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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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werde«, setzte Squiffy fort, sich geistesabwesend ein Stück Kuchen abschneidend. »Urgroßvater, der Gründer der Bank — das ist der mit dem halbgaren Gesicht und den Bartkoteletten, der über dem Kamin hängt —, war der Sohn eines kanadischen Arztes, welcher sich damit einen Namen machte, daß er bei Blizzards umeinanderstieg und Leute, die von Bären angefressen waren, zusammenflickte. In Geschäftsdingen war ich ein aufgelegter Trottel — du erinnerst dich doch, wie ich in der Schule nie herausbringen konnte, was diese lästigen Kerle A, B und C einander laut dieser vertrackten Zinseszinsrechnung schuldig waren. Aber irgendwie stimmten die medizinischen Schulen nicht mit meinem Alten überein, und so schickte er mich für ein bis zwei Jahre nach Kanada. Als ich zurückkam, verkündete er, ich solle Physiker werden — die Naturwissenschaften seien jetzt das Um und Auf.«
    »Sind jetzt sogar in Eton Lehrfach.«
    »Ich glaube, Papa sah mich bereits als Nobelpreisanwärter«, fuhr Squiffy fort. »Aber schließlich muß man irgendwo einen Anfang machen, und nachdem ich mich auf ein paar Universitäten umgesehen hatte, wurde ich endgültig in Mireborough aufgenom-men — komischerweise kurz nachdem mein Alter dort ein neues Bootshaus gestiftet hatte. In Mireborough war man recht zuwider zu mir, hol der Teufel diesen nordischen Unabhängigkeitssinn«, fügte er grollend hinzu, »selbst nachdem der Alte eine neue Bibliothek gestiftet hatte — er sieht sich als eine Art Taschenformat-Rockefeller, weißt du. Und im Hinblick darauf, daß er kürzlich ein neues chemisches Laboratorium gestiftet hatte, versteh ich wirklich nicht, warum sie dort ein solches Geschrei erhoben, als ich das alte niederbrannte.«
    Squiffy lümmelte sich in einen Sessel.
    »Das war beim praktischen Examen, weiß nicht, warum es schiefging. Wahrscheinlich sollten sie einem nicht so verblödete Fragen stellen. Die Feuerwehr war noch nicht abgezogen, als man mir schon sagte, es würde die Universität billiger zu stehen kommen, wenn ich ginge. Zum Glück war der Alte grade nach Karatschi abgeflogen; aber einen Job finden mußte ich — mir stiftet er natürlich nie was. War gar nicht so einfach, weil ich keinerlei Diplom hatte. Aber ein Studienkollege verschaffte mir glücklicherweise einen Job in Dorset.«
    »Doch nicht in einem staatlichen Atomkraftwerk?« fragte ich unruhig, denn ich hatte das Gefühl, daß Squiffy ganze Arbeit verrichten würde, wenn er nächstesmal etwas in die Luft gehen ließ.
    »Ich bin jetzt, genau genommen, nichts anderes als ein mieser Pauker in einer Präparandenschule«, gestand er. »In einem trostlosen Kaff noch dazu. Der Direktor sieht aus wie ein Leichenbestatter, der sein Konto überzogen hat, verrechnet Reagenzgläser und Chemikalien und wahrscheinlich auch die Benützung der Schwerkraft. Aber das ist noch lange nicht alles.«
    Er machte eine Pause, und da der ganze Kuchen aufgegessen war, begann er an seinen Nägeln zu kauen.
    »Jetzt hör zu, Grim — großer Gott, so spät ist es schon?« Squiffy sprang auf. »Ich darf den Zug nicht versäumen, sonst gibt’s einen Riesenwirbel, wenn ich zu spät komme. Was hältst du von diesem Burschen, diesem Beauchamp?« fragte er, zur Türe stürzend. »Meiner Meinung nach ist er ein ganz gemeiner Kerl.«
    »Ja, ein gemeiner Kerl ist er auch meiner Meinung nach.«
    »Durchaus nicht die Sorte Mann, mit dem ich Lucy versorgt sehen möchte«, waren Squiffys letzte Worte, als er verschwand.
    »Durchaus nicht die Sorte Mann, mit dem auch ich sie versorgt sehen möchte«, bestätigte ich.
    Doch warum, fragte ich mich, allein unter den Überresten des Tees und den Gladiolen zurückgeblieben, warum sich darüber Sorgen machen, mit welchem Mann Lucy sich versorgte? Ich scherte mich den Teufel drum, ob sie mit sämtlichen Schauspielern oder Zirkusartisten intim befreundet war. Mich ging die Sache nicht mehr an, als wenn ich Basil hinter den Rampenlichtern mit der ersten Liebhaberin knutschen sähe. Ich leerte meine Teetasse und ging. Schließlich war ich restlos glücklich mit einem der nettesten Mädchen der Welt verlobt.

12

    »Leider bring ich dir nicht deine Filzpantoffeln mit«, entschuldigte ich mich bei Miles, als ich in meine Bude zurückkehrte. »Connie konnte es sichtlich nicht über sich bringen, sie anzurühren.«
    Mein Cousin war außer Haus gewesen, als ich von meinem Besuch bei seinem aufgewühlten Ehegespons zurückgekehrt war; lediglich ein Zettel unter der

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