Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
Aufmerksamkeit auf sich, indem sie ein Liedchen anstimmte.
    Bei Gott, in den alten Spitalstagen pflegte ich beim Singen meinen Mann zu stellen, besonders spät-nachts, wenn alle Mädel verschwunden waren und wir Burschen uns mit etlichen unserer munteren alten Lieblingsweisen gehen lassen konnten. Aber die reifen klinischen Songs rund um das Bierfaß klangen, mit dem Repertoire unserer kleinen Mitfahrerinnen verglichen, wie Gesänge der Heilsarmee. Nach einem Weilchen hielt der Chauffeur an und erklärte, er sei zwar ein verheirateter Mann mit Kindern, weigere sich aber, weiterzufahren, außer sie dämpften ein bißchen ihre Stimmen. Zum Glück wurde dann drei Mädchen gleichzeitig übel, und dies drosselte die übrigens bis zu dem Augenblick, da wir den Dünen des
    Südens entgegenfuhren und Whortleton vor uns liegen sahen — einen Haufen rauchender Bruchsteine neben dem funkelnden Meer.
    »Unser liebes altes Whortleton«, bemerkte Squiffy, der sich langsam von seiner Haschischdosis erholte. »Richtig nett.«
    »In dieser Entfernung spürt man noch nichts vom Gestank der Abfälle und der Kloake«, erinnerte ich ihn. »Von den Juke-Boxes und den Touristen gar nicht zu reden, die unter wildem Gekreische auf der Berg- und Talbahn fahren.«
    Das Ferienlager war außerhalb des Ortes auf einem dem Meer abgewonnenen Müllabladeplatz errichtet worden und sah wie jedes andere Ferienlager in den bekannten Sommerprospekten aus — mit dem Lukullus-Speisesaal, dem Mittelmeer-Schwimmbecken, dem Twist-Parkett, der »Gemütlichen Stube« für ältliche Pärchen, mit seinen Reihen roter und gelber Sommerhäuschen und seinen Betreuern, die herumgingen und den Gästen auf den Rücken klopften, um ihnen einzubleuen, daß sie sich wohlfühlten.
    Wir hielten vor einem Tor im hohen Drahtgitter, von dem Plakate die Neuigkeit ausposaunten, daß Basil Beauchamp am Samstag höchstpersönlich das Lager mit seinem Besuch beehren würde. Unsere Taschen-Amazonen, die sich raschest von ihrem Übelsein erholten, stürmten kreischend durch die beiseitegestoßenen Torflügel auf die gelb-roten Häuschen los, sichtlich auf Männerjagd.
    »Ist dies das einzige Tor?« fragte ich den Wächter.
    »Jawohl, Kamerad.«
    »Falls eine von meinen kleinen Freundinnen herauszuschlüpfen versucht, traktieren Sie sie mit Ihrer Feuerspritze. Komm, Squiffy. Nach diesen Marihuanagenüssen möchte ich ein bißchen der Ruhe pflegen.«
    Squiffy und ich fanden unser Häuschen, doch kaum Zeit, die Betten zu prüfen und uns den Kopf darüber zu zerbrechen, wer hier einen schwarzen Büstenhalter und ein Paar braune Stiefel zurückgelassen hatte; denn schon klopfte es an der Türe und es erschien ein militärisch aussehender Bursche in einem blauen Blazer.
    »Dr. Grimsdyke? Ich bin der Lagerkommandant.«
    »Oh, guten Tag... Sir.«
    »Hören Sie, so geht das nicht. Ich meine diese Gesellschaft, die Sie von London hergebracht haben. Die Mädel haben bereits die Tudor-Bar in Trümmer geschlagen und den Fisch-Grill umgestürzt; jetzt jagen sie hinter einer Schar junger Männer auf dem Mickey-Mouse-Golfplatz her. Außerdem«, fügte er hinzu, »hat sich eine von ihnen ins Schwimmbecken übergeben.«
    »Schön«, sagte ich erschöpft. »Ich will mein möglichstes tun. Beginnen wir am besten gleich mit der kleinen Speierin«, schlug ich vor; ich wollte das Ganze von der ärztlichen Seite angehen.
    Die Patientin am Schwimmbecken entpuppte sich als Lady Chatterleys Freundin, das Mädchen mit der Akne.
    »Mir is plötzlich übel geworden«, erklärte sie.
    »Warum zum Teufel kann’s dir nicht wie allen andern am richtigen Örtchen übel werden?«
    »Richtig elend is mir.«
    »Das glaub ich dir gerne. Nach so viel Gin zur Mittagszeit.«
    »Es juckt mich am ganzen Körper.«
    Ich sah sie mir genauer an.
    »Wie viele von diesen Flecken sind Dauererscheinungen?« fragte ich.
    »Waaas?«
    Ich wandte mich an den Kommandanten. »Haben Sie vielleicht ein Lagerlazarett hier? Mit Isolierstation?«
    »Selbstverständlich haben wir das, Doktor, hier ist für alles vorgesorgt. Gegen Ende der Saison wird sie öfters in Anspruch genommen.«
    »Ich meine: richtig isoliert? Mit Drahtverhau umgeben? Sehr gut. Und wie steht’s mit Pflegepersonal?«
    »Wir sind in der glücklichen Lage, über zwei ehemalige Krankenschwestern des Sanitätskorps zu verfügen.«
    »Und unter Ihren Rückenklopfern befinden sich doch hoffentlich ein bis zwei kräftige Burschen? Exsoldaten einer Kommandotruppe? Ringer auf

Weitere Kostenlose Bücher