Doktor auf Draht
Herzens mit der eines Kratzers von einem spielerischen Kätzchen zu verwechseln. Andere Mädchen traten in mein Leben, inspizierten meine Wohnung und entschlossen sich, ihr Quartier woanders aufzuschlagen. Nun, da ich Connie auf ihrem Chippendalesofa tröstete, war sie bloß die Dame, die die Suppe austeilte, sooft mich Miles zum Dinner einlud.
»So oft frag ich mich«, hauchte Connie in meinen Kragen, »wie wohl mein Leben ausgefallen wäre, wenn ich dich geheiratet hätte, Liebster.«
»Ein bißchen beengt in meiner Pferdekrippe.«
»Aber um so vieles aufregender, Gaston! Ich erinnere mich, wie romantisch du an jenem zauberhaften Tag aussahst, als du zum Picknick die Themse hinauf gestakt bist.«
Genau genommen, hatte es damals geschüttet und ich war zweimal ins Wasser gefallen, aber Connie sah ihre Erinnerungen eben in Technicolor.
»Und dieses lustige Weekend, das wir in Whortleton verbrachten«, schwelgte Connie weiter.
Ihre Eltern waren dort gewesen und hatten mich bloß deshalb zu sich gebeten, weil sie jemanden zum Chauffieren brauchten.
»Du sahst so reizend aus auf dem Kai«, murmelte Connie.
»Interessanter Ort, dieses Whortleton.«
Connie schneuzte sich. »Und nun ist mein Leben ruiniert und ich werde nie mehr wieder glücklich sein.«
Ich klopfte ihr auf die Schulter. »Aber aber. Aber aber.«
»Oh, Gaston«, hauchte Connie, schob die Bonbons beiseite und machte sich’s noch gemütlicher. »Du bist die beste Heilsalbe für eine schwerverwundete Seele.«
Da fühlte ich, es wäre besser, wenn ich jetzt ginge-
»Mußt du wirklich gehen, Gaston? Komm mich bald wieder besuchen, Liebster.« Sie stopfte das Taschentuch in meine Brusttasche. »Sonst sterbe ich vor Einsamkeit. Um sechs paßt es mir am besten.«
Als ich auf die Straße trat, fiel mir ein, daß ich Miles’ verflixte Filzpantoffeln total vergessen hatte.
11
»Wie süß von Ihnen, daß Sie gekommen sind, Gaston.«
Es war einige Stunden später, und Lucy Squiffington empfing mich in einem Zimmer, das anscheinend der intensiven Zusammenarbeit etlicher Antiquitätenhändler und der Blumenschau von Chelsea zu verdanken war.
»Und hier«, sagte sie, »ist George.« Sie wies auf einen Burschen, der in einem ausgebeulten Tweedanzug auf dem Sofa saß und sich bemühte, sein rechtes Bein möglichst oft um sein linkes zu schlingen.
»Der liebe alte Squiffy!« rief ich.
Er hatte sich nicht im mindesten geändert. Noch immer war er ein großer dünner Junge mit einer großen dicken Brille; sein Haar ähnelte dem Zeug, mit dem die Armeematratzen gefüllt sind, und seine sämtlichen Gelenke schienen nur durch Gummischnüre zusammenzuhalten. Squiffy hatte stets so ausgesehen, als würde ihm jeden Augenblick ein Arm oder ein Bein abfallen, und wenn das geschehen wäre, hätte er sich nie erinnern können, wo er sie liegengelassen hatte, so zerstreut war er.
Natürlich gab es für uns drei eine Menge zu lachen, als wir der guten alten Zeiten in Whortleton gedachten. Ich vermochte das warme Gefühl im Magen nicht einzudämmen, das sich jedesmal einstellte, wenn ich Lucy anblickte, obwohl ich mir ständig sagte, ich sei nur als ärztlicher Berater in diesem Hause. Und ich mußte zugeben, der arme alte Squiffy sah tatsächlich recht angegriffen aus. Er war schon immer ein rastloser Geselle gewesen, der herumwetzte, als hätte er just eine neue wollene Hemdhose angelegt. Jetzt war der arme Junge so zappelig wie heißer Röstmais, auf den man Milch schüttet.
»Es muß, meiner Seel, höchst anstrengend sein, von neun bis fünf Atome zu zertrümmern«, begann ich beim Tee für meine Diagnose vorzufühlen.
»Die ganze Sache ist natürlich fürchterlich geheim«, sagte Squiffy, nach einem Kuchenstück langend. Ich erinnerte mich, wie entsetzlich verfressen er bereits auf der Schule gewesen war.
»Vielleicht erklärst du mir einmal, wenn du einen freien Augenblick hast, die Quantentheorie? Meine physikalischen Kenntnisse sind leider bei Archimedes’ nächtlichem Bad steckengeblieben.«
»Die Quantentheorie?« mummelte Squiffy. »Steht die nicht auch auf der Geheimliste?«
»Aber, George!« klagte Lucy. »Mußt du dich wirklich immer wie eine Auster mit Kehlkopfentzündung benehmen? Du könntest uns doch zumindest sagen, wo du stationiert bist.«
»Nicht, wenn mir mein Leben lieb ist. Oberstes Staatsgeheimnis. Ja, faktisch! Eine Menge Leute möchten das herausfinden dort drüben in — in — na, ihr wißt schon, wo.«
»Du kennst doch ganz
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