedes Mal, wenn er sein Geschick zeigen wollte, setzte sie sich hin und beobachtete ihn: neugierig, aber leidenschaftslos und ohne ihn zu ermutigen, genau wie ihr Blick vom Eingang der Höhle.
Gegen Ende des Winters, als die jungen Hunde schon ein gutes Stück gewachsen waren und bei ihren lebhaften Spielen immer wieder seine Kraft testeten, stellte sich zwischen den fünf Geschwistern
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