Dokument1
Geschwindigkeit von fünf Meilen pro Stunde zwischen dem Kran mit dem Elektromagneten und der Schrottpresse hin- und hergebummelt. Ja, stundenlang im Kreis gefahren. Und als Darnell ihn eines Abends darauf ansprach, hatte Arnie ihm gesagt, er wollte nur feststellen, ob die Räder an der Vorderachse flatterten. Aber der Junge war ein schlechter Lügner. Niemand hat bei einer Geschwindigkeit von fünf Meilen je feststellen können, ob die Räder flatterten.
Das war es, was Cunningham machte, wenn alle anderen nach Hause gegangen Waren. Das war seine Nachtarbeit gewesen: über den Schrottplatz spazierenzufahren mit rostzerfressenen Reflektoren und einem Wackelkontakt in beiden Scheinwerfern.
Dann war da noch dieser Meilenzähler in dem Plymouth, der rückwärts lief. Cunningham hatte ihn mit einem kleinen listigen Lächeln auf diese Merkwürdigkeit hingewiesen. Der Tacho lief extrem schnell rückwärts. Arnie hatte ihm gesagt, daß er ungefähr fünf Meilen für jede tatsächliche abzog. Will war ziemlich verblüfft gewesen. Im Gebrauchtwagengeschäft kam es schon mal vor, daß der Meilenzähler zurückgeschraubt wurde, er selbst hatte ein paar alte Schlitten auf diese Weise
»verjüngt« (zu den »Verjüngungsmitteln« gehörte zum Beispiel Sägemehl, mit dem man das Todesröcheln im Überset-zungsgetriebe unterdrücken konnte, und Hafermehl, das in den todkranken Kühler geschüttet wurde, um während der Probefahrt die leckenden Stellen abzudichten), aber von einem Meilenzähler, der von allein verkehrt herumlief, hatte er noch nie etwas gehört. Er hätte das für unmöglich gehalten. Arnie hatte nur komisch gelächelt und es als Pfuscharbeit im Werk bezeichnet.
Pfusch, dachte Will, das ist es bestimmt.
Und diese beiden Gedanken prallten jetzt zusammen und rollten in entgegengesetzter Richtung davon.
Junge, das ist aber ein hübscher Wagen, was? Im Handumdrehen war er wieder hergerichtet. Als könnte er zaubern.
Will glaubte weder an den Weihnachtsmann noch an die gute Fee; aber er war absolut bereit, anzuerkennen, daß es seltsame Dinge auf der Welt gab. Ein praktischer Mann rechnete damit und nützte es sogar aus, falls er das konnte. Ein Freund von Will, der in Los Angeles lebte, behauptete, ihm sei vor dem großen Erdbeben des Jahres ‘67 der Geist seiner Frau erschienen, und Will hatte keinerlei Anlaß, die Wahrheit dieser Behauptung anzuzweifeln (aber er hätte seinem Freund kein Wort geglaubt, wenn er irgendeinen Vorteil daraus gezogen hätte). Quent Youngerman, ebenfalls ein Freund von ihm, hatte behauptet, sein Vater, schon viele Jahre tot, habe eines Abends am Fußende seines Krankenhausbetts gestanden, nachdem er aus der Höhe des dritten Stockwerks vom Gerüst gefallen war. Jetzt noch nicht, Quentin, habe sein Vater damals gesagt. Du mußt noch zwölf Jahre warten, bis du deine Freiheit bekommst. Und Quent hatte diesen schrecklichen Unfall tatsächlich überlebt, obwohl er von diesem Tag an mit einer Stahlplatte im Schädel herumlief bis zu seinem Herztod zwölf Jahre später in einem Aufzug der Pittsburgher Liberty Versicherung.
Will hatte in seinem Leben schon eine Reihe solcher Geschichten gehört, wie vermutlich viele andere Leute auch.
Und er pflegte sie, wie das vermutlich die meisten nachdenkli-chen Menschen tun, unvoreingenommen in seinem Gedächtnis aufzubewahren - ausgenommen die Fälle, bei denen er genau wußte, daß der Erzähler ein Verrückter war. Er war unvoreingenommen, weil niemand wußte, woher die Menschen kamen, wenn sie das Licht der Welt erblickten, und niemand wußte, wohin die Menschen gingen, wenn sie starben, und auch die Unitarier und die wiedergeborenen Jesus-Rufer und Scientologen konnten Will nicht vom Gegenteil überzeugen. Daß es Leute gab, die sich bei diesem Thema so ereiferten, bedeutete noch lange nicht, daß sie etwas wußten.
Will war unvoreingenommen, weil ihm noch nichts Unerklärliches begegnet war.
Aber vielleicht geschah etwas gerade jetzt…
November: Repperton und seine guten Freunde machten auf dem Parkplatz am Flughafen Kleinholz aus Cunninghams Wagen. Als der Schlitten mit dem Abschleppwagen in die Werkstatthalle gebracht wird, sieht er aus, als wäre der Schneemensch darauf herumgetrampelt. Darnell sieht ihn und denkt sich: Der Schlitten wird nie mehr fahren. Der ist erledigt. Der fährt keinen Meter mehr.
Dezember: Der junge Welch wird auf dem JFK-Drive überfahren, und ein Detektiv von der Staatspolizei schnüffelt herum. Junkins. Er
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