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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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vereinfacht die Dinge.« Er blickte hinüber zur Sakristei, wo Leigh mit meinen Eltern stand. Sie unterhielt sich mit meiner Mutter, blickte aber immer wieder zu mir herüber.
    »Ein hübsches Mädchen«, sagte er. Er hatte mir das schon einmal gesagt, im Krankenhaus.
    »Ich werde sie eines Tages heiraten«, sagte ich.
    »Würde mich nicht wundern«, erwiderte Mercer. »Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du den Mut eines Tigers besitzt?«
    »Ich glaube, Coach Puffer sagte mal so etwas«, sagte ich.
    Er lachte. »Bist du bereit? Du hast lange genug hier gesessen.
    Laß es gut sein.«
    »Leichter gesagt, als getan.«
    Er nickte. »Ja, da hast du wohl recht.«
    »Darf ich Sie noch etwas fragen?« erwiderte ich. »Ich muß es wissen.«
    »Wenn ich dir die Frage beantworten kann - gern.«
    »Was haben Sie…« ich mußte schlucken, ehe ich mit meiner Frage fortfahren konnte: »Was haben Sie mit den… den Überresten gemacht?«
    »Nun, darum habe ich mich persönlich gekümmert«, erwiderte Mercer. Seine Stimme klang unbeschwert, fast scherzend, aber sein Gesicht sah sehr, sehr ernst dabei aus. »Ich habe zwei Beamte von der Ortspolizei damit beauftragt, alle Überreste durch die Schrottpresse auf Darnells Autofriedhof zu jagen. Am Ende kam ein solcher Würfel heraus.« Er zeigte mir seine Größe an, indem er die Hände ungefähr einen halben Meter auseinanderhielt. »Einer der Beamten hat sich dabei eine Schnittwunde geholt. Sie mußte genäht werden.«
    Mercer lächelte plötzlich - es war das bitterste, kälteste Lächeln, das ich je in meinem Leben gesehen hatte.

    »Er behauptete, das Ding habe ihn gebissen.«
    Dann schob er mich durch den Kreuzgang zurück zur Sakristei, wo meine Familie und mein Mädchen mich erwarteten.
    So, das ist meine Geschichte. Bis auf meine Träume.
    Ich bin inzwischen vier Jahre älter geworden, und Arnies Gesicht ist für mich eine zunehmend verschwommene Erinnerung, ein vergilbendes Foto in einem alten Familienalbum. Ich hätte nie geglaubt, daß so etwas möglich sei, aber es ist eine Tatsache. Ich habe es irgendwie geschafft, den Schritt vom Jüngling zum Mann - was man auch immer darunter verstehen mag -, meine ich; ich habe ein College-Diplom, auf dem die Tinte noch nicht ganz trocken ist, und ich lehre nun an der High-School Geschichte.
    Ich habe im vergangenen Jahr mein Lehramt angetreten -
    und zwei Schüler in meiner Klasse - beides Typen wie Buddy Repperton - sind älter als ich. Ich bin ledig; aber es gibt ein paar interessante Damen in meinem Leben; und ich denke kaum noch an Arnie.
    Außer in den Träumen.
    Die Träume sind nicht der einzige Grund, weshalb ich das alles niedergeschrieben habe - es gibt noch einen, den ich Ihnen gleich verraten werde -; aber es wäre gelogen, wenn ich behauptete, Träume wären nicht ein wesentlicher Teil dieses Motivs. Vielleicht ist es der Versuch, eine Wunde aufzuste-chen, damit sie sich sauberblutet. Oder vielleicht liegt es auch nur daran, daß ich nicht reich genug bin, mir einen Psychiater zu leisten.
    In einem dieser Träume stehe ich wieder in der Halle, wo das Begräbnisamt gehalten wurde. Die drei Särge stehen auf dem Katafalk, aber der Raum ist leer. Im Traum bin ich wieder auf Krücken, ich stehe hinten nahe der Tür. Ich möchte nicht nach vorn gehen, aber die Krücken bewegen sich von selbst, reißen mich einfach mit. Ich berühre den mittleren Sarg. Er springt auf, und in dem mit Seide ausgekleideten Sarg liegt nicht Arnie, sondern Roland D.LeBay, eine verwesende Leiche in einer Armeeuniform. Und während mich dieser widerlich süße Geruch attackiert, öffnet die Leiche ihre Augen; die schwarzen, mumifizierten Hände, an denen Schleim und Pilze kleben, greifen nach mir und packen mich am Hemd, ehe ich zurück-weichen kann, und LeBay zieht sich an meinem Hemd hoch, bis sein stinkendes, grünlich fluoreszierendes Gesicht nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt ist. Und dann fängt er immer wieder an zu quaken: Ein unübertrefflicher Geruch, nicht wahr? Nichts riecht so gut… außer Pussy… außer Pussy … Ich versuche /u schreien, aber ich kann es nicht, denn LeBays Hände haben sich als stinkender tödlicher Ring um meinen Hals gelegt.
    In dem anderen Traum - und der ist irgendwie noch schlimmer - habe ich gerade meinen Unterricht an der Norton Junior High-School beendet, wo ich als Lehrer angestellt bin. Ich packe meine Bücher ein, verstaue ein Manuskript in der Aktentasche und verlasse den Raum, um die nächste

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