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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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»Denn ich besitze keine hundert Pfund.«
    »Bevor wir nicht bezahlt worden sind, gehen wir nicht«, beharrte Gertie. »Und, glauben Sie mir, wir haben schon bei einer Reihe gemeiner Direktoren Erfahrungen gesammelt, wie man zu seinem Recht kommt.«
    »Erinnerst du dich noch, was wir in Blackpool taten?« fragte Cissy.
    »Als man die Polizei rufen mußte«, ergänzte Joan.
    »Wenn sich niemand meldet, beginne ich zu schreien«, sagte Dolores.
    »So seid doch vernünftig, um Himmels willen!« mahnte ich. »Ich verspreche euch, daß ihr alle binnen der nächsten vierundzwanzig Stunden bezahlt werdet. Wenn ihr wollt, rufe ich sogar den verdammten Kerl an und erinnere ihn. Doch wenn ihr ihn lieber erpressen wollt«, fügte ich hinzu, »habt ihr meinen Segen.«
    »Ohne Geld gehen wir nicht«, riefen die Kautschukschwestern wie aus einem Mund.
    »Wenn du mit dem Geld Schwierigkeiten machst, Darling«, meldete sich Dolores zu Wort, »möchte ich dir in Erinnerung rufen, daß ich in London etliche sehr muskelstarke Freunde habe.«
    »Also hört mal, ich hab schon mehr als genug Wirbel an diesem einen Abend gehabt«, rief ich; das verdammte Gegacker überstieg meine Geduld. »Wenn die Damen bis zum Jüngsten Gericht in Whortleton bleiben wollen, machen Sie sich’s hier gemütlich. Ich für meine Person ziehe es vor, unterm Pier pennen zu gehen. Gute Nacht!«
    Als ich nach meinem Regenmantel langte, klopfte es an der Tür.
    Der Portier erschien.
    »Entschuldigen Sie die abermalige Störung, Sir. Doch ich habe einen Herrn hier, der Sie dringend sprechen möchte. Sir Lancelot Spratt.«
    »Sir Lancelot — ?«
    »Schon gut, Portier, ich verschaffe mir selber Eintritt, wenn der Junge noch nicht schläft«, drang die vertraute Stimme von draußen herein. »Ah, Grimsdyke, da sind Sie ja — was zum Teufel geht hier vor? Was tun alle diese Leute hier? Halten Sie mir diesen verdammten Hund vom Leib«, fügte er hinzu, das Zimmer mit Frau Direktor Hilda und Anemone betretend.
    »Wer«, fragte Frau Direktor Hilda in die Runde, »sind Sie?«
    »Mrs. Grimsdyke«, antworteten meine vier Besucherinnen.
    »Ich kann alles erklären«, begann ich.
    »Ersparen Sie sich das bitte.«
    »Hören Sie, Grimsdyke, hätte ich gewußt, daß Sie zu diesem Typ gehören, würde ich Sie bestimmt nicht nach New York mitgenommen haben.«
    »Nach New York? Ich dachte, Sie waren in Cheltenham?«
    »Nun ja — äh — nicht ganz Cheltenham.«
    Frau Direktor Hilda wandte sich an Anemone. »Gib ihn mir bitte, Kind.«
    »Was denn, Mammi?«
    »Den Ring, natürlich. Sir Lancelot, würden Sie so liebenswürdig sein, uns zu einem anderen Quartier zu bringen? Und Sie, Dr. Grimsdyke — als ich mir einbildete, Sie hätten bloß vergessen, diese Zimmer abzubestellen, ahnte ich noch nicht das geringste von der Verderbtheit, die sich hinter Ihrem enttäuschend geistlosen Äußeren verbirgt. Komm, Anemone.«
    »Ich möchte am Morgen mit Ihnen sprechen, Grimsdyke«, schloß Sir Lancelot. »Kommen Sie um neun Uhr zum Musikpavillon.«
    Sie entschritten.
    »Sind das jetzt alle, Sir?« fragte der Portier.
    »Ich hoffe es aufrichtig«, erwiderte ich.
    Er seufzte. »Du lieber Gott, Sir, wir haben leider noch eine Menge zu lernen.«
    »Recht haben Sie«, stimmte ich ihm zu.
    Es gelang mir schließlich, die Kautschukschwestern loszuwerden, indem ich ihnen als Akontozahlung einen Scheck auf fünfzig Pfund ausstellte. Dolores verbrachte die Nacht auf Nummer zehn, und ich schlief, zusammen mit dem Hund, in Miles’ Zimmer. Und die verdammten Heringe am Morgen waren sowieso kalt.

21

    Ich war selbstverständlich vollkommen gebrochen. Diese Nacht hatte mein Leben in Trümmer geschlagen. Miles und Connie betrachteten mich nicht mehr als ihren privaten Eheberater, sondern als einen Ausbrecher aus dem Reptilienhaus, der sich im Busen der Familie eingenistet hatte. Und statt mit dem nettesten Mädchen der Welt verlobt zu sein, trug ich bloß Weh in meiner Seele und einen Ring in meiner Tasche, für den ich todsicher nicht mehr als den halben Kaufpreis bekam.
    Ebenso verbitternd war es, bedachte ich auf meiner einsamen Rückreise nach London an diesem Sonntagvormittag, daß niemand an meine Unschuld glaubte. Ich war so schneeweiß, als wäre ich eben von einem jener verflixten Waschmittel reingescheuert worden, die ständig mitten ins Fernsehprogramm hineinplatzen. Und die ganze Welt blieb dabei, mich wie den kleinen Bruder von Jack the Ripper zu behandeln.
    »Ich muß sagen, Grimsdyke, Sie

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