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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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und quollen ihr aus den Höhlen. Ihre Lippen bildeten das Wort nein, obwohl sie keinen Ton herausbrachte.
    »Steig ein«, sagte ich leise, als könnte Christine uns belauschen. Und wer weiß - vielleicht konnte sie uns tatsächlich hören? »Steig ein und setz dich auf den Beifahrersitz. Du mußt das Gaspedal bedienen, während ich mit meinem rechten Fuß die Kupplung trete.«
    »Nein…« Diesmal wurde es ein zischendes Flüstern. Ihr Atem kam mit pfeifenden, kleinen Stößen. »Nein… nein…«
    Das Wrack dort drüben bibberte. Etwas so Gespenstisches, so unheimlich Schreckliches habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Es bewegte sich mit leisen Zuckungen wie ein Tier, das nicht… ganz… tot ist. Metall schlug nervös gegen Metall. Eine Spurstange klapperte Jazz-Rhythmen gegen ihre Verbindungsbolzen. Und während ich dieses Teil beobachtete, richtete sich ein Splint, der daneben auf dem Boden lag, plötzlich auf, machte ein paar Überschläge und landete dann mitten in dem Wrack.
    »Steig ein«, sagte ich.
    »Dennis, ich kann nicht.« Ihre Lippen zuckten hilflos. »Ich kann… nicht mehr… dieser Tote… das war Arnies Vater. Ich kann nicht mehr, bitte…«
    »Du mußt«, sagte ich.
    Sie blickte mich an, starrte mit angstgeweiteten Augen zurück auf die obszön bibbernden Überreste dieser alten Hure, die LeBay und Arnie sich geteilt hatten, und dann lief Leigh um den Kühler von Petunia herum. Ein verbeultes Stück Chrom stellte sich hoch und schnitt mit einer scharfen Kante tief in ihren Fuß hinein. Sie schrie und lief weiter. Sie kletterte in das Führerhaus und schob zu mir. »Wa-was muß ich tun?«
    Ich hing halb draußen, hielt mich mit einer Hand am Dach fest und drückte mit dem rechten Fuß das Kupplungspedal nieder. Petunias Motor lief noch. »Du brauchst nur dort aufs Gaspedal zu treten und es auf halber Höhe festzuhalten«, sagte ich. »Egal, was passiert, du nimmst den Fuß nicht weg.«
    Ich hielt mich mit der linken Hand am Dach fest und lenkte mit der rechten, und dann ließ ich das Kupplungspedal langsam kommen. Der Tankwagen rollte los, krachte in das Wrack, zerschmetterte es, zertrampelte es. Und in meinem Kopf schien ich wieder einen Wutschrei zu hören.
    Leigh griff sich mit beiden Händen an die Ohren. »Ich kann nicht, Dennis! Ich kann nicht mehr! Es… es schreit!«
    »Du mußt durchhalten«, sagte ich. Sie hatte den Fuß vom Gaspedal genommen, und nun konnte ich auf- und abschwel-lende Sirenengeräusche hören. Ich packte sie bei der Schulter, und ein glühender Schmerz zuckte wie ein Blitz durch mein Bein. »Leigh, du mußt weiter Gas geben.«
    »Es hat mich angeschrien!«
    »Die Zeit wird knapp, und wir sind noch nicht fertig. Nur noch ein bißchen.«
    »Ich versuche es«, flüsterte sie und stellte den Fuß wieder auf das Gaspedal.

    Ich schaltete in den Rückwärtsgang. Petunia rollte sechs Meter zurück. Ich kuppelte das Getriebe aus, schob den ersten Gang ein… und Leigh schrie plötzlich ganz laut:
    »Dennis, nein! Nicht! Schau doch nur!«
    Die Mutter und das kleine Mädchen, Veronica und Rita, standen vor dem zerschmetterten und zerbeulten Wrack von Christine. Sie hielten sich bei der Hand und schauten uns mit ernsten und betrübten Gesichtern an.
    »Sie sind nicht wirklich da«, sagte ich. »Und wenn sie es wären, ist es höchste Zeit, daß sie dorthin zurückkehren« -
    wieder dieser stechende Schmerz in meinem Bein, und die Welt wurde grau - »daß sie zurückkehren, wohin sie gehö-
    ren. Laß den Fuß stehen.«
    Ich ließ die Kupplung los, und Petunia rollte wieder nach vorn, beschleunigte, fuhr auf die beiden Gestalten zu. Sie verschwanden nicht, wie es die Geister im Fernsehen zu tun pflegen - sie schienen in alle Richtungen zu strömen; leuchtende Farben, die dann zu verwaschenen Pink- und Blautö-
    nen verblaßten… und dann waren sie völlig verschwunden.
    Wir prallten wieder gegen das Wrack von Christine, wirbelten durcheinander, was davon noch übrig war. Metall kreischte und barst.
    »Nicht wirklich«, flüsterte Leigh. »Nicht wirklich da.
    Okay. Okay, Dennis.«
    Ihre Stimme kam von weit her, aus einem dunklen Korridor heraus. Ich packte die Schaltstange und zog sie nach hinten. Wir rollten im Rückwärtsgang zurück. Dann wieder im Vorwärtsgang. Wir überfuhren es; wir überfuhren es wieder. Wie oft? Ich weiß es nicht. Wir krachten immer wieder hinein, und jedesmal raste der Schmerz durch mein Bein, und jedesmal wurde die Welt ein bißchen

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