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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Milchflasche besagte: »Unerwartet in das St. Swithin berufen. Esse gerne um sieben, und erinnere dich bitte, daß ich gegen Hühner und Nieren allergisch bin.«
    »Filzpantoffeln? Glaube nicht, daß ich sie noch je anziehen werde«, sagte Miles.
    Ich zwängte mich neben ihn auf den Diwan. Squiffy hatte ich beim Tee nicht viel helfen können, und nun fragte ich mich, wie ich beim Abendessen die zerzankten Turteltauben wieder zusammenbringen sollte. Connie war ein Prachtmädel, sann ich. Ein reizendes, hingebungsvolles Geschöpf, wiewohl mit dem latenten Hang, sich an junge Männer anzukuscheln. Und selbst der gute Miles war im Grunde genommen nicht der Schlechteste, trotz seiner zermürbenden Gewohnheit, mich als etwas anzusehen, das man nach einer babylonischen Orgie unter dem Tisch findet.
    »Also hör jetzt mal, Miles, alter Junge — «, begann ich.
    Ich war mir bereits darüber im klaren: die Hälfte seiner häuslichen Wirren rührte davon her, daß er sich wie ein Hitler der Diät aufführte. Sämtliche Ehepaare schnauzen von Zeit zu Zeit einander an, ohne daß dies üblere Folgen hat als etliche zugeknallte Türen oder ein paar Fußtritte nach dem Hund, aber wenn sie noch dazu die Blutzuckerquote Verhungerter haben, gibt es natürlich akutere Symptome.
    »Miles, alter Junge, von Mann zu Mann gesprochen —«, setzte ich neuerdings an.
    Ich hielt inne. Die Schwierigkeit bestand darin, die richtige Behandlung zu finden. In der allgemeinen Praxis tauchen zweimal täglich eheliche Unstimmigkeiten auf, getarnt als alles zwischen Neu- und Gürtelrose. Unsere britischen Ärzteschulen jedoch — mögen sie noch so scharf auf solides Zeug wie Brüche und Risse sein — lehren uns dagegen keine besseren Maßnahmen, als dem Gatten das Golfspiel und der Gattin die Beschäftigung mit Politik ans Herz zu legen.
    »Der Smoking hätte mir jedoch recht gute Dienste leisten können«, sagte Miles unter leichtem Hüsteln.
    Ich stellte zu meiner Überraschung fest, daß er eine meiner Zigaretten rauchte.
    »Ich seh dich zum erstenmal wieder mit einem Glimmstengel im Mund seit dem Abend, als du deine frisch erworbene Lehramtswürde in Oxford damit feiertest, den Fahrradreifen des Dekans anzustechen«, sagte ich.
    »Es wird nicht meine letzte Zigarette sein«, erwiderte Miles ruhig. Er warf mir einen lüsternen Seitenblick zu, der durch weiteres Hüsteln unterbrochen wurde. »Wie wär’s mit — äh — mit einem Schnellen?«
    Ich starrte ihn an. »Aber du trinkst doch sonst nur zu Weihnachten?«
    »Jetzt will ich’s aber. Brauche dringend eine — äh — eine kleine Schmierung. Na?«
    Ich zuckte die Achseln. Immerhin war ich der Gastgeber, also förderte ich die Reste meines Scotch unter der Abwasch zutage.
    »Prost, Bruder, schenk mir einen ein, heut abend sauf ich wie ein Schwein«, sagte Miles.
    »Hör mal«, fragte ich, nachdem er fertig gegurgelt hatte. »Fühlst du dich auch ganz wohl? Hat am Ende die nervliche Anspannung der letzten Tage — «
    »Ich fühle mich«, erklärte Miles kurz, »wie ein Neugeborener. Ich habe den Tag damit verbracht, meine Seele zu prüfen«, informierte er mich. »Seit Jahren führe ich als vorbildlicher Gatte ein Leben der Sittenstrenge und Rechtschaffenheit. Was nützt das schon bei einem herzlosen Weibsbild wie Connie? Sie hat mich gezwungen, sie zu verlassen und Strohwitwer zu werden. So will ich mich auch, hol’s der Teufel, wie ein Strohwitwer benehmen. Wie wär’s mit einem weiteren — äh - Abschiedstrunk, bevor wir uns auf die Strümpfe machen?«
    »Ich würde das Ganze nicht so radikal angehen«, riet ich, ihm einen Kleinen einschenkend. »Für einen soeben Neugeborenen hast du das Entwöhnungsstadium recht rasch hinter dich gebracht.«
    »Heut nacht — « Miles zwinkerte mir zu. »Heut nacht gehen wir aus und zwicken uns — wumm — etwas Knuspriges auf. Ja, das tun wir! Wir stellen London auf den Kopf und reißen der Welt einen Haxen aus! Was hast du da, verdammt nochmal, zu lachen?« fragte er erbost.
    »Verzeih, alter Junge«, entschuldigte ich mich. »Du kommst mir nur wie eine Jungfer von der Heilsarmee vor, die bei einer Strip-Tease mitwirkt.«
    »Strip-Tease — ins Schwarze getroffen!« rief Miles sofort. »Wollte mir immer schon eine ansehen. Hab nie Gelegenheit dazu gehabt, solang ich bei der Moralkommission war. Der Bischof hat die Strip-Teases stets gestrichen.«
    »Mein lieber Miles«, wandte ich vorsichtig ein, nicht unbedingt entzückt von der Vorstellung, diese

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