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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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auf dem Deckel sitzen.»
    «Wie sollte ich plötzlich romantisch sein, nachdem ich doch ein Leben lang die Frauen als lose gefüllte Organbehälter angesehen habe, die von Hormonen gewaschen und von Neurosen bewegt werden?»
    «Aber Sie wissen doch wenigstens die herrlichen Freuden des Sex zu schätzen?» fragte sie, indem sie sich auf das Sofa zurückfallen ließ und ihre hochhackigen Schuhe hochreckte.
    «Nicht, wenn ich mir eine werdende Mutter vorstelle, der das Speien hoch- und das Baby herauskommt.»
    «Na schön. Also gut. Sie sollen Ihren Willen haben. Wir wollen jede romantische Mikrobe in der Luft, die uns umgibt, abtöten. Wenn wir schon einander nicht heiraten, wer wird dann uns heiraten?»
    «Vielleicht will ich mich gar nicht wieder verheiraten?»
    «Natürlich wollen Sie’s», versicherte sie. «Was soll eine Frau sein? Die Geliebte eines jungen Mannes. Die Gefährtin eines Mannes in mittleren Jahren. Die Pflegerin eines alten Mannes. Je älter Sie also werden, desto besser werde ich zu Ihnen passen. Ich möchte noch einen Whisky», sagte sie, indem sie ihm das Glas hinhielt.
    «Doch nicht im Ernst?» Sir Lancelot blickte verstört auf seine Uhr. «Will sagen, wenn Sie in Kürze nach Spratt’s Bottom zurückfahren -»
    «Ich werde den letzten Zug nehmen. Wenn ich überhaupt nach Hause fahre», sagte sie, legte sich der Länge nach aufs Sofa, zog ihren Rock bis zu den Schenkeln hinauf und blickte ihn offenen Mundes an. Die Türglocke läutete.
    Sie sprang auf. «Wer ist das?»
    «Äh - Miss MacNish.»
    «Aber die ist doch weggegangen!»
    «Sie kam inzwischen zurück. Heute nachmittag. Ihrer Schwester in Putney ging sie offenbar in zwölf Tagen so stark auf die Nerven wie mir in zwölf Monaten. Sie fuhr in einem Taxi weg, um sich ihr Hab und Gut zu holen. Ich muß ihr beim Hinauftragen helfen. Sie bleiben hier. Sie braucht nicht zu wissen, daß Sie hier sind, nicht wahr? Sie wissen, was für eine Klatschbase sie ist. Zu Mittag wüßte es das ganze St.-Swithin. Halten Sie sich mäuschenstill. Der Whisky steht auf dem Tischchen neben Ihnen.»
    Sir Lancelot schloß die Wohnzimmertür sacht hinter sich. Er zupfte nochmals seinen Binder zurecht. Er öffnete die Haustür.
    «Hei!» rief Amelia. Sie trug ein langes rotes Gesellschaftskleid, Diamanten glitzerten an Ohren und Dekollete. Er legte bedeutsam einen Finger auf seine Lippen.
    «Miss MacNish...still, ganz still.»
    Amelia nickte verschwörerisch, während sie eintrat. «Bin vorzeitig vom Bankett abgehauen», flüsterte sie ihm ins Ohr. Sir Lancelots Erwiderung bestand in einem stummen Aufwärtsweisen. Er würde sich für kurze Zeit zurückziehen und trachten, die Oberin irgendwie loszuwerden. Amelia hob die Brauen, lächelte und ging auf Zehenspitzen hinauf. Er führte sie ins Schlafzimmer.
    Sie sagte leise: «Sie scheinen Ihrer Sache sehr sicher zu sein.»
    «Das Bühnenbild stammt von Miss MacNish», gab er heiser zurück. «Die Sentimentalität, mit der sie ihren Wellensittich überschüttet hat, ergießt sich jetzt, scheint’s, in meine Richtung.»
    «Sie erzählte mir jedes Detail seines Todes am Telefon. Er hat offenbar wirklich ein schauerliches Ende genommen. Eins, das er verdiente. Tut mir leid, daß ich in Cambridge so böse auf Sie war.» Amelia legte ihre Hand sachte auf den Aufschlag seines Smokings. «Aber auch die Besatzung der Bounty endete nicht im Wasser.»
    «Es war in mehr als einem Sinn ein unglückseliger Zwischenfall. Ich stand im Begriff, um Ihre Hand zu bitten.»
    «Ach...» murmelte Amelia überrascht. Sie legte die andere Hand auf den anderen Rockaufschlag. Zärtlich lächelnd verschränkte sie sie langsam hinter seinem Nacken. Sie zog seine Lippen zu sich herab.
    «Und was sagen Sie dazu?» fragte er.
    «Dies ist noch immer das größte Kompliment, das ein Mann einer Frau machen kann, nicht wahr? Selbst wenn wir darunter nicht mehr verstehen als die Aufforderung, die Haushaltsrechnungen zu teilen.»
    «Wird meine Werbung angenommen?»
    Noch immer lächelnd, schüttelte sie langsam den Kopf. «Bedenken -Sie doch.»
    «Das habe ich getan. Eingehend. Dies und meine Geburt sind die einzigen Ereignisse in meinem Leben, die mir erst ein einziges Mal widerfahren sind.»
    «Es würde nicht klappen, nicht wahr? Sie wissen das, Lancelot», sagte sie sanft. «Ebensowenig, wie wenn Captain Bligh und Sarah Bernhardt einander geheiratet hätten. Eine Ehe allein ist nicht groß genug für unsere beiden Egos.»
    Er runzelte die Stirn.

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