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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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»Könnten Sie mich vielleicht dabei ein bißchen beraten?«
    »Na klar, alter Junge. Was wollen Sie wissen?«
    »Wie soll ich den ersten Einschnitt ansetzen?«
    »Von hier bis dort«, erklärte ich ihm, vor den Patienten tretend. »Machen Sie bloß einen recht großen Schlitz.«
    »Ein recht großer Schlitz genügt, ja?«
    »Aber klar, und der Anstaltsarzt soll mit Klammern undsoweiter bereitstehen, um die Blutung zu stillen.«
    »Danke«, nickte der Chirurg. »Darling«, wandte er sich dann an die Operationsschwester, »hast du auch alle richtigen Instrumente bei der Hand?«
    »Hat nicht viel Sinn, jetzt zu beginnen«, wandte der Erste Assistent ein. »Gleich wird der Tee hereingebracht werden.«
    »Habe gegen ein Täßchen Tee nichts einzuwenden«, erklärte der Chirurg.
    »Ich auch nicht«, sagte der Patient und erhob sich vom Operationstisch.
    »Hier wird sowieso eine Pause für eine Werbesendung eingeschaltet«, fügte die Operationsschwester, hinzu.
    »Wiederholung der Probe in fünfzehn Minuten«, ertönte die Stimme des Producers in der Sprechanlage. »Danke für Ihre Beratung, Dr. Grimsdyke.«
    Das war ein Job, der einen in Atem hielt, das muß man sagen. Ein einziger Fehler im Operationssaal, und man bekam ihn noch wochenlang vorgeworfen. Wo sind die Zeiten, da man einen Appendix mit Hilfe einer zerbrochenen Geburtszange und dem Ding, mit dem man ins Trommelfell hineinschaut, entfernte? Heutzutage braucht der Chirurg nur die falsche Catgut-Stärke zu wählen, und die Leute beginnen im Nu entrüstete Briefe zu schreiben. Daher mein Job als technischer Berater bei der Sendung »Ambulanz für jedermann«, die bekanntermaßen die gesamte Nation an den Mittwochabenden von sieben bis halb acht zum Stillstand bringt. Allerdings geht es über meinen Verstand, daß man nach einem schweren Arbeitstag Entspannung findet, indem man in der guten Stube die Beine hochlagert und zusieht, wie Leute unter Strömen von Blut riesige Tumore entfernen.
    »Ich werde ihnen nach der Teepause zeigen, wie man anästhetisiert und Verbände anlegt«, erklärte ich dem Producer. »Muß vorher nur noch einen Sprung in die Garderobe hinunter, um mit jemandem zu sprechen.«
    Ich bahnte meinen Weg durch das Fernsehstudio mit seinen zahllosen bibliotheksmäßig ausstaffierten Arbeitsstätten aus bemalter Pappe, wo sich gewisse Leute über die politische Situation zu verbreiten pflegen. Dann durchquerte ich das danebenliegende Studio, wo man für den »Großen Starrummel« probte, jene Sendung, die bekanntermaßen die gesamte Nation an den Samstagen von halb neun bis neun zum Stillstand bringt.
    »Oh, da kommt der Doktor«, rief eine Stimme, als ich mich zwischen teetrinkenden Mädchen hindurchschlängelte, die mit Straußenfedern bekleidet waren. »Hallo, Doktor! Wie geht’s?«
    »Hallo, Gertrude«, grüßte ich zurück. »Was macht der Rücken?«
    »Gar nicht so schlimm, danke, Schätzchen. Natürlich zwickt’s mich von Zeit zu Zeit. Das machen wahrscheinlich die Jahre. Keiner von uns wird jünger, was? Obwohl wir alle in diesem Geschäft das Gegenteil beweisen wollen. Haben Sie schon die schlimme Nachricht gehört?«
    »Was für eine schlimme Nachricht? War leider weg.«
    »Sie streichen unseren Akt.«
    »Ach nein!« rief ich mitfühlend. »Das hieße ja, die drei Hexen aus >Macbeth< streichen. Will sagen, Rollen der gleichen Bedeutung — «
    »Joan und Cissy telefonieren eben mit unserem Agenten. Ich nehm an, der wird schon einen Wirbel schlagen.«
    »Bestimmt«, tröstete ich sie, »wo doch euer Akt so brillant ist. Wartet nur, was die Leute nach dem ersten Samstag schreiben, wo ihr nicht dabei seid.«
    »Wären Sie nicht gewesen, Doktor, würden wir schon lange nicht mehr in der Show mitgewirkt haben. Alles, was recht ist.«
    »Aber aber«, sagte ich. »Aber aber.«
    Das Nette an meinem Fernseh-Job waren — davon abgesehen, daß ich nur einmal wöchentlich zu arbeiten hatte — all die vergnüglichen Schauspieler und Schauspielerinnen, die ich dabei kennenlernte. Gertie Piggott war eine der Drei Kautschukschwestern, die als Schlangenmenschen auftraten. Ich war eines Abends von der Überwachung einer großen Amputation dringend abberufen worden, als sie im Studio nebenan ihren Hinterkopf nicht mehr von den Fersen losbringen konnte, und hatte mir die ewige Dankbarkeit der drei Schwestern erworben, als ich Gertie auseinanderklaubte, umsomehr, als es bereits gegen Ende der Vorstellung war und sie große Schwierigkeiten gehabt hätten,

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