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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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die an die linke Stollenwand gelehnt am Boden saßen,
     eines hinter dem anderen.
    Häuslschmied, die auf
     die Steine wartete, mahnte zur Eile, trotzdem ließ Kotek den
     Lichtstrahl noch einmal über die Gerippe wandern. Drei davon steckten
     in Anzügen von vormals guter Qualität, andernfalls wären
     sie in dem feuchtkalten Stollenklima längst vollständig
     zerfallen. Die Gebeine der anderen drei waren jedoch nicht in Overalls gehüllt,
     wie Koteks erster Eindruck bei flüchtigem Hinschauen gewesen war,
     sondern trugen Uniformen, genauer gesagt: zwei US-Uniformen und eine der
     Wehrmacht.
    Die Anzugträger wiesen tödliche
     Schusswunden auf der Stirn auf, und auch den Träger der
     Captains-Uniform zierte ein glattes Loch im Schläfenbein, nur an den
     Schädeln des GIs und des Wehrmachtssoldaten waren keine Einschusslöcher
     zu sehen.
    Schließlich riss Kotek
     sich von dem makabren Anblick los und beeilte sich, die gewichtigen Quader
     aus Gneisschiefer durch das Loch zu befördern. Als sie den letzten
     vom Stollenboden hochhob, spürte sie einen kühlen Luftzug.
    Sie erstarrte mitten in der
     Bewegung. Die Schritte waren nicht laut gewesen, aber ganz nah. Sie hob
     den Blick und wurde von einem Lichtstrahl geblendet.

 
    44
     
    »DU HAST RECHT, es erübrigt
     sich, den Stein wieder einzusetzen«, sagte Wegener und ließ
     den Schein seiner Stablampe kurz auf seine linke Hand fallen. Kotek sah
     ihre eigene Glock auf sich gerichtet.
    »Jedenfalls für
     euch«, schränkte er dann ein. »Leg ihn wieder hin und
     setz dich auf den Boden.«
    Kotek tat, was er verlangte.
    Rasch trat er hinter sie.
     »Hände zurück.«
    Wieder gehorchte sie, und
     schon klickten die Handschellen.
    Wenigstens hat er nicht vor,
     mich gleich zu erschießen, dachte sie erleichtert, sonst hätte
     er sich die Mühe sicherlich erspart. Trotzdem hing ihr Leben an einem
     äußerst dünnen Faden. Aus Sicht des flüchtigen Mörders
     stellte sie nur unnützen Ballast dar – ebenso wie Hohenauer.
     Einzig und allein Häuslschmied konnte damit rechnen, nicht sofort
     umgebracht zu werden.
    Ohne Gegenwehr ließ sie
     es über sich ergehen, dass Wegener sie eingehender als nötig
     nach Waffen und Schlüsseln abtastete und dabei auch nicht davor zurückschreckte,
     in ihre Unterwäsche zu langen. Wenigstens tat er es schnell und ohne
     Ambition, um dann gleich an das Loch in der Mauer zu treten und den toten
     Stollen auszuleuchten.
    »Ist sie das, Amanda?
     Ist das die geheime Kammer, von der im Brief deines Alten die Rede war?«
    Er erhielt keine Antwort, was
     Wegener aber nicht zu stören schien. Er war in bester Stimmung,
     geradezu euphorisch – wie ein Schachspieler, der weiß, dass er
     dem Gegner um den ultimativen Zug voraus ist.
    »Und was haben wir denn
     da? Die Überreste von sechs der sieben Zwerge, die einst das Gold
     geliefert haben? Und der in der Wehrmachtsuniform war der Busenfreund
     deines Nazi-Gatten, nicht wahr? Hans Häuslschmied ist Siegfried Röck
     in jener Nacht zuvorgekommen, weil er Angst hatte, ihm könnte es
     sonst ebenso wie den beiden Amis ergehen. Danach war er der Herr des
     Schatzes, der alleinige Herr! Hab ich recht?«
    Wieder blieb Amanda Häuslschmied
     die Antwort schuldig. Ruhig trat Wegener zur Seite. »Kommt raus!
     Wenn nicht, schieße ich Frau Kotek in den Oberschenkel.«
    So weit wollten es die Frauen
     im Stollen nicht kommen lassen. Zuerst kroch Hohenauer heraus. Sie war
     derartig hinfällig, dass sie es ohne die rüde Unterstützung
     ihres ehemaligen Liebhabers nicht geschafft hätte.
    »Warum tust du das,
     Werner?«, murmelte sie kaum verständlich. »Dabei wäre
     ich sogar mit dir gegangen.« Die Anstrengung, die Schmerzen und die
     schwere Verletzung ließen ihre Beine nachgeben. Wieder sackte sie
     zusammen und verlor das Bewusstsein. Immerhin blieb ihr so wenigstens
     Wegeners Antwort erspart.
    »Das wärst du
     sicher nicht, Mädchen«, sagte er, wobei er der Ohnmächtigen
     zunächst den Handschellenschlüssel aus der Hosentasche zog, sie
     dann ein paar Meter vom Loch wegschleppte und auf derselben Gangseite mit
     Kopf und Schultern an die Stollenwand lehnte. Anschließend wandte er
     seine Aufmerksamkeit wieder Häuslschmied zu.
    »Falls du noch
     Interesse an deiner Großnichte hast, Amanda, solltest du mir das
     Gold möglichst rasch übergeben«, sagte er, während er
     ihr aus dem Loch heraushalf und ebenfalls Handschellen anlegte. »Ohne
     medizinische Hilfe

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