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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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ihr das. In viel mehr Hinsichten, als euch bewusst ist.» Nach kurzem Nachdenken fuhr er fort: «Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Erinnern Sie sich an das Erdbeben vor kurzem in Haiti, bei dem zigtausend Menschen umgekommen sind? Ist Ihnen aufgefallen, wie eure Machthaber darauf reagiert haben?»
    Tess verstand den Zusammenhang nicht. «Sie haben Geld zur Verfügung gestellt und Hilfsmannschaften und –»
    «Ja, natürlich haben Sie das», fiel Zahed ihr ins Wort. «Aber das hat der Rest der Welt auch getan. Nein, ich meine, wie eure Anführer wirklich dazu gestanden haben. Einer eurer führenden Kirchenmänner hat sich im Fernsehen dazu geäußert. Erinnern Sie sich? Er sagte, das Erdbeben sei geschehen, weil die Haitianer einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hätten. Einen Pakt mit dem Teufel», wiederholte er lachend, «damit er ihnen gegen die französische Kolonialherrschaft half, unter der sie vor langer Zeit standen. Und das Bemerkenswerte ist, man hat diesen Mann nicht verlacht. Im Gegenteil, er steht in eurem Land noch immer in höchstem Ansehen, obwohl er sich hingestellt und die gleichen lächerlichen Reden geschwungen hat, wie die Kirchenmänner sie seit Jahrhunderten zu jedem Erdbeben und jeder sonstigen Katastrophe gehalten haben. Aber was ich besonders bezeichnend finde: Er war nicht der Einzige. Euer eigener Präsident – euer liberaler, fortschrittlicher, intellektueller Präsident – hat ebenfalls eine Rede dazu gehalten, und er sagte, ohne die ‹schützende Hand Gottes› hätte ein solches Erdbeben auch Amerika treffen können. Denken Sie mal darüber nach. Die ‹schützende Hand Gottes› – was bedeutet das? Meint er, Gott beschützt in seiner Gnade die Amerikaner und vernichtet stattdessen die Haitianer? Unterscheidet sich diese Aussage so sehr von der Rede des Geistlichen? Glauben Sie wirklich, Ihr Präsident ist auch nur einen Deut weniger religiös, weniger abergläubisch als dieser Irre?»
    «Das ist nur so eine Redensart», entgegnete Tess. «Wenn Menschen etwas Furchtbares überleben, denken sie, Gott hat mich beschützt. Das meinen sie nicht wörtlich.»
    «Aber selbstverständlich tun sie das. In ihrem tiefen Inneren glauben sie es wirklich. Und euer Präsident glaubt es auch. Ihr alle glaubt, euer Gott ist der einzig wahre und beschützt euch, weil ihr das auserwählte Volk Christi seid. Ihr seid genauso rückständig wie wir», spöttelte er. «Darum ist diese ganze Geschichte hier so wichtig für mich. Und darum werde ich nicht aufgeben, ehe das, was wir angefangen haben, zu Ende gebracht ist.»
    Tess spürte einen pochenden Schmerz in den Schläfen. Dieser Mann würde niemals aufgeben. Und falls doch, würde er sie nicht lebend davonkommen lassen.
    Der Iraner starrte schweigend mit schmalen Raubtieraugen auf sie hinunter. «Das hier ist ein großartiger Anfang. Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Wir wissen jetzt, dass Conrad hierhergekommen ist. Und wie es scheint, hat er gegen muslimische Krieger gekämpft. Vielleicht ist er auch hier gestorben. Vielleicht. Was wir aber sicher wissen, ist, dass er und seine Gefährten, als sie das Kloster von Mons Argaeus verließen, drei große Truhen bei sich hatten. Drei große Truhen, in denen mehr gewesen sein muss als nur die zwei Bücher.»
    Mit einer fragenden Geste breitete er die Hände aus. «Also, wo ist der Rest geblieben?»

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Kapitel Einundvierzig
    Kappadokien – Mai 1310
    Sie holten sie am Nachmittag des folgenden Tages ein.
    Maysoon verstand sich gut darauf, sich im Gelände zu orientieren. Sie war in der Gegend aufgewachsen, was ihnen zu Hilfe kam. Weniger gut war, dass sie es mit sechs Männern zu tun hatten, von denen fünf bei besten Kräften, kampflustig und zu allem bereit waren. Diese Männer besaßen außerdem etwas, das Conrad unbedingt zurückerobern wollte, ohne dass es zu Schaden kam.
    Angesichts dieser Unterlegenheit hatten die beiden nur eine Chance: einen Hinterhalt. Mit dieser Strategie hatten auch die Türken Erfolg gehabt. Conrad und Maysoon musste Ähnliches gelingen, wenn sie eine günstige Gelegenheit abpassten.
    Allerdings musste es wirklich eine
sehr
günstige Gelegenheit sein.
    Sie folgten Qassem und seinen Leuten ein paar Stunden lang, um sie auszuspähen. Dann, kurz vor Sonnenuntergang, überholten sie sie in sicherem Abstand und ritten voraus, um das Gelände zu erkunden, das die Türken am nächsten Tag durchqueren würden. Sie mussten

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