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Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang

Titel: Doktor Proktor verhindert den Weltuntergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesboe
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und außerdem wissen sie, dass wir unterwegs sind, um Gegor zu retten. Wir müssen sie irgendwie überlisten. Andere Vorschläge?«
    Jetzt war es so still, dass sie den Sekundenzeiger der Wanduhr ticken hörten. Der dem Ereignis entgegentickte, das unvermeidlich eintreffen würde, wenn ihnen nicht ganz schnell etwas ebenso Geniales wie Elegantes einfiel.
    »Ich glaube, ich hab was«, sagte Lise.
    »Was?«, fragten die anderen im Chor.
    »Wir checken im Hotel ein«, sagte Lise.

25. Kapitel
    Hotel und Der Große Fluchtversuch
    Es war Nacht in Oslo. An dem wolkenlosen Sternenhimmel hing der Mond wie eine milchig gelbe Reispapierlampe. Er schien auf das 20-stöckige Radisson-Hotel neben dem Schlosspark, auf den nicht ganz so hohen Gefängnisturm des Schlosses und auf den großen, glänzenden Apparat, der dicht hinter dem Tor auf dem Festplatz stand und einem Waffeleisen unangenehm ähnlich sah, wenn er auch gut hundertmal größer war. Und er schien auf das Tor zum Hof des Schlosses, das von zwei bärtigen Männern bewacht wurde, die Gardeuniformen und hohe Mützen mit Federbüscheln trugen.
    »Ungjewöhnlich schjöner Himmel, den wir hier in Norwegjen haben«, sagte der mit dem Schnurrbart. »Oder was meinst du Gunnar?«
    »Ich sjage, dass du da verdjammt recht hast, Rolf«, sagte der mit dem Hängebart. »Niemand hat schönere Stjerne als wir.«
    »Es rührt mich immer wieder, dass Gott ausgerechnet uns mit einem so schjönen Himmel beschjenkt hat.«
    »Kjein Wunder, dass die Dänen uns djiesen Himmel klauen wollen.«
    »Ausgjerechnet uns, die wir aus dem Heimatland der Hjelden und Riesen kommen, das ist verdjammt noch mal eine Bjeleidigung! Ich muss sagen, ich freue mich richtig darauf, es djem zu zeigen.«
    »Ich glaube, das heißt djenen, Rolf.«
    »Ja, du hast recht, Gunnar. Und ich freue mich auf die Hinrichtjung morgen früh.«
    »Was dieser Froschtyp jetzt wohl denkt?«, fragte Gunnar mit dem Hängebart. Sie blickten beide zum Gefängnisturm hinüber, dessen dunkle Silhouette sich vor dem Sternenhimmel abzeichnete.
    »Merkwürdig«, sagte der Hängebart und stampfte mit den Füßen auf. »Mir war doch gerade verdjammt noch mal so, als hättje ich da oben am Himmel einen kleinen Jungen hängen sehen.«
    »Ha, ha«, sagte der Schnurrbart.
    Bulle stand reglos da und versuchte, das Gleichgewicht zu wahren. Er war erstarrt, als die beiden Wachen plötzlich nach oben schauten. Hatten sie ihn gesehen? Hoffentlich nicht.
    Er spürte das Zittern des straffen, beinahe unsichtbaren Spinnfadens unter den Balanceschuhen und drehte sich vorsichtig nach hinten Richtung des Radisson-Hotels. Sein Blick ging zum Zimmer 1146, wo der Faden im Fensterspalt verschwand und an der Minibar befestigt war. In dem dunklen Fensterrahmen erkannte er die Silhouetten von Lise, Doktor Proktor und Frau Strobe. Er drehte sich wieder nach vorn und sah hinüber zum Gefängnisturm. Oben in der Höhe war der Wind immer viel stärker, als man unten am Boden vermutete. Doch an diesem Abend war der Wind ihr Verbündeter. Sie waren vor zwanzig Minuten alle fünf in das Hotel gegangen und hatten um ein Zimmer möglichst weit oben mit Blick auf das Schloss gebeten. Glücklicherweise war Zimmer 1146 nicht belegt gewesen. Sie hatten die Schlüsselkarte bekommen und waren mit dem Aufzug in die elfte Etage gefahren, von wo aus sie Lises Plan in die Tat umgesetzt hatten. Lise hatte nämlich gelesen, dass Spinnen, wenn sie einmal weiter verreisen wollten, ihr eigenes Segel aus Spinnweben spannen und damit auf dem Wind davontrieben. Frau Strobe hatte genickt und gesagt, dass das wirklich so sei. Und genau das hatte Perry dann getan. Nachdem Doktor Proktor sich erst versichert hatte, dass der Wind richtig stand, hatte die kleine, kluge Spinne sich einen Drachen gesponnen, ihn mit einem Spinnfaden an der Minibar befestigt und war aus dem Fenster gesprungen. Und statt elf Etagen tiefer auf der Straße als Spinnenmarmelade zu enden, war Perry mit einem leisen Hick im nächtlichen Dunkel in Richtung Schlosspark davongesegelt.
    Nach gut zehn Minuten hatten sie endlich das Signal empfangen. Ein dreifaches Zittern des Spinnfadens hatte ihnen angezeigt, dass Perry es auf den Gefängnisturm geschafft und den Faden befestigt hatte.
    Jetzt war Bulle an der Reihe. Denn natürlich war es Bulles Job, dort hinüberzubalancieren. Wer außer ihm hätte das tun sollen? Dieses Mal hatten die anderen allerdings erst Ruhe gegeben, als er mit dem Argument kam, dass er der Einzige von

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