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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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wedelte kräftig mit den Händen, um die Insektenschwärme zu vertreiben, dann bückte sie sich und durchtrennte Conrads Hand- und Fußfesseln, ehe sie sich daranmachte, ihn aus seinem grausigen Sarg zu befreien.
    Er sah zu, wie sie die Nähte aufschnitt. Sie fing seinen Blick auf und schaute ihm unverwandt in die Augen, während ihre Hände rasch und geschickt weiterarbeiteten. Benommen und ausgetrocknet, wie er war, konnte Conrad noch nicht ganz glauben, dass sie tatsächlich bei ihm war, dass er noch lebte – selbst als sie ihm half, aus dem Kadaver zu kriechen und aufzustehen.
    Da stand er nun, gebeugt, schwer atmend, mit Blut und Eingeweiden besudelt, und starrte sie ebenso beeindruckt wie verwirrt an. «Was … was machst du hier?»
    Ihr Mund verzog sich zu einem schelmischen Grinsen. «Dir das Leben retten.»
    Er schüttelte fassungslos den Kopf. «Ja, aber …» Trotz seiner schmerzenden Lippen lächelte er. «Ich meine, wie bist du hierhergekommen?»
    «Ich bin euch gefolgt, dir und meinem Vater und meinem Bruder. Den ganzen Weg von Konstantinopel bis hierher bin ich euch gefolgt.»
    Conrad brauchte einen Moment, um zu begreifen. «Warum?»
    «Ich habe gehört, was sie miteinander geredet haben. Sie hatten den Verdacht, dass du hinter etwas Großem her warst. Und sie argwöhnten, du würdest nicht mit ihnen teilen. Deshalb haben sie beschlossen, dir alles abzunehmen. Ich wollte dich warnen, aber ich konnte nicht aus dem Haus. Du weißt ja, wie wenig Freiheit sie mir lassen.»
    «Aber sie sind doch … dein Vater? Und dein Bruder?»
    Sie zuckte die Schultern. «Sie sind böse Männer. Ich wusste, du würdest das, wonach du suchtest – was auch immer es war –, nicht kampflos aufgeben. Und ich wusste, was sie dir antun würden, um es dir abnehmen zu können.»
    «Und deswegen bist du ihnen heimlich gefolgt … Meinetwegen?»
    Sie sah ihm fest in die Augen und nickte. «Du würdest für mich doch das Gleiche tun, oder nicht?»
    Die schlichte Aufrichtigkeit ihrer Erwiderung drang plötzlich glasklar in sein Bewusstsein. Selbstverständlich, er hätte genauso gehandelt. Daran zweifelte er keine Sekunde lang. Zwischen ihnen bestand eine unausgesprochene Verbindung, eine gegenseitige Anziehung, die sich über Wochen und Monate verpasster Begegnungen entwickelt hatte. Das war ihm bewusst. Aber dass sie für ihn ihr Leben aufs Spiel setzen würde, in dieser Weise, hätte er sich niemals träumen lassen.
    Sie reichte ihm einen Lederschlauch. «Du brauchst Wasser. Trink.»
    Er entkorkte den Schlauch und trank lange und gierig.
    «Worum geht es überhaupt bei dieser ganzen Geschichte?», fragte sie. «Was hast du in diesem Kloster gesucht?»
    Er gab ihr das Wasser zurück, musterte sie einen Moment lang und führte sie in den Schatten unter einem Felsvorsprung. Dann erzählte er ihr alles.
    Von Anfang an. Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
    Über die Ursprünge des Ordens. Die Aufgabe, die die Hüter auf sich genommen hatten. Über den Erfolg des ganzen Unternehmens. Über das völlige Scheitern. Über Everard und seine Männer in Konstantinopel. Den Fall von Akkon. Die
Faucon du Temple
. Die verlorenen Jahre auf Zypern. Wie der König von Frankreich den Orden zerschlagen hatte. Über Freitag, den Dreizehnten. Seine Wiedergeburt in Konstantinopel. Wie er sie kennengelernt hatte. Dann die Schwerter. Das Kloster. Die Schriften. Den Hinterhalt.
    Das war das Mindeste, was sie verdient hatte.
    Sie hörte seiner ganzen Erzählung aufmerksam zu, unterbrach ihn nur ein paarmal mit einer Zwischenfrage. Und als er geendet hatte, saßen sie eine ganze Weile lang da und schwiegen – sie, um das Gehörte zu verarbeiten, er, um sich über seine Lage klarzuwerden. Wie sollte es jetzt weitergehen?
    Sie bemerkte, dass er sich den Armstumpf rieb, und wies mit einer Kopfbewegung darauf. «Hat er sie dir abgenommen?»
    Conrad nickte. «Ja.»
    Wieder schwieg sie einen Moment lang, bevor sie sagte: «Ich weiß, was du jetzt denkst.»
    Er atmete tief aus. «Ich muss versuchen, sie mir zurückzuholen.»
    «Sie sind zu viert und wir nur zu zweit.»
    Er hielt seinen Armstumpf hoch und grinste selbstironisch. «Zu anderthalb.» Dann runzelte er die Stirn. «Da ist noch etwas, was ich mir zurückholen muss. Dein Vater hat gesagt, sie würden es nach Konya bringen. Weißt du, wo das ist?»
    «Natürlich. Meine Familie kommt aus Konya, ich bin dort aufgewachsen.»
    «Wie weit ist es dorthin?»
    Sie überlegte kurz. «Vier

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