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Dogma

Dogma

Titel: Dogma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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versteckt gehalten und niemandem davon erzählt. Und dann, Jahre später, hat sie jemanden kennengelernt.»
    «Einen Tuchmacher.» Tess hing gebannt an den Lippen der alten Frau.
    «Ja. Er gehörte derselben Loge an. Sie hat sich ihm anvertraut, ihm ihr Geheimnis verraten. Nach einer Weile haben sie geheiratet und gemeinsam ein neues Leben angefangen, hier in Konya.» Ein bittersüßes Lächeln zog über ihr Gesicht. «Sie waren meine Vorfahren.»
    «Das Fresko, die Gedichtverse … das kam also erst später?»
    Die Frau nickte. «Ja, viel später. Sie sind noch einmal dorthin gegangen und haben es anbringen lassen. In der Kirche, wo Conrad begraben lag. Sie haben es ja gesehen.»
    «Woher wissen Sie das alles?», erkundigte sich Reilly.
    Die alte Frau erhob sich schwerfällig und ging zu einem alten Schreibpult. Nach einigem Suchen fand sie einen kleinen Schlüssel, mit dem sie eins der Schubfächer aufschloss. Sie nahm ein zusammengefaltetes Dokument heraus und brachte es Tess.
    Es bestand aus mehreren eng von Hand beschriebenen Seiten, alt und vergilbt. Tess konnte sie nicht lesen, denn es handelte sich um arabische Schriftzeichen, wie sie in der Türkei vor 1928 üblich waren.
    «Hier steht die ganze Geschichte aufgeschrieben», sagte die alte Frau. «Alles, was Conrad Maysoon erzählt hat. Es wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Seit fast siebenhundert Jahren.»
    «Und all die Jahrhunderte hindurch sind die Schriften verborgen geblieben», bemerkte Tess.
    «Maysoon hatte Conrad versprochen, sie sicher aufzubewahren und zu versuchen, sie der Welt zugänglich zu machen. Aber sie hatte nicht die Möglichkeit dazu, damals. Die Kluft zwischen Ost und West war unüberbrückbar. Hier ging die Seldschukenherrschaft gerade zu Ende, und die Osmanen mit ihren Horden von ‹Glaubenskriegern› übernahmen das Land. Sie waren angetreten ein islamisches Reich aufzubauen. Das Letzte, was Maysoon wollte, war, dass diese Schriften als Waffe gegen eine feindliche Religion benutzt wurden.»
    Tess warf einen Blick zu Reilly. Auch ihm war der Unterton in den Worten der Frau nicht entgangen, und er nickte Tess unauffällig zu. Sie spürte ein Kribbeln im Bauch.
    Die alte Frau verfolgte die wortlose Verständigung zwischen den beiden und lächelte wehmütig. Dann presste sie die Lippen zusammen, und ihr Gesicht nahm einen verzweifelten Ausdruck an. «Im Westen wusste sie auch niemanden, an den sie sich hätte wenden können. Die Templer gab es ja nicht mehr. Und die Kirche war damals ungemein mächtig. Niemand, nicht einmal ein König hätte es gewagt, sich für etwas einzusetzen, das ihre Vorherrschaft in Gefahr brachte.»
    «Sie haben die Schriften also versteckt gehalten – hier?»
    «Ja», erwiderte die Frau. «Sicher verwahrt, bis die Zeit gekommen wäre.»
    Tess’ Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt. Sie musste die Frage noch einmal stellen. «Ich meine –
hier

    Die alte Frau nickte.
    Tess schluckte einen unsichtbaren Golfball hinunter. «Können wir sie sehen?»
    Die alte Frau schwieg zunächst, dann erhob sie sich von der Couch und ging wieder zu dem Schreibpult, um einen Schlüsselbund zu holen. Sie drehte sich zu Tess und Reilly um. «Kommen Sie mit.»
    Sie führte die beiden aus dem Wohnzimmer durch einen engen, dunklen Flur, von dem die Küche abging und an dessen Ende anscheinend ein Schlafzimmer lag. Die Decke war hier niedriger als im Wohnzimmer, und an einer Seite befanden sich Türen von Wandschränken. An einer Messingstange an der gegenüberliegenden Wand hing ein Kelim. Die alte Frau öffnete eine Schranktür und nahm eine Taschenlampe heraus, dann ging sie zu dem Kelim und zog ihn beiseite. Dahinter befand sich eine Öffnung in der Wand, hinter der, im Dunkeln kaum erkennbar, eine schmale, gewundene Treppe abwärtsführte, kaum breiter als die Schultern eines Mannes.
    Die alte Frau schlüpfte in die Nische und stieg vorsichtig, Stufe für Stufe, die steile Treppe hinunter, wobei sie sich an der gekrümmten Wand abstützte. Der Strahl der Taschenlampe glitt über die unebene Fläche. Tess und Reilly folgten ihr. Nach zwei Windungen endete die Treppe an einem Tunnel, der ebenso eng und grob aus dem Fels gehauen war. All das erinnerte stark an die unterirdische Stadt, in der sie gefangen gewesen waren, und Tess fragte sich, ob dieser Tunnel aus derselben Zeit stammte.
    Die Frau führte sie an mehreren Türen aus altem Holz vorbei. Nach etwa dreißig Metern endete der Tunnel vor einer

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