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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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packte Miles einen vorübereilenden Kellner an den Frackschößen und drückte ihm ein Pfund in die Hand. »Informieren Sie bitte die brünette Dame mit dunkler Brille am gegenüberliegenden Tisch, daß ich mich heftig in sie verknallt habe«, instruierte er ihn.
    »Sehr wohl, Sir.«
    »Jetzt ist’s aus«, sagte ich verstört und warf einen schnellen Blick auf den Notausgang hinter uns. »Sie wird die Direktion verständigen, und damit wirst du heute zum zweitenmal hinausgeschmissen.«
    »Ich wundere mich über dich, Gaston«, erwiderte
    Miles beschwingt. »Ich wundere mich wirklich. Du hast überhaupt keine Initiative, keinen Mumm. Habe deutlich gesehen, wie mir das Mädel äußerst einladend zulächelte. Warte nur!«
    »Hör mal, Miles, wir sind am Berkeley Square, nicht in Buenos Aires — «
    Der Kellner erschien wieder. »Die Dame läßt Ihnen danken, Sir, und Ihnen sagen, Sie seien der Mann ihrer Träume, Sir.«
    »Was hab ich dir gesagt?« strahlte Miles. Er steckte dem Kellner ein weiteres Pfund zu. »Fragen Sie die Dame, ob sie mir die unendliche Freude machen würde, sich an unseren Tisch zu setzen.«
    »Sehr wohl, Sir.«
    »Ich glaube wirklich, Gaston«, sagte Miles selbstgefällig, »daß du keine Ahnung davon hattest, welche Anziehungskraft ich auf Damen ausübe.«
    »Das war, meiner Seel, eine glatte Eroberung«, gab ich zu.
    »Ich besitze, schätze ich, ein beträchtliches Ausmaß von dem sogenannten Sex-Appeal. Sehe keineswegs übel aus, habe einschmeichelnde Umgangsformen und führe nicht nur unterhaltende, sondern auch intelligente Konversation. Wäre nicht meine — übrigens recht anziehende — Schüchternheit, könnte ich zahllose Eroberungen beim schönen Geschlecht buchen.«
    »Du kannst jetzt gleich damit beginnen«, sagte ich. »Da kommt sie.«
    »Liebe Dame«, Miles stand auf und verbeugte sich so tief, daß er um ein Haar den Eiskübel umgeworfen hätte, »wie reizend von Ihnen!«
    »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite«, sagte das Mädchen mit der dunklen Brille und bot ihm die Hand.
    Dann faßten sie einander näher ins Auge.
    »Connie!« brach es aus Miles hervor. »Was zum Teufel hast du in dieser — dieser schändlichen Lasterhöhle zu suchen?«
    »Miles, du elender Wurm! Und was hast du, wenn ich fragen darf, hier zu suchen, he?«
    »Gaston hat mich hergeschleppt«, erwiderte Miles rasch. »Und du läßt dich hier von wildfremden Männern mit den niedrigsten Absichten ansprechen — «
    Connie stampfte mit dem Fuß auf. »Du Schwein! Solche Absichten hattest du also gegenüber einer schutzlosen alleinstehenden Frau, ja?«
    »Das meinte ich nicht«, fuhr Miles sie an. »Du warst darauf aus, mich regelrecht zu verführen. Deinen eigenen Gatten noch dazu! Das geht schon über die Hutschnur!«
    »Geh zum Teufel«, rief Connie und hieb ihm mit der Champagnerflasche eins über den Schädel.
    Danach gab’s einen kleinen Wirbel, aber ich kümmerte mich nicht darum. Ich hatte mich bereits dafür entschieden, über Notausgang und Feuerleiter das Weite zu suchen. Es war für Grimsdyke an der Zeit, diesen bewegten Tag seinem Ende zuzuführen.

13

    »Mein Leben«, erklärte Miles am nächsten Tag beim Rasieren, »wird nie mehr wieder das alte sein.«
    »Nun, dein Gesicht sieht allerdings fürs erste recht anders aus«, sagte ich.
    Miles schielte im Spiegel auf seine veränderten Züge.
    »Es ist in der Tat ein Pech, daß ich mir ein Augenhöhlen-Hämatom derartigen Ausmaßes zugezogen habe«, gab er zu. »Ich habe mir jedoch, sollte mich jemand nach der Ursache dieser Verletzung befragen, bereits eine höchst sinnvolle Ausrede zurechtgelegt.«
    »Habe mir für heute abend ein rohes Steak vorgestellt«, teilte ich ihm mit. »Wenn du willst, kannst du deines äußerlich nehmen.«
    Ich hatte meinen Cousin kaum eintreten und aufs Feldbett fallen gehört. Diese Flüge über den Atlantik mit einem Martini alle hundert Meilen sind ja recht schön, aber nachher ist man doch sehr erschöpft, vor allem, wenn man sich von der New Yorker Zeit auf die englische Sommerzeit umstellen muß. Ich hätte wohl anständigerweise im Nachtklub bleiben und alle diese finsteren Vögel in Smoking besänftigen sollen, die bei solchen Gelegenheiten bedachtsam aus den schattigen Winkeln hervorzutreten belieben. Oder ich hätte mein Scheckbuch für den Fall bereithalten sollen, daß Miles gegen Bürgschaft auf freien Fuß gesetzt werden konnte — ich hatte für derlei Gelegenheiten bereits ein gutes Training. Doch

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