Dogma
Handgelenk versagte ihr den Dienst.
«Nein», widersprach Conrad heftig. «Nicht mit deiner verletzten Hand. Du musst hierbleiben. Dieser Kampf ist meine Sache.»
«Ich will dir helfen», beharrte sie.
«Du hast schon mehr als genug getan, mehr, als ich jemals von dir hätte erbitten dürfen», sagte er mit vor Entschlossenheit glühendem Blick. «Das hier muss ich allein bestehen.»
Sein Ton ließ keinen Widerspruch zu.
Maysoon atmete tief durch, dann fügte sie sich widerstrebend.
Er hob die Armbrust auf, stellte sie in der Nische ab und ergriff Maysoons Dolch. «Hilf mir», bat er und hielt ihn an seinen linken Unterarm. «Binde ihn mir am Arm fest.»
«Conrad …»
«Tu es, bitte.»
Sie suchte ein paar Lederriemen und befestigte damit den Griff des Dolches an Conrads Armstumpf.
«Fester», sagte er.
Sie zog die Riemen so fest an, dass sie in das Fleisch einschnitten. Die Klinge bildete jetzt die Verlängerung von Conrads Arm.
Mit der rechten Hand griff er nach dem Säbel. Spürte, wie der Zorn seine Adern anschwellen ließ. Er sah Maysoon an, trat auf sie zu und küsste sie lange und leidenschaftlich.
Dann trat er ins Sonnenlicht hinaus.
«Wo ist meine Schwester, die Hure?», blaffte Qassem.
«Drinnen», antwortete Conrad und machte ein paar Schritte zur Seite, auf offeneres Gelände zu. «Aber zuerst bekommst du es mit mir zu tun.»
Qassems Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und er grinste. «Ich kann es nicht erwarten.»
Der Türke nickte seinen Männern zu. Die beiden Reiter zogen ihre Säbel, gaben ihren Pferden die Sporen und galoppierten los.
Conrad sah ihnen entgegen, wie sie Seite an Seite auf ihn zuritten. In Abwehrhaltung, geduckt, die Knie gebeugt, die Schultern gestrafft und die Säbelklinge senkrecht vor sich, erwartete er sie. Alte Instinkte erwachten mit einem Schlag wieder zum Leben; alles geschah wie in Zeitlupe, sodass er die herannahenden Gegner genau beobachten und seinen Angriff mit tödlicher Präzision planen konnte. Er entdeckte eine Schwachstelle in der Haltung des Reiters links von ihm, der Rechtshänder war, und entschied, ihn zuerst auszuschalten. Als die Reiter bis auf weniger als zehn Meter heran waren, griff Conrad an; er stürzte sich zielstrebig auf den Mann zu seiner Linken. Die überraschten Krieger rissen ihre Pferde heftig am Zügel herum, aber noch ehe der Reiter rechts von Conrad seinen Kurs korrigieren konnte, hatte Conrad den linken bereits erreicht. Auch dieser hatte Mühe, sein Pferd zu lenken, und konnte Conrads Säbelstreich daher nicht rechtzeitig abwehren. Die Klinge schlitzte ihm die Seite auf. Der Türke fuhr zurück und stürzte vom Pferd. Er war kaum auf dem Boden aufgeschlagen, da war Conrad schon über ihm und gab ihm mit einem Dolchstoß den Rest.
Der zweite Reiter wendete sein Pferd und galoppierte erneut auf den Ritter zu, erbost über dessen Gegenangriff. Conrad rührte sich nicht von der Stelle, sondern konzentrierte sich darauf, auch bei diesem blindwütend heranstürmenden Gegner eine Schwachstelle zu finden. Er spannte die Muskeln für den nächsten Angriff.
Sobald er eine Gelegenheit sah, ging er in Aktion. Er sprang zur Seite, sodass der Tote zwischen ihm und seinem Gegner lag, was diesen verwirrte. Der Reiter beging den gleichen Fehler wie sein Kamerad und ließ Conrad von der falschen Seite herankommen, dort, wo er ohne Deckung war. Conrad schwang seinen Säbel mit aller Macht und brachte dem Gegner einen klaffenden Schnitt am Oberschenkel bei, so tief, dass er das Bein beinahe durchtrennt hätte. Der Reiter zog instinktiv an den Zügeln und starrte entsetzt auf die freiliegenden Muskeln. Conrad ließ ihm keine Atempause, sondern griff gleich von der rechten Seite an und schlitzte ihm den Rücken auf. Dann stieß er den Mann aus dem Sattel und tötete ihn mit einem weiteren Säbelstreich.
In diesem Moment drang ein Bolzen tief in seine Schulter.
Er schlug lautlos von hinten ein, so heftig, dass Conrad ein paar Schritte vorwärtsstolperte. Als er sich schwerfällig umdrehte, sah er Qassem. Er war abgestiegen, stand neben seinem Pferd und starrte Conrad an, die Armbrust noch in der Hand. Dann ließ er die Waffe fallen, zog seinen Säbel und schritt mit finster verzerrtem Gesicht auf Conrad zu.
Conrad war sich seiner schlimmen Lage bewusst. Er war an der rechten Schulter getroffen, seinem guten Arm. Den er brauchte, um den Säbel zu führen. Der Pfeil hatte sich fest ins Schulterblatt gebohrt und bereitete Conrad bei
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