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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Salzburg-Glasenbach interniert, sondern bereits als U-Boot hierher zurückgekehrt
     und versteckte sich wie andere SSler auch auf Almhütten. Natürlich
     wusste er, dass Reichsfeldmarschall Hermann Göring und andere
     Obernazis nur wenige Monate zuvor zwei Mal in Bad Gastein zu Gast gewesen
     waren, was nach dem Krieg sofort dementsprechende Gerüchte gedeihen
     ließ.«
    »Und woher weißt
     du, dass Göring damals in Gastein war?«, fragte Jacobi
     skeptisch.
    »Meine Schwiegermutter,
     eine Südtirolerin, hat in den letzten Kriegsjahren als Servierfräulein
     im ›Hotel Bellevue‹ gearbeitet, in dem Göring
     wiederholt abgestiegen war. Als sie ihn einmal mit ›Grüß
     Gott, Herr Reichsfeldmarschall!‹ grüßte, schnauzte er
     sie an, ob sie denn nicht wisse, wie man im Großdeutschen Reich
     korrekt zu grüßen habe. Sie antwortete, sie wisse es sehr wohl,
     aber als Tirolerin sei sie es eben gewohnt, mit ›Grüß
     Gott!‹ zu grüßen. Überraschenderweise ließ
     ihr Göring das durchgehen.«
    »Eine nette Anekdote«,
     meinte Jacobi. »Leider hilft sie mir nicht weiter bei der Überlegung,
     ob der Reichsfeldmarschall sozusagen als Käpt’n Flint für
     uns in Frage kommt.«
    Grahammer legte die
     Fingerspitzen zum Zeichen seiner eigenen Ratlosigkeit vor den geschürzten
     Lippen aneinander.
    »Göring war neben
     seinen vielen anderen Funktionen auch Reichsjägermeister und hielt
     sich gern im Lungau auf. Es war sein bevorzugtes Jagdrevier«, begann
     er dann wieder. »Dass er die Aufenthalte auch gelegentlich zur Kur
     im nahen Gastein nutzte, kann bei seinen nicht unbeträchtlichen
     gesundheitlichen Problemen kaum überraschen. Trotzdem: Hätte er
     vorgehabt, einen Notgroschen zu verstecken, wären meiner Meinung nach
     weder das Salzkammergut noch die Hohen Tauern für ihn erste Wahl
     gewesen, sondern der Lungau, den er wie seine Westentasche kannte.«
    »Das ist deine persönliche
     Meinung, Schorsch«, hielt Jacobi fest.
    Grahammer nickte. »Und
     ich bleibe auch dabei, obwohl noch vor zwei Jahrzehnten Bekannte meines
     Vaters Stein und Bein darauf geschworen haben, dass Stabsoffiziere von Göring
     im November vierundvierzig, unmittelbar vor dem ersten ergiebigen
     Schneefall, mit einem Lastwagen ins Naßfeld gefahren sein sollen.«
    Jacobi schüttelte
     zweifelnd den Kopf. »Ich glaube nicht an ein Depot der ersten
     Nazi-Garnitur. Gerade der Hinweis auf das Naßfeld, das ehemalige
     Zentrum des Gasteiner Bergbaus, riecht mir viel zu sehr nach dem Mythos
     Tauerngold und der Lust am Fabulieren.«
    »Aber solche Depots hat
     es durchaus gegeben, zum Beispiel in den Salzbergwerken von Hallein und
     Hallstatt«, wandte Grahammer halbherzig ein. Doch der Terrier Jacobi
     hatte bereits Witterung aufgenommen und war, wie meistens in solchen Fällen,
     nur schwer von der Fährte abzubringen, der er nachging.
    »Wenn überhaupt,
     dann halte ich deine dritte Variante für überlegenswert. Die mit
     den Goldreserven der Nazi-Marionetten aus dem pannonischen und illyrischen
     Raum, die in West-Sektoren geschafft werden sollten. Wenn ich mich richtig
     erinnere, gab es da mehrere dubiose Fälle.«
    »Mehrere? Ich weiß
     definitiv nur von einem solchen Fall, der Anlass zu Spekulationen gab und
     daher denkbar wäre.«
    »Nämlich welcher?«
    »Am sechzehnten Mai fünfundvierzig,
     also eine Woche nach der deutschen Kapitulation, verließ ein
     Goldtransport der ungarischen Nationalbank, getarnt als stinknormaler
     Lastenzug, die Stadt Györ mit Zielbahnhof Rosenheim im deutschen
     US-Sektor. Russische Einheiten, die damals noch in der Steiermark standen,
     ließen die mit Spanplatten beladenen Waggons anstandslos durch, und
     der Zug erreichte ohne Zwischenfälle den Bahnhof Bischofshofen. Wie
     sich später herausstellte, wurde dort ein Waggon abgehängt.
     Wohin er verschwand, ist nie aufgeklärt worden.«
    »Ein ganzer Waggon soll
     spurlos verschwunden sein? Das klingt aber schon sehr nach Landser-Latein.«
    »Das Drunter und Drüber,
     das am Ende des Zweiten Weltkriegs und am Beginn der Besatzungszeit
     herrschte, ist eine traurige, aber unbestrittene Tatsache«,
     verwahrte sich Grahammer gegen Jacobis bewusst geäußerte
     Zweifel. »Außerdem war das Gold sozusagen inkognito unterwegs,
     niemand durfte offiziell darüber Bescheid wissen. Noch heute
     berichten amerikanische Quellen darüber ziemlich diffus und widersprüchlich.
     Angeblich wollte ein Vier-Sterne-General das Gold für sich

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