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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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war hübscher als alles andere, was ihm an diesem unerträglich langweiligen und unerfreulichen Morgen untergekommen war.
    Sic lächelte ihn etwas kühner an. «Deshalb hab ich Sie als ersten von der Schlange vorgenommen.»
    «Sie haben mich vorgezogen?» fragte er entsetzt.
    «Ich wollte Sie doch nicht mitten im Pöbel sitzen lassen, nicht wahr?»
    «Schwester, ich...ich bin sehr böse.»
    «Das sind Sie ganz gewiß nicht. Nicht wirklich. Wissen Sie, was ich glaube, Mr. Cherrymore —»
    «Ron, bitte. Keine bourgeoisen Formalitäten.»
    «Was immer Sie sagen, Ron — und ich hab alle schlimmen Dinge gelesen, die Sie über den internationalen Kapitalismus und über die Sperre unseres Stadtgartens und so weiter in der Zeitung schrieben -, ich glaube, Sie sind viel zu gutherzig und nett, um über irgend etwas wirklich böse zu sein.» Sie ließ ihre Wimpern flattern, kicherte und eilte ins Hospital zurück.
    «Großer Gott», stotterte er, «politisch gesehen ist sie eine reine Jungfrau.» Eine Hupe ertönte hinter ihm.
    «Guten Morgen, Gemeinderat Cherrymore.»
    «Guten Morgen, Gemeinderätin Porter.»
    Jennys sorgfältig gepflegtes kastanienbraunes Haar tauchte im Fenster ihres MG auf. «Wir sollten uns beeilen. Sir Lancelot hat bereits Übung im Einstürzen von Dächern.»
    Die beiden betraten schleunigst den Sitzungssaal. Sir Lancelot saß am Kopfende des Tisches, Jenny zu seiner Rechten, Ron zu seiner Linken. Beide rückten ihre Löschblattunterlagen und Akten mit der Miene von Ausschußmitgliedern zurecht, die sich beflissen geben, ob sie nun dem Kirchenvorstand oder dem Ministerkabinett angehören. Gleich danach erschien der Dean, in übelster Laune. Typisch für Sir Lancelot, dachte er, im Gesundheitsamt von Spratt’s Bottom eine außerordentliche Sitzung zu einer äußerst ungelegenen Zeit einzuberufen, ungelegen zumindest für ihn, den Dean. Er sah sich aber, als von der Universität designiert, verpflichtet, ihr beizuwohnen. Es behagte ihm, sich als feinfühliger und kontemplativer akademischer Geist zu bewähren. Ganz anders als Sir Lancelot, der sich schieben und drängen ließ wie ein übergewichtiges Mitglied der Drei Musketiere.
    «Es scheint im ganzen um elf Abwesenheiten zu gehen», sagte Mr. Clapper, der dem Dean linker Hand von Ron gegenübersaß.
    «Nein, zehn», verbesserte er sich, als die Tür aufflog.
    «Tut mir leid, daß ich zu spät komme, Leute.» Harold Sapworth, der OHA-Vertrauensmann, war jung, pausbackig, hatte zerrauftes Haar, eckige Brillengläser und einen dichten schwarzen Schnurrbart, der sich an beiden Enden aufzulösen schien. Er trug noch immer seinen braunen Krankenträgermantel. «Hatte ein paar innerbetriebliche Beziehungen klarzustellen», teilte er den Versammelten aufgeräumt mit, indem er sich neben dem Dean niederließ. «Eins der farbigen Mädel unter den Schwestern behauptete, einer der irischen Burschen von der Küche hätte sie in den Popo gezwickt. Was halt in einem Krankenhaus so passiert.» Er grinste. «Da würden die Patienten aber staunen, was?»
    «Es gibt eine durchaus zutreffende Disziplinarordnung, um derartige Auseinandersetzungen innerhalb des Personals zu regeln, Mr. Sapworth», teilte ihm Mr. Clapper eisig mit. «Sie wurde sämtlichen Krankenhausverwaltungen unter den Zeichen RHB (51) 80, HMC (51) 73 und BG (51) 80 zugeleitet. Haben Sie sie denn nicht gelesen?»
    «Nein. Aber das farbige Mädchen auch nicht. Die wüßte schon, wohin sie sich Ihre Disziplinarordnung stecken soll. Na, keine Sorge, mit ein paar Worten war die Sache in Ordnung. Ich sagte ihr, das sei die normale Begrüßungsform in Kerry. Dort muß man sich erst einmal davon überzeugen, daß Leute ihrer Art echt sind, man ist sie nicht gewohnt.»
    «Meiner Ansicht nach gehört dieser Fall eindeutig vor die Kommission gegen Rassendiskriminierung», erklärte Ron entschieden und spielte mit seiner Kette.
    «Oder vor die Kommission für Chancengleichheit», wies ihn Jenny scharf zurecht.
    «Gott bewahr uns vor solchen Dingen», rief Harold hitzig. «Innerbetriebliche Beziehungen sind wie eine Ehe. Man muß nur die alten Reibungspunkte ein bißchen schmieren, dann kann man das Ganze unter sich in Ordnung bringen. Aber sobald sich die Schwiegermutter oder die Nachbarn einmischen, sobald sie zu verstehen geben, wie schlimm man dran ist, ist es das Ende. Ist’s nicht so, Sir Lancelot?» Er war dem Chirurgen manchmal begegnet, seit er Patienten in den OP von St.-Swithin schob.
    «Ihre Haltung

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