Dohlenflug
abzweigen
und hat deshalb die State-Department-Meldung lanciert, eine
Werwolf-Organisation habe vorgehabt, den Transport im Pass-Lueg-Tunnel zu
überfallen. Seine Ordonnanz, ein unbekannter Captain, soll wiederum
beauftragt worden sein, die Umleitung über Schwarzach-St.Veit und
Zell am See für ihn zu bewerkstelligen.«
»Lass mich raten. Der
Captain spann die Idee weiter – nach der Devise: Was der General
kann, kann ich schon lange – und sackte das Gold selbst ein.«
Grahammer hob abwehrend die Hände.
»Mag sein. Aber jetzt bewegen wir uns wirklich längst auf der
Ebene von Hörensagen. Stichhaltige Beweise für den Verbleib des
Goldes gibt es nicht, nur etwas, das man entfernt als Indiz bezeichnen könnte:
Bis weit in die achtziger Jahre hinein hat sich hartnäckig das Gerücht
gehalten, Hans Häuslschmied hätte sich seinen Wohlstand in den
Nachkriegswirren auf illegale Weise erworben.«
Jacobi starrte so lange
schweigend vor sich hin, dass Grahammer unruhig wurde. »Is’
was, Oskar? Schmeckt dir der Wein nicht?«
»Der Wein ist so gut
wie deine Infos, Schorsch. Und wenn es auch noch so abgefahren klingt: Ich
glaube, das ist es! Noch ist es zwar nur eine Hypothese, aber für
mich bereits eine sehr konkrete. Entschuldige, aber ich muss jetzt
telefonieren.«
Während sich der Oberst
per Handy mit Kotek über den Ermittlungsstand austauschte und sie drängte,
Amanda Häuslschmied beim nächsten Treffen mit seiner Vermutung
zu konfrontieren, hatten drei Neuankömmlinge, alle etwa in Jacobis
und Grahammers Alter, im vorderen Teil der Knappenstube an einem Tisch
Platz genommen.
Dr. Schwertfeger, der in
seiner Eigenschaft als Landtagspräsident oft in seiner Heimatstadt
zugange war, kannte Jacobi vom Sehen. Der Hausherr trug einen gepflegten
Salzburger mit der obligaten rosa Krawatte, seine beiden Begleiter waren
leger, aber ebenfalls bodenständig gekleidet.
Jacobi hatte sein
Telefongespräch beendet. »Wer ist denn die Lederhose mit der
Dschingis-Khan-Visage und den blonden Schnittlauchlocken?«, fragte
er Grahammer leise.
Der Gefragte grinste und
antwortete ebenso flüsternd: »Der Bürgermeister von
Hofgastein, Ferdinand Zederhauser. Er sieht zwar verwegen aus, ist aber
ein ganz umgänglicher Typ. Nicht nur die politischen Gegner nennen
ihn Vergelt’s-Gott-Ferdl, weil er es mit der professionellen Höflichkeit
manchmal übertreibt. Kritiker mokieren sich darüber, dass er bei
jedem Sauschneiden dabei sein muss und sein Konterfei omnipräsent in
den lokalen Medien ist. Neulich hat er allen Achtzehnjährigen zur
Musterung ein Abendessen spendiert, was den Sparfüchsen in der
Kommune sauer aufgestoßen ist. Na ja, in dem Job kann man es nie
allen recht machen, aber abgesehen davon, dass er sich manchmal vor den
Karren noch ambitionierterer Gasteiner Selbstdarsteller spannen lässt,
finde ich ihn persönlich ganz in Ordnung.«
»Und der distinguierte
Beau im Kärntner Sommerloden-Anzug ist wer?«
»Dr. Alexander
Czerwenka, unser Notar und wie Zederhauser ein Parteifreund von
Schwertfeger. Ein sehr integrer Bürger, schon sein Vater war
jahrzehntelang Notar im Gasteiner Tal.«
»Dschingis-Khan«
hatte Grahammer durch die offene Tür zum Hinterzimmer erblickt und
winkte ihm leutselig zu. Grahammer grüßte ebenso freundlich zurück.
Bürgermeister und Notar hatten sich offensichtlich mit dem Landtagspräsidenten
zu einer Besprechung getroffen, aber die Männer schienen nicht recht
bei der Sache zu sein. Immer wieder blickten sie zu Jacobi und Grahammer
hinüber.
Schließlich stand
Ferdinand Zederhauser auf und kam ins Hinterzimmer.
»Grüß euch,
Leutln, grüß dich, Schorsch!« Er klopfte mit den Fingerknöcheln
auf den Tisch, an dem Grahammer und Jacobi saßen.
»Grüß dich,
Ferdl, was hast du auf dem Herzen?« Der Lehrer ahnte, dass der
Kommunalpolitiker nicht aus reiner Liebenswürdigkeit ihre
Gesellschaft suchte.
»Herr Oberst Jacobi,
richtig?«, wandte sich Zederhauser an Grahammers Gast, ohne auf die
Frage einzugehen.
»Ja. Was kann ich für
Sie tun, Herr Bürgermeister? Wollen Sie sich nicht setzen?«
»Nein danke, ich hab
nur zwei Beschwerden weiterzuleiten, und das erledige ich gern im Stehen.
Sie betreffen das Vorgehen Ihrer Beamten, Herr Oberst. Das ganze Tal ist
wegen der Morde in Aufruhr, und jeder versteht natürlich, dass die
Ermittler
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