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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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schlug mir die Wirtshaustür vor der Nase zu.
    »Was, zum Teufel, hast du da angestellt, Miles?« fragte ich.
    »Das heißt einmal wirklich leben, was?« Miles staubte, keineswegs aus der Fassung gebracht, seine Hose ab. »Dieser Bursche ist das, was man einen >Rausschmeißer< nennt, nicht wahr? Jammerschade, daß ich in dem Moment hinausgefeuert wurde, als ich mich richtig wohlzufühlen begann. Natürlich war mein Antrag an das Barmädel nicht ernst gemeint. Wahrscheinlich hab ich ihr nicht genug angeboten.«
    »Du hast doch nicht — ? Großer Gott, alter Junge!
    »Du willst doch nicht sagen, daß du Mrs. Hildenborough -?«
    »So was ist doch gegenüber Barmädchen durchaus an der Tagesordnung, nein? Ich kniff sie leicht in den Hintern, als sie sich umdrehte, um irgendein Getränk einzuschenken, und da tauchte der Rausschmeißer auf. Wohin gehen wir jetzt? Wie wär’s mit einer Strip-Tease? Am liebsten möchte ich in dieses Varieté beim Piccadilly gehen, das >Wasserrad<.«
    Da ich Miles so rasch wie möglich aus diesem Bezirk entfernen wollte, stieß ich ihn in ein Taxi und brachte ihn zu einer jener Non-Stop-Revuen in Soho, in denen das Programm klein und einfach ist: da tritt ein Mann auf, der Zauberkunststücke macht, dann ein dürres Mädel, das seine Kleider auszieht, darauf ein Mann, der Zauberkunststücke macht, und wieder ein dürres Mädel, das seine Kleider auszieht, und so weiter. Aber Miles war davon recht enttäuscht, wahrscheinlich deshalb, weil er Woche für Woche dasselbe im Frauen-Ambulatorium sah; von den Zauberkunststücken hingegen war ich mächtig angetan.
    »Und nun«, verkündete Miles in der Old Compton Street, nachdem das erste dürre Mädel zum zweitenmal erschienen war, »mußt du mir das Richtige zeigen.«
    »Das Richtige? Was verstehst du darunter?«
    »Das richtige Leben in der Gosse.« Abermals warf er mir einen lüsternen Seitenblick zu und stieß mich in die Rippen. »Du kennst es.«
    Ich seufzte. Wie die Touristen auf der ganzen Welt, von Reykjavik bis Rio de Janeiro, glaubte Miles, es gäbe da eine ungeheuer verworfene Vorführung, ausschließlich von Eingeborenen besucht, die dem Zuschauer derart durch Mark und Bein geht, daß er noch jahrelang an Winterabenden davon zehren kann. In Wirklichkeit sitzen die Eingeborenen stets zu Hause vor dem Fernsehapparat und füllen ihre Totoscheine aus — aber Miles drang in mich, ihn in das »richtige« Lokal im West End zu bringen.
    »Es ist ein Etablissement, das ich als Mitglied der Königlichen Kommission nie betreten konnte«, erklärte er. »Man hat mir, glaube ich, immer vorgeschwindelt, man käme dabei ins Kittchen.«
    Nach ein paar Drinks und einer Tüte Kartoffelschnitzel in einem weiteren Wirtshaus, kam mir die Idee, es wäre die einfachste Lösung, den Dummkopf in einen durchaus ehrbaren Nachtklub beim Berkeley Square zu bringen, den ich kannte. Da es ein teures Lokal war und der Aufwand an Kerzenstärke in derartigen Unternehmungen stets im umgekehrten Verhältnis zu den Preisen steht, würde es sowieso zu finster sein, daß Miles viel sehen konnte — von der schwarzen Brille ganz zu schweigen.
    Der Ober im Nachklub führte uns durch das Gedränge auf dem Tanzparkett zu einem Tisch neben der Musikkapelle, nachdem Miles schon auf der Schwelle Champagner bestellt hatte. Nach etlichen Gläsern hatte er neue Kräfte gesammelt und begann sich nach Weiblichkeit umzusehen.
    »Hier gibt’s keine«, teilte ich ihm kurz angebunden mit. »Du mußt deine eigene kleine Freundin mitbringen. Die Direktion stellt nur den Alkohol und die Atmosphäre bei.«
    »Aber dort drüben sitzt ein süßes kleines Ding.« Miles wies über das Tanzparkett hinweg. »Diese einsame kleine Brünette.«
    Ich wandte mich um, aber in diesem Augenblick explodierte die Jazzband von neuem, und alles sprang auf die Beine, um zu tanzen.
    »Genau mein Typ«, sagte Miles, sich die Hände reibend. »Nicht nur reizend, sondern auch intelligent, möchte ich sagen. Wie stellt man es an?«
    »Was?«
    »Na, sie anzuzwicken, natürlich.«
    »Du meinst wohl aufzwicken?«
    »Stimmt. Was ist da üblich?«
    »Du kannst dem Kellner ein Pfund zustecken und ihn bitten, eine Nachricht zu überbringen«, sagte ich; der ganze Ausflug wuchs mir nicht nur bereits zum Hals heraus, ich war auch schon halb eingeschlafen. »Aber ich würde an deiner Stelle davon absehen, denn sie ist bestimmt mit einem Gardeoffizier oder Lord hier, der dir Saures geben wird.«
    Bevor ich ihn hindern konnte,

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