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Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Titel: Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesboe
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fragte Lise und spürte das wohlige Kribbeln der Spannung, das immer dann kam, wenn ein Abenteuer richtig abenteuerlich wurde – oder kurz davor.
    »Er hat geschlafen«, sagte Bulle und nahm ihr die Skistöcke ab.
    »Was?«
    »Er hat geschlafen. Er hat sich ein Bad eingelassen, sich ausgezogen, ist ins Wasser gestiegen und eingeschlafen.«
    »Heißt das, dass er noch immer in der Badewanne liegt?«
    »Ich habe noch nie jemanden so lange baden sehen – und schlafen«, sagte Bulle. »Das war garantiert die langweiligste Standardspionage der Welt. Und die kälteste.«
    »Verstehe«, sagte Lise etwas enttäuscht darüber, dass es doch nicht so abenteuerlich gewesen war. »Und jetzt?«
    »Wachablösung. Jetzt passt Perry auf ihn auf, aber ich habe ihm gesagt, dass du ihn bald ablöst.«
    »Ich soll einen Mann ausspionieren, der in der Badewanne schläft?«
    »Komm«, sagte Bulle. »Es ist nicht weit. Stell dich hinten auf meine Skier.«
    Und da dachte Lise, dass dieses Abenteuer vielleicht, ganz vielleicht, doch noch abenteuerlich werden könnte, wenn sie ein wenig nachhalf. Sie stellte ihre Stiefel hinter Bulles, hielt sich an seinen Schultern fest und sagte: »Los!«
    Und damit stakte Bulle los, sodass das Eis unter ihnen knirschte.
    Sie waren in eine stille Wohnstraße gekommen. Der Mond schien auf das kleine Steinhaus, vor dem Bulle angehalten hatte. Weder Autos noch Menschen waren zu hören oder zu sehen. Es war alles vollkommen still.
    »Hier?«, fragte Lise.
    »Ja«, sagte Bulle, schob sie vorsichtig bis zum Gartentor und legte einen Finger an den Pfosten.
    »Komm ins Warme, Kamerad!«, sagte Bulle.
    Im Licht des Mondes sah Lise, wie Perry über Bulles Hand und Arm bis unter seine Mütze krabbelte.
    Bulle wollte gerade das Gartentor öffnen, als seine Hand plötzlich verharrte.
    »Er ist wieder nach draußen gegangen«, sagte Bulle.
    »Wie …?«, begann Lise.
    »Perry hat das hier gesponnen, bevor ich gegangen bin«, sagte Bulle und zeigte auf ein Spinnennetz zwischen den Torpfosten. Es war zerrissen und hing schlaff herab.
    »Da ist vor Kurzem jemand rausgegangen«, sagte Lise. »Aber wohin?«
    Als Antwort auf ihre Frage hörten sie plötzlich das Jammern eines Anlassers, bevor ein wohlbekannter Motor zu husten und röcheln begann.
    »Schnell!«, rief Bulle. »Stell dich wieder auf meine Ski!«
    Als sie über die Straße glitten, sahen sie den grünen Kombi aus der Einfahrt biegen und Abgase spuckend in Richtung der nächsten Kreuzung fahren.
    »Ich habe längere Arme«, sagte Lise und schnappte Bulle die Stöcke aus den Händen. Sie stocherte nach Leibeskräften und sie wurden immer schneller. Aber das Auto von Galvanius war bereits über die Kreuzung gefahren und entfernte sich immer mehr.
    »Schneller!«, schrie Bulle. »Wir verlieren ihn!«
    »Schneller geht’s nicht!«, keuchte Lise und stocherte weiter. »Wir müssen aufgeben.«
    »Nein, nein!«, rief Bulle. »Dahinten kommt eine Ampel. Wenn es rot wird, können wir ihn noch kriegen!«
    »Sein Vorsprung ist zu groß, Bulle.«
    »Ach ja?«, sagte Bulle und durchwühlte seine Jackentaschen. »Hier! Nimm den Rest!«
    Er hielt Lise die Tüte mit Doktor Proktors Pupspulver hin.
    »Niemals!«, sagte sie. »Mädchen pupsen nicht!«
    »Du musst! Der Weltuntergang und so!«
    »Nein, ich habe Nein gesagt! Nimm du es!«
    »Jetzt stell dich nicht so an, Lise. Ich stehe vor dir. Ich blase dich sonst von den Skiern, verstehst du das denn nicht?«
    In Lise brodelte es. Sie hasste Anstellerei, doch noch mehr hasste sie es, wenn jemand behauptete, dass sie sich anstellte.
    »Her damit«, sagte sie, packte die Tüte, legte den Kopf in den Nacken und schüttete den gesamten Inhalt in ihren Mund.
    »Haha!«, rief Bulle und kauerte sich vor Freude zusammen. »Sieben, sechs …
    Weit, weit vor sich, noch vor dem Punkt, zu dem das Auto inzwischen zusammengeschrumpft war, sah Lise ein Licht. Ein grünes Licht. Sie spürte bereits, wie es in ihrem Bauch zu kitzeln begann, zu blubbern.
    »Fünf, vier …«, sagte Bulle.
    Nein, falsch, jetzt war das Licht gelb. In ihrem Bauch hatte sich ein Druck aufgebaut, als hätte sie einen aufgeblasenen Ballon verschluckt.
    »Drei, zwei, eins.«
    Das Licht vor ihnen sprang auf Rot und Lise sah die Bremsleuchten von Galvanius’ Auto aufleuchten. Der Ballon in ihrem Bauch war jetzt nicht bloß aufgeblasen, sondern drohte zu platzen.
    »Halt dich fest«, jubelte Bulle. »Täik-of!«
    Und da krachte es. Lise hatte das Gefühl, ihr Hosenboden

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