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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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erklären, Sir Lancelot?» Eva lächelte ihn süß an. «Freddie und ich hatten es zu Hause herumstehen, und ich dachte, es sei nichts als ein alter Appendix. Ärzte haben doch alle möglichen Dinge in Flaschen herumstehen. Lebern, Gallenblasen, Nieren, zweiköpfige Babies. Er sagte mir nie, daß es mein eigener sei, weil...weil...» Sie blickte Freddie flehend an.
    «Na, weil er gesund war», fiel Freddie prompt ein. «Kein Mann sieht sich gern mit seinen Irrtümern konfrontiert.»
    «So, wie wenn man seiner verflossenen Frau über den Weg läuft», erläuterte Pip.
    «Genau.» Eva drückte das Präparat an ihren Busen. «Ich fühle mich wie eine Mutter, die mit ihrem lange verloren geglaubten Kind wiedervereint wird.»
    «Hab noch nie gehört, daß jemand wegen seines Appendix sentimental wurde», brummte Sir Lancelot. «Ich brauche noch einen Drink.»
    «Wir alle», sagte Freddie und schritt auf den Barschrank zu.
    «Entweder werde ich senil oder geistesgetrübt, oder hier ist etwas extrem faul», sagte Sir Lancelot.
    «Ich rieche nichts, Sir», versicherte ihm Pip obenhin. «Sie haben zwei ganz gewöhnliche Ehepaare vor sich — Eva und Freddie, Dawn und mich -, die ein triviales kleines Mißverständnis aus längstvergangenen Zeiten aufklären. Ich glaube, wir werden alle herzlich darüber lachen, wenn dieser Tag zu Ende ist.»
    Die Türglocke ertönte.
    «Das wird die Oberin sein», bemerkte Sir Lancelot. «Sie war vom Wunsch besessen, mich zu sehen, und dieser Ort hier schien mir als Treffpunkt ebensogut geeignet zu sein wie jeder andre.»
    Die vier tauschten Blicke.
    Cindy riß die Tür auf. «Die Oberin vom Heiligen-Grab-Hospital», kündigte sie an, als zauberte sie etwas aus dem Zylinder.
    «Hallo, Pip. Hallo, Eva. Und da sind Sie, Lancelot», begann die Oberin zerstreut, während sie in die Wohndiele eilte. «Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie entsetzt ich war, als ich die Nachricht von Ihrer Verhaftung im Fernsehen vernahm. Obwohl ich immer sagte - hab ich’s nicht immer gesagt? —, Ihr explosives Temperament würde Sie eines schönen Tages in ernste Schwierigkeiten bringen. Ich bin überzeugt, daß dieser unselige Polizist nur seine Pflicht tat. Hoffentlich haben Sie einen erstklassigen Anwalt mit Ihrer Verteidigung beauftragt? In diesen Dingen darf man nichts riskieren, wissen Sie, ebensowenig wie bei der Wahl eines Chirurgen, der einem den Magen entfernen soll. Aber hoffentlich kriegt er Sie frei. Heutzutage kommen auch Mörder frei. Was ist los?» fragte sie verblüfft. «Warum starrt ihr vier mich so entgeistert an? Ich bin ja schließlich nicht aus dem Weltraum hier abgesetzt worden.»
    «Sherry, Tantchen Florrie?» fragte Pip mit schmeichelnder Stimme.
    «Nein. Heute abend will ich einmal Lancelots Whisky versuchen. Die Möglichkeit, daß mich zwölf Monate im Heiligen Grab dem Alkohol ausliefern, hat sich endlich verwirklicht.» Sie brach auf dem pflaumenblauen Mokettsofa zusammen.
    «Erzählen Sie uns genau, was geschehen ist», sprach Freddie auf sie ein. «Wir möchten es so gerne wissen, vor allem Sir Lancelot. Und lassen Sie sich Zeit.»    . M
    «Der entsetzlichste Tag meines Lebens liegt hinter mir.» Sie nahm ein Glas Whisky von Pip entgegen. «Nicht nur, daß ich diesem abstoßenden Harold Sapworth von der OHA tagtäglich ausgeliefert bin und ihm hinten hineinkriechen muß - jetzt muß ich dasselbe tun bei einem genauso gräßlichen Kerl, der es gar nicht nötig hätte. Ronnie Cherrymore, bitte sehr. Er findet, er sollte nicht der OHA beitreten, sondern der Arbeiter-Union des Technischen Schulungspersonals, der AUTSCH, da er in der Apotheke mit gefährlichen Drogen zu tun hat. Das ist offenbar eine Art höherer Gewerkschaft für Leute mit weißem Hemdkragen, aber wenn ihr mich fragt, benehmen sie sich genauso schändlich wie die Bergarbeiter. Natürlich sollte er überhaupt kein Arbeiter sein, er hat in Eton studiert. Da OHA und AUTSCH Todfeinde sind und dieser Sapworth immer so viel Staub aufwirbelt, rufen beide Gewerkschaften morgen zum Streik auf. Mein Hospital ist zum Stillstand verurteilt, weil seine Arbeiter einander nicht ausstehen können. Ihr scheint kein sehr großes Interesse zu zeigen», beschwerte sie sich plötzlich.
    «Oh, doch, größtes Interesse», versicherte ihr Freddie. «Es ist, wie wenn man von zwei feindlichen Parteien gehindert wird, sein Ziel zu erreichen.»
    «Ja, so geht’s heutzutage in der Welt zu.» Sie trank das halbe Glas auf einen Zug aus. «Jeder

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