Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
Bilder und Gobelins befanden sich mehrheitlich im
     Originalzustand oder waren fachmännisch restauriert.
    An die Knappenstube schloss
     ganz hinten noch ein kleines Extra-Stüberl an, in das Schorsch
     Grahammer den Schulfreund führte. Ein halber Liter Rotwein und zwei
     Gläser standen bereits auf einem der beiden Tische.
    »Ein slowenischer
     Merlot, etwas ganz Exquisites.« Grahammer kannte die Vorlieben
     Jacobis. »Also, Oskar, wo drückt der Schuh?«, fragte er
     geradeheraus, nachdem sie Platz genommen hatten.
    Auch sein Gegenüber
     hatte nicht vor, lange um den heißen Brei herumzureden. »Hier
     auf dem Land sprechen sich ungewöhnliche Ereignisse rasch herum,
     deshalb verrate ich dir sicher weder Dienstgeheimnisse noch etwas Neues,
     wenn ich dir sage, dass seit Samstag zwei Menschen in eurem Tal ermordet
     worden sind.«    
    »Zwei?«
     Grahammers Augen wurden so rund wie sein Gesicht. »Bisher weiß
     ich eigentlich nur vom Mord an Fredl Schleißheimer, und der reicht
     mir eigentlich schon.«
    »Heute Nacht ist auch
     noch Lotte Heinrich, die Heilpraktikerin, in ihrem Häuschen in Luggau
     erstochen worden, vermutlich vom selben Täter«, klärte ihn
     Jacobi auf. »Ein dritter Anschlag, der der Witwe Häuslschmied
     galt, ist glücklicherweise fehlgeschlagen. Einzelheiten erspare ich
     dir. Mich interessiert jetzt nur ein bestimmter Aspekt an allen drei
     Kapitalverbrechen, die offensichtlich zusammenhängen.«
    Er berichtete, was Amanda Häuslschmied
     auf den Anrufbeantworter ihrer Intimfeindin Lotte Heinrich gesprochen
     hatte und dass Letztere nichts mehr auf die Vorwürfe hatte entgegnen
     können, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine Leiche gewesen war.   
    »Wahrscheinlich fragst
     du dich jetzt, was die Erwähnung eines Schatzes mit dir zu tun haben
     soll, Schorsch«, schloss er seine Ausführungen. »Ich werd’s
     dir sagen: Schon als mir meine Leute das Band in aller Herrgottsfrühe
     vorgespielt haben, sind mir ad hoc ganz spezielle Nachkriegsgerüchte
     eingefallen, die sich zugegebenermaßen nicht nur auf die Hohen
     Tauern beziehen. Ich weiß, meine Vermutung ist ziemlich schräg,
     aber ich kann mich des Eindrucks einfach nicht erwehren, dass da was dran
     sein könnte.«
    »Du hast ja schon am
     Telefon so eine Andeutung gemacht«, warf Grahammer ein. »Gastein
     und Gold – das wäre ein zu komplexes Thema, als dass wir es
     zwischen Tür und Angel erschöpfend behandeln könnten
     –«
    »Und deshalb hast du
     das ›Weitmoser-Schlössl‹ als Treffpunkt ausgesucht,
     nehme ich an?«, unterbrach ihn Jacobi seinerseits. »Aber wie
     gesagt: Als die Häuslschmied einen Schatz erwähnte, habe ich
     eigentlich weniger an das Edelmetall gedacht, das die Gasteiner Gewerken
     aus den Tauern geholt haben, sondern eher an die Gerüchte, die heute
     noch um verschwundenes Nazigold kursieren.«
    »Je geringer der
     Wahrheitsgehalt dieser Gerüchte ist, umso hartnäckiger halten
     sie sich«, bestätigte der Lehrer lächelnd. »Einige
     davon nehmen sogar Anleihen bei den Sagen über das Tauerngold, was
     ihren Wahrheitsgehalt noch zweifelhafter werden lässt. Eine
     ernsthafte Überprüfung würden jedenfalls nur ganz wenige
     verdienen.«
    »Aber gerade diese
     wenigen interessieren mich«, warf Jacobi erwartungsvoll ein. Sein
     Einschub war so plötzlich gekommen, dass sein ehemaliger Schulfreund
     einige Sekunden brauchte, um seine Gedanken zu ordnen und in Worte zu
     kleiden.
    »Nun ja, man könnte
     sie vielleicht in drei Kategorien unterteilen«, begann er dann zögernd.
     »Erstens: in Gerüchte über NS-Gold, das von Nazigrößen
     oder deren Paladinen am Ende des Zweiten Weltkriegs in den Tauern
     versteckt worden sein soll. Zweitens: in das landläufige Gemunkel,
     jene Laufburschen an der Quelle hätten für sich selbst Preziosen
     zur Seite geschafft. Und drittens: in Erzählungen über
     Gold-Nottransporte aus den Balkan-Satellitenstaaten. Eben dieses Gold
     sollte vor den Russen in Sicherheit gebracht, also den US-Amerikanern
     übergeben werden, ist aber bei denen nicht immer angekommen.«
    »Hans Häuslschmied,
     der verstorbene Gatte von Amanda, war bei der SS. War er –«
    »Er war Scharführer,
     kein Stabsoffizier«, sagte Grahammer, der eine derartige Frage schon
     erwartet hatte. »Was aber nicht heißt, dass eine einschlägige
     Information ihm nicht zu Ohren hätte kommen können. Bei
     Kriegsende war er nicht im Anhalte- und Entnazifizierungslager
    

Weitere Kostenlose Bücher