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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Gedanken nach. Schließlich verschwand die Begeisterung aus Tess’ Gesichtsausdruck, und sie wirkte plötzlich beklommen. «Jetzt verstehe ich, warum unser iranischer Freund so darauf brennt, Hosius’ geheimen Schatz in die Hände zu bekommen. Wir müssen ihn finden, Sean. Wenn der Schatz noch irgendwo versteckt ist, müssen wir ihn als Erste finden. Wir dürfen nicht zulassen, dass irgendwelche Mistkerle in Teheran ihn einer Welt um die Ohren schlagen, die noch nicht bereit dafür ist.»
    «Glaubst du wirklich, dass diese Schriften noch immer eine Gefahr darstellen?», fragte Reilly skeptisch. «In der heutigen Welt? Die Menschen sind ziemlich zynisch geworden.»
    «Nicht in solchen Dingen. Nicht, wenn es um die Bibel geht. Es gibt zwei Milliarden Christen da draußen, Sean, und für viele von ihnen ist die Bibel das Wort Gottes.
Sein eigenes Wort.
Sie glauben, dass die siebenundzwanzig Texte, aus denen das Neue Testament besteht, uns von Gott selbst gegeben sind, um uns zu helfen, ein besseres Leben zu führen und ewige Erlösung zu erlangen. Ihnen ist nicht klar, dass die Wahrheit gänzlich anders aussieht und das, was wir die Bibel nennen, in Wirklichkeit Jahrhunderte nach der Kreuzigung Christi zusammengestellt wurde. Aber wir wissen es besser. Das frühe Christentum war in seinen Glaubenssätzen und seinen Schriften stark aufgesplittert. Es setzte sich aus verschiedenen Gemeinden zusammen, die ihre jeweils eigene Sichtweise vom wahren Wesen Christi hatten, von seinen Lehren und seinen Taten – Gemeinden, die ihren Glauben auf gänzlich unterschiedliche Vorstellungen gründeten. Und es dauerte nicht lange, bis sie darüber in Streit gerieten, wessen Version die richtige war. Irgendwann hat sich eine dieser Gruppierungen durchgesetzt, indem sie mehr Anhänger für sich gewinnen konnte als die anderen. Und die Sieger haben entschieden, an welche dieser frühen Schriften ihre Anhänger sich halten sollten, sie haben sie abgeändert, damit sie zu der Geschichte passten, auf die sie sich geeinigt hatten, und alle anderen haben sie als blasphemisch und häretisch verdammt und unterdrückt. Sie haben die Konkurrenten verschwinden lassen, mitsamt ihren Praktiken und Überzeugungen, und die Geschichte der ganzen Auseinandersetzung dann neu geschrieben. Worauf ich hinauswill: Sie haben entschieden, welche Schriften als echt und heilig gelten sollten und welche nicht. Und es ist ihnen hervorragend gelungen, das durchzusetzen. Von den Schriften, die ihnen nicht passten, ist kaum etwas erhalten geblieben. Wir wissen von ihrer Existenz nur dadurch, dass sie in frühen christlichen Schriften gelegentlich erwähnt werden, und die paar Kopien, die wir von solchen alternativen Versionen haben, sind seltene Zufallsfunde, wie die gnostischen Evangelien, die in den 1940er Jahren bei Nag Hammadi entdeckt wurden.»
    «Bis jetzt», warf Reilly ein.
    «Genau. Und stell dir mal für einen Moment vor, was geschehen wäre, wenn sich damals eine der anderen christlichen Gruppierungen durchgesetzt hätte. Dann sähe unsere Religion womöglich völlig anders aus, hätte vielleicht gar nicht so viel mit dem gemeinsam, was wir heute Christentum nennen.
Sofern
sie sich überhaupt so lange gehalten hätte. Immerhin ist es durchaus möglich, sogar wahrscheinlich, dass Konstantin sich dem Christentum nicht zugewandt hätte, wenn es nicht diese Form angenommen hätte, die übernatürliche Geschichte von Tod und Auferstehung und ewiger Erlösung, für jeden offen. Eine Form, in der Elemente aus sämtlichen im Reich vorhandenen Religionen zusammengewürfelt wurden, wodurch sich jeder darin wiederfinden konnte – Mithraismus, Sol Invictus, eine jungfräuliche Geburt, Wiederauferstehung am dritten Tag, der Tag der Sonne und der ‹Sonntag›, der fünfundzwanzigste Dezember, und das Ganze so organisiert, dass es wachsen und schließlich zur Staatsreligion des Römischen Reiches aufsteigen konnte … Hätte sich diese Religion anders entwickelt, wäre es dem Kaiser vielleicht gar nicht gelungen, seine heidnischen Untertanen dazu zu bekehren, und unsere Welt sähe heute sehr anders aus. Ohne das Christentum als Fundament hätte die westliche Zivilisation eine Entwicklung genommen, die wir beide uns nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Und das alles beruht auf den heiligen Schriften, wie sie die Gründer der Kirche als Ausgangspunkt für
alles
ausgewählt haben. Das ist doch schließlich der Kern jeder Religion, nicht wahr? Schriften.

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