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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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wird sie das nicht mehr lang durchstehen.«
    Allein schon für den
     pseudo-teilnahmsvollen Tonfall hätte ihm Kotek am liebsten die Zähne
     eingeschlagen.
    »Sollte nur deine
     Habgier das Problem sein, kann ich dich beruhigen«, setzte Wegener
     fort. »Mehr als fünf Barren können wir ohnehin nicht
     tragen, auch wenn wir alle mit anpacken. Also, sag: Wo ist das Gold? Es
     ist doch hier, nicht wahr? Wir schaffen es nach Kolm-Saigurn zu meinem
     Fluchtwagen, und schon seid ihr mich los.«
    Jetzt endlich begriff Kotek.
     »Du bist also gestern mit dem Range gar nicht nach Gastein gefahren,
     sondern ins benachbarte Rauriser Tal bis Kolm-Saigurn. Dort hast du dir
     Zugang zum Imhof-Stollen verschafft und bist einfach durch das
     Kolmkar-Massiv ins Naßfeld herübergegangen. Warum bin ich da
     nicht früher draufgekommen? Deshalb hab ich auf der alten Naßfelder
     Straße auch vergeblich nach Spuren Ausschau gehalten.« Dass
     auch Redl und Feuersang sich die Nacht in Böckstein vergeblich um die
     Ohren geschlagen hatten, behielt sie lieber für sich.
    Wegener weidete sich an ihrer
     Niedergeschlagenheit. »Tja, Melanie, das hätte dir eben früher
     einfallen sollen. Aber jetzt ist Amanda an der Reihe: Wo ist das Gold? Es
     muss ja hier in diesem Gang irgendwo sein!«
    »Ich habe es schon Frau
     Kotek gesagt: Ich bin alt, aber nicht debil«, antwortete Häuslschmied
     ohne ein Zittern in der Stimme. »Glaubst du, ich weiß nicht,
     warum du Tina vorhin angeschossen hast? Mit ihr als Klotz am Bein konnten
     wir dir nicht mehr davonlaufen und sollten gezwungen sein, uns in einem
     Versteck zu verkriechen. Und welches läge da näher als das des
     Goldes?«
    »Nicht schlecht, altes
     Fossil.« Der Mörder Wegener applaudierte zynisch, aber das alte
     Fossil war noch lang nicht fertig.
    »Von Anfang an hast du
     Tina wie eine Schachfigur eingesetzt – bis zu diesem Augenblick. Das
     zeigt nur, wie viel sie dir wert ist: nämlich nichts! Sie hat ihre
     Schuldigkeit als Informantin und Lockvogel getan und kann jetzt gehen oder
     auch sterben – wie auch immer. Dabei hat sie nur den Fehler
     begangen, den Millionen junger Frauen tagtäglich begehen: Sie hat
     sich in den Falschen verliebt. Und aus Liebeskummer ist sie dann gleich in
     die nächste, ungleich fatalere Beziehung geflüchtet. Wenn ich
     dir jetzt sage, wo das Gold ist, hat aber nicht nur Tina ihre Funktion erfüllt.
     Du erschießt uns alle drei, versteckst unsre Leichen hier oder
     anderswo, nimmst ein, zwei Barren mit, um die Gier der Hehler zu wecken,
     und wenn nach ein paar Monaten ein wenig Gras über die Sache
     gewachsen ist und die Aufmerksamkeit nachgelassen hat, kehrst du kaltschnäuzig
     zurück und holst dir den Rest.«
    »Und dann?«
    »Dann hast du sechs
     Menschen ermordet, genauso viele, wie 1945 in einer Maiennacht wegen
     dieses verfluchten Goldes sterben mussten. Und sechs – das wird dir
     ja bekannt sein – ist die Zahl des Teufels.«
    »Soll ich deine Predigt
     so verstehen, dass du mir das Versteck nicht verraten willst?«
    »Lass Frau Kotek mit
     Tina in den Imhof-Stollen hinuntersteigen und ins Naßfeld zurückgehen«,
     schlug Häuslschmied vor. »Nach einer Viertelstunde werde ich
     dir dann das tatsächliche Versteck nennen. Es ist nicht hier, aber
     ganz in der Nähe.«
    »Ein schlechtes Gambit«,
     sagte Wegener. »Schlecht für mich. Jacobi sollte schon auf dem
     Weg hierher sein, und seine Jagdhunde sind vermutlich längst irgendwo
     da draußen am Almboden. Er hat übrigens vor wenigen Minuten ein
     SMS an Melanie gesendet. Darin heißt es, er würde ihren Mörder
     bis ans Ende der Welt hetzen und zur Strecke bringen. Allerdings nennt er
     keinen Namen.«
    »Ah, und deshalb lebe
     ich noch?«, meldete sich Kotek prompt. »Weil er keinen Namen
     genannt hat? Ich habe mich schon gewundert.«
    »Das kann sich rasch
     ändern, Melanie«, sagte Wegener kalt. »Wie lange ich dich
     im Talon behalte, das hängt von Amanda ab. Glaubt ihr ernsthaft, ich
     lasse mich von euch hinhalten, nachdem ich schon den Fredl abgestochen
     habe, dann die Bachblüten-Lotte und schließlich auch noch den
     Regenmandl?«
    Kotek lief es eiskalt den Rücken
     hinunter. In ihrer Todesangst war sie nahe dran hinauszuschreien, dass
     Jacobis Leute ihre geschriebene Nachricht, die seinen Namen enthielt, ganz
     sicher im Specksteinofen finden würden.
    »Wie hast du Lotte
     Heinrich nur dazu gebracht, dir zu nachtschlafender Zeit zu öffnen,
     obwohl

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