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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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angesichts eines so brutalen Täters nervös sind. Aber
     das kann nicht entschuldigen, wie sich Chefinspektor Feuersang dem Leiter
     der Linzer Sparkasse Jean Pierre Regenmandl gegenüber verhalten hat.
     Sie wissen, was ich meine. Regenmandl ist einer der angesehensten Bürger
     der Gemeinde und hat eine so rüde, brachiale Behandlung wirklich
     nicht verdient. Wir erwarten von Ihnen Konsequenzen für Chefinspektor
     Feuersang.«
    »Und die zweite
     Beschwerde?«, fragte Jacobi knapp.
    »Die betrifft
     Oberleutnant Kotek«, erklärte Zederhauser, ein wenig irritiert
     durch Jacobis dürftige Reaktion. »Ihre Mitarbeiterin ist vor
     einigen Minuten unangemeldet in das Haus meines Freundes«, er
     deutete nach hinten, »des Notars Dr. Czerwenka in der Absicht
     geplatzt, dessen neunzigjährigen Vater zu sprechen.«
    »Und? Was ist daran so
     schrecklich?«
    »Was daran so
     schrecklich sein soll? Von der Gattin meines Freundes gefragt, worum es
     denn ginge, hielt sich Frau Kotek erst einmal bedeckt und verschwieg den
     wahren Grund ihres Besuchs. Stattdessen entlockte sie der arglosen Evelyn
     Czerwenka, dass ihr Schwiegervater es vor Jahrzehnten auf der Hütte
     seines Jagdfreundes Häuslschmied oft so richtig hat krachen lassen.«
    »Aber das entspricht
     den Tatsachen«, unterbrach Jacobi neuerlich.
    »… so richtig
     hat krachen lassen«, wiederholte Zederhauser unbeirrt. »Und
     zwar mit minderjährigen Jungen und Mädchen, wie Frau Kotek
     dreist behauptete. Dann fragte sie im selben Atemzug noch unverfroren nach
     Alexanders Alibi für die vergangene Nacht. Evelyn fiel aus allen
     Wolken. Derartige ehrenrührige und noch dazu völlig unbewiesene
     Anwürfe, Herr Oberst, sind ungeheuerlich und können die
     Reputation selbst der seriösesten Familie arg beschädigen oder
     gar zerstören. Außerdem –«
    »Außerdem«,
     stoppte Jacobi noch einmal seinen Redefluss, »wären solche
     Vergehen ohnehin längst verjährt, wollten Sie sagen und haben
     damit natürlich recht. Uns geht es auch gar nicht um die
     Strafverfolgung eines Neunzigjährigen, obwohl wir einen Augenzeugen
     haben. Aber die Vorkommnisse auf dem Alpl könnten in unmittelbarem
     Zusammenhang mit den beiden Morden stehen, und deshalb werden sich die
     Czerwenkas schon die eine oder andere Frage gefallen lassen müssen.«
    Dr. Czerwenka war inzwischen
     ebenfalls näher gekommen und hatte Jacobis letzte Worte gehört.
     »Ich bin Dr. Alexander Czerwenka, Herr Oberst«, sagte er
     reserviert, »und ich möchte Ihnen gleich sagen, dass wir Ihnen
     bei Ihren Ermittlungen nur sehr bedingt weiterhelfen können. Von den
     unterstellten Vorfällen habe ich heute zum ersten Mal gehört
     – ebenso wie meine Frau. Mein Vater hat etwas Derartiges nie auch
     nur andeutungsweise erwähnt –«
    »Das überrascht
     mich jetzt aber«, konnte Jacobi sich nicht enthalten einzuwerfen.
    »Heute ist er ohnehin völlig
     dement«, fuhr Czerwenka ungerührt fort. »Wollen Sie
     trotzdem Ihr Glück versuchen, dann müssen Sie das im
     Seniorenheim tun – natürlich im Beisein unsres Anwalts.«
    »Wir werden die Möglichkeit
     in Erwägung ziehen«, sagte Jacobi, hakte sie jedoch im Stillen
     bereits als Zeitverschwendung ab. Doch für den Notar war das Gespräch
     immer noch nicht beendet.
    »Ich denke, die
     testamentarischen Verfügungen von Charlotte Heinrich sollten Sie
     eigentlich mehr interessieren als irgendwelche verstaubten Gerüchte«,
     lenkte er angelegentlich ein. »Nach Vorlage einer richterlichen
     Anordnung stünde der Sichtung dieser Dokumente nichts im Weg.«
    Der Oberst war von der plötzlichen
     Bereitwilligkeit nicht wirklich überrascht. Das Anbieten einer Gefälligkeit
     für ein Entgegenkommen auf anderer Ebene war eine durchaus gängige
     Praxis in Österreich.
    »Die Sichtung der
     Dokumente würde uns in der Tat weiterhelfen«, räumte er
     ein. »Meine Kollegin Oberleutnant Kotek wird die richterliche
     Anordnung demnächst beibringen. Was aber die Beschwerde über den
     Kollegen Feuersang betrifft, Herr Bürgermeister«, wandte sich
     Jacobi nun wieder an Zederhauser, »so scheinen Sie, mit Verlaub,
     nicht auf dem letzten Stand der Dinge zu sein. Herr Regenmandl rangiert
     nach Indizienlage als möglicher Mörder Schleißheimers auf
     der Liste der Verdächtigen ganz oben. Dessen ungeachtet hat er sich
     meinen Beamten gegenüber alles andere als kooperativ gezeigt, ist
     rotzfrech aufgetreten und hat heut Nacht, nachdem auch Lotte

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