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Doktor Pascal - 20

Doktor Pascal - 20

Titel: Doktor Pascal - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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eines aus seinem Gleichgewicht geworfenen großen Malers; er lebte in dem ohnmächtigen Wahn, er müsse das Meisterwerk schaffen, das er in sich fühlte, ohne daß seine ungehorsamen Finger es zu gestalten vermochten – ein gewaltiger Streiter, der immer wieder zu Boden geschmettert wurde, ein gekreuzigter Märtyrer des Werkes, der das Weib anbetete und sein Weib Christine, die innig Liebende und einen Augenblick lang innig Geliebte, dem unerschaffenen Weibe zum Opfer brachte, das ihm als göttliche Gestalt vorschwebte und das sein Pinsel nicht in seiner erhabenen Nacktheit darzustellen vermochte. Verzehrende Leidenschaft des Gebärens, unstillbarer Schöpfungsdrang trieben ihn, da er sie nicht befriedigen konnte, in so grauenvolle Verzweiflung, daß er sich schließlich erhängte. Jacques trug das Verbrechen in sich, die erbliche Belastung, die sich in eine triebhafte Gier nach jungem frischem Blut verwandelte, das aus der offenen Brust einer Frau floß, der ersten besten, die auf der Straße vorüberging – ein abscheuliches Übel, gegen das er ankämpfte, das ihn wieder packte während seines Liebesverhältnisses mit Severine, der Unterwürfigen, der Sinnlichen, die selber im ständigen Schauer einer tragischen Mordgeschichte lebte und die er eines Abends während eines Anfalls erdolchte, rasend beim Anblick ihres weißen Busens. Diese tierische Wildheit galoppierte mit den Eisenbahnzügen, die in großer Geschwindigkeit dahinjagten, im Grollen der Maschine, die er bestieg, der geliebten Maschine, die ihn eines Tages zermalmen sollte und dann entfesselt, führerlos, den unbekannten Katastrophen am Horizont entgegenraste. Etienne seinerseits, gejagt, verloren, kam in einer eisigen Märznacht in das schwarze Land, stieg hinab in den gefräßigen Schacht, liebte die traurige Catherine, die ein Rohling ihm stahl, lebte mit den Grubenarbeitern ihr trübseliges Leben des Elends und der gemeinen Unzucht bis zu dem Tage, da der Hunger, der die Empörung entfachte, über die kahle Ebene das brüllende Volk der Elenden trieb, das nach Brot schrie inmitten der Zerstörungen und Feuersbrünste, unter der Drohung der Truppe, deren Gewehre von selber losgingen. Schreckliche Zuckungen, die das Ende einer Welt ankündigten, rächendes Blut der Maheus, das sich später erheben würde: Alzire, die Hungers starb, Maheu, der von einer Kugel getötet wurde, Zacharie, der durch eine Schlagwetterexplosion umkam, Catherine, die unter der Erde blieb, die Maheude, die als einzige überlebte, ihre Toten beweinte und wieder in die Tiefe des Schachts hinabstieg, um ihre dreißig Sous zu verdienen, während Etienne, der geschlagene Anführer des Haufens, verfolgt von dem Gedanken an die künftigen Forderungen, an einem lauen Aprilmorgen von dannen zog, auf das dumpfe Drängen der neuen Welt horchend, deren Keimen bald die Erde sprengen würde. Nana wurde jetzt die Vergeltung, das auf dem sozialen Misthaufen der Vorstädte aufgewachsene Mädchen, die goldene Fliege, die aus der Fäulnis unten, die man duldet und verbirgt, aufgeflogen war, die im Schwirren ihrer Flügel den Gärungsstoff der Zerstörung mit sich nahm, nach oben stieg und die Aristokratie zum Faulen brachte; durch die Fenster in die Paläste eingedrungen, ließ sie sich auf den Männern nieder und vergiftete sie, vollbrachte ein ganzes unbewußtes Werk der Zerstörung und des Todes: der stoische Flammentod Vandeuvres˜, die Schwermut Foucarmonts, der die Meere Chinas befuhr, der Ruin Steiners, der hinfort als ehrbarer Mann leben mußte, die befriedigte Dummheit von La Faloise, der tragische Zusammenbruch der Muffats und der weiße Leichnam Georges˜, an dem Philippe, tags zuvor aus dem Gefängnis gekommen, die Totenwache hielt. Sie war ein solcher Bazillus in der verpesteten Luft dieser Zeit, daß sie selber in Fäulnis überging und an den schwarzen Blattern verendete, die sie sich am Totenbette ihres Sohnes Louiset geholt hatte, während unter ihren Fenstern Paris vorüberzog, das sich trunken, von wahnsinniger Kriegsleidenschaft ergriffen, in den allgemeinen Zusammenbruch stürzte. Schließlich war da Jean Macquart, der Arbeiter und wieder zum Bauern gewordene Soldat, der mit der harten Erde rang, die sich jedes Getreidekorn mit einem Schweißtropfen bezahlen läßt, und den schwierigsten Kampf mit dem Landvolk führte, in dem die heftige Begierde nach dem schwer und mühevoll zu erobernden Boden das brennende, unaufhörlich aufgestachelte Verlangen nach Besitz hervorruft;

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