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Doktor Pascal - 20

Doktor Pascal - 20

Titel: Doktor Pascal - 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Geschäftslebens zugrunde, pflanzte mitten in das fiebernde Paris den gewaltigen Palast der Versuchung, der von Kronleuchtern erstrahlte, von Samt, Seide und Spitzen überquoll, erwarb ein königliches Vermögen, indem er den Frauen das Geld aus der Tasche zog, lebte in lächelnder Verachtung des Weibes bis zu dem Tage, da ein kleines Mädchen, die einfache, kluge Denise, zur Rächerin wurde, ihn bezwang und ihn zu ihren Füßen schmachten ließ; er war außer sich vor Leiden, solange Denise, die so arm war, ihm nicht die Gnade erwies, ihn zu heiraten inmitten der Apotheose seines Louvre, unter dem prasselnden Goldregen der Einnahmen. Blieben noch die beiden anderen Kinder, Serge Mouret und Desiree Mouret – Desiree unschuldig und gesund wie ein glückliches junges Tier, Serge überfeinert und voll Mystik, in den Priesterstand hineingeraten infolge einer nervösen Störung seiner Familie. Serge erlebte von neuem die alte Geschichte Adams in dem legendären Paradou; er wurde wiedergeboren, um Albine zu lieben, zu besitzen und zu verlieren inmitten der mitschuldigen gewaltigen Natur; er wurde sodann von der Kirche, vom ewigen Kampf gegen das Leben wieder eingefangen, rang um die Abtötung seines Geschlechts, warf auf den Leib der toten Albine die Handvoll Erde des Priesters zu derselben Stunde, da Desiree, die brüderliche Freundin der Tiere, inmitten der warmen Fruchtbarkeit ihres Wirtschaftshofes vor Freude jubelte. Dann öffnete sich der Ausblick auf ein sanftes und tragisches Leben: Helene Mouret lebte friedlich mit ihrem Töchterchen Jeanne auf den Höhen von Passy, die Paris beherrschen, jenen grenzenlosen und grundlosen menschlichen Ozean, vor dem sich jene schmerzliche Geschichte abspielte – Hélènes plötzlich aufwallende Leidenschaft für einen Fremden, einen Arzt, den der Zufall eines Nachts an das Bett ihrer Tochter geführt hatte, die krankhafte Eifersucht Jeannes, die instinktive Eifersucht einer Liebenden, die ihre Mutter der Liebe streitig machte und von Liebesschmerz schon so zerrüttet war, daß sie an der Verfehlung ihrer Mutter starb; welch schrecklicher Preis für eine Stunde der Begierde in einem ehrbaren Leben – arme liebe kleine Tote, allein dort oben zurückgeblieben unter den Zypressen des stummen Friedhofs im Angesicht des ewigen Paris. Der Bastardzweig begann frisch und kräftig mit Lisa Macquart, die ihre strotzende Gesundheit zur Schau stellte, wenn sie auf der Schwelle ihres Fleischerladens in weißer Schürze den Zentralmarkthallen zulächelte, wo der Hunger eines Volkes grollte, wo der uralte Kampf zwischen den Fetten und den Mageren tobte. Die fetten Fischhändlerinnen, die fetten Krämerinnen verabscheuten und hetzten den mageren Florent, Lisas Schwager, und sie selber, die fette Fleischersfrau, absolut redlich, doch ohne Mitleid, ließ den aus der Verbannung geflohenen Republikaner verhaften, überzeugt, daß sie so für das Wohlbefinden aller ehrbaren Leute wirkte. Diese Mutter gebar das gesündeste, das menschlichste Mädchen, Pauline Quenu, ausgeglichen, vernünftig, jungfräulich; sie kannte und bejahte das Leben; ihre Liebe zu den anderen war so leidenschaftlich, daß sie trotz des Aufbegehrens ihrer fruchtbaren jungen Weiblichkeit einer Freundin ihren Verlobten Lazare überließ, dann das Kind aus der zerrütteten Ehe rettete und seine wirkliche Mutter wurde – stets geopfert, um ihr Vermögen gebracht, triumphierend und fröhlich in ihrem eintönigen, abgeschiedenen Winkel im Angesicht des gewaltigen Meeres, inmitten einer ganz kleinen Welt von Leidenden, die ihren Schmerz herausbrüllten und nicht sterben wollten. Und Gervaise Macquart kam mit ihren vier Kindern, die hinkende, hübsche, arbeitsame Gervaise, die ihr Geliebter Lantier auf die Straßen der Vororte getrieben hatte, wo sie dem Bauklempner Coupeau begegnete, dem guten Arbeiter, der kein Saufbruder war und den sie heiratete. Sie war so glücklich zunächst, hatte drei Arbeiterinnen in ihrer Wäscherei, aber dann versank sie mit ihrem Mann in der unvermeidlichen Verkommenheit des Milieus – er, indem er sich nach und nach dem Alkohol ergab, ihm bis zur Tobsucht und bis zum Tode verfiel; sie selber, verdorben, zur Nichtstuerin geworden, vollends zugrunde gerichtet durch die Rückkehr Lantiers, lebte in der friedlichen Schande einer Ehe zu dritt, nunmehr erbarmungswürdiges Opfer des mitverschworenen Elends, an dem sie eines Abends mit leerem Magen starb. Ihr Ältester, Claude, besaß das schmerzensreiche Genie

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