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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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gefunden wurden und die vielleicht älteren Datums sein könnten als die in der Bibel – nach letzten Zählungen an die fünfzig. Fünfzig weitere Evangelien, die uns vorenthalten geblieben sind, und das sind nur diejenigen, von deren Existenz wir immerhin wissen. Trotzdem gehen wir immer noch selbstverständlich davon aus, das Buch, das uns überliefert ist, sei das einzig wahre. Genau dieses Buch bestimmt fast jeden Aspekt unseres Lebens. Es wird im Senat zitiert, wenn es zu entscheiden gilt, ob Krieg geführt wird oder nicht, ob eine Frau abtreiben darf oder nicht. Es ist das Buch, von dem die Leute glauben, dass es das Wort Gottes enthält. Im ganz wörtlichen Sinn. Ohne die leiseste Ahnung zu haben, woher es kommt und wie es in Wirklichkeit zusammengestellt wurde.»
    «Dieser Fund könnte jetzt alles ändern», bemerkte Reilly.
    Tess nickte. «Verstehst du? Wir reden hier nicht von kleinen Fragmenten wie den Schriftrollen vom Toten Meer, nicht einmal von ein paar zufällig entdeckten einzelnen Kodizes wie denen von Nag Hammadi. Wir reden hier von einer ganzen Bibliothek von Evangelien und frühchristlichen Schriften, Sean! Datierte, dokumentierte, vollständige Originale, nicht Übersetzungen von Übersetzungen von Übersetzungen – ein authentisches, unverfälschtes Gesamtbild all der unterschiedlichen Darstellungen vom Leben und den Lehren Jesu. Das könnte unser Verständnis von Mensch und Mythos radikal umkrempeln – was heißt ‹könnte›, ich bin überzeugt, es
würde
alles umkrempeln. Denn ich zweifle keine Sekunde daran, dass die Worte Jesu sehr anders gelautet haben, als man es uns seit Nicäa eingetrichtert hat. Ich meine, wie anders hätte Seine Botschaft der Besitzlosigkeit und Selbstlosigkeit – eine Botschaft, die die Armen und Unterdrückten aufrichten sollte – zu einer Religion der Reichen und Mächtigen in Rom führen können, ohne dass sie verfälscht und an die neuen Ziele angepasst wurde?»
    «Die Religion des Kaisers», warf Reilly ein, der wieder an Hosius’ Brief dachte.
    «Ganz genau. Überleg mal, was bei dem Konzil von Nicäa tatsächlich geschah. Ein Kaiser – kein Papst – hat die einflussreichsten Priester und Bischöfe aus dem gesamten Reich zu sich gerufen, hat sie zusammengebracht und beauftragt, ihre Zwistigkeiten beizulegen und sich auf eine gemeinsame Lehre zu einigen, die von da an die offizielle, anerkannte Version des Christentums wäre. Ein Kaiser, kein Papst. Ein Kriegerkönig, ein Führer, ein
Messias
im wörtlichen Sinne – ein Mann, der gerade erst seine Feinde niedergeschlagen und die Herrschaft über ein gespaltenes Land ergriffen hatte und der etwas unglaublich Mächtiges brauchte, um all die verschiedenen Teile seines Reiches zu vereinen. Wir haben jetzt die Chance, jene Schriften zu entdecken, die die Hürde nicht geschafft haben, die anderen Versionen von den Lehren und Taten Jesu – diejenigen, von denen Konstantin und die Gründer der Kirche beschlossen, dass wir sie nicht kennen sollten.»
    Tess sah Reilly mit funkelnden Augen an. «Wir müssen sie finden», sagte sie eindringlich. «Sie sind ein unglaublicher, entscheidender Schlüssel zu unserer Geschichte, aber sie könnten auch verheerende Folgen haben. Wir müssen sie finden und dafür sorgen, dass angemessen damit umgegangen wird. Diese Schriften würden denen, die mit der Wahrheit umgehen können, die Antworten auf viele Fragen liefern. Aber diejenigen, die es nicht können, würden sie in eine tiefe Krise stürzen, und von dieser Sorte gibt es viel mehr. Vor ein paar Jahren hat eine Zeile, eine einzige Zeile aus irgendeinem Fragment einer wahrscheinlich früheren Fassung des Markusevangeliums genügt, um einen Sturm von Kontroversen auszulösen. Darin wurde nämlich angedeutet, Jesus habe eine ganze Nacht damit zugebracht, einem anderen Mann die ‹Geheimnisse seines Königreichs› zu offenbaren, einem, der nur ein ‹Leinengewand› trug, mit allen Konnotationen, die das aufruft. Stell dir nur mal vor, was eine ganze Lastwagenladung abweichender Evangelien anrichten könnte.»
    Reilly sah Tess nachdenklich an, versuchte ihre Worte zu verarbeiten. Noch ehe sie geendet hatte, war ihm klar, dass er jetzt nicht abreisen konnte. Nicht, solange er nicht alles unternommen hatte, was in seiner Macht stand, um diese Truhen zu finden. Wenn sie in die falschen Hände gerieten, war ihr Inhalt eine potenzielle Waffe, eine Art Massenverzweiflungswaffe, wenn man bedachte, dass die Christen ein

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