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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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Luftzug, der wer weiß warum entstand und von der Böschung im Norden nach unten drang und sich über den anderen Deponieabschnitten mit Gerüchen anreicherte, sich aufheizte und sich dann wieder, lautlos und langsam, erhob und dem alten Cavasin in die Nase stieg, der am 19. Juli vom Balkon seines Hauses mit seiner Doppelflinte, die er als alter Weidmann besaß, eine Salve in unsere Richtung abfeuerte. Die Entfernung war zu groß, um bei uns irgendwelche Schäden anzurichten. Und, bei dem ganzen Lärm, der bei uns herrschte, hatten wir nicht einmal die Schüsse knallen hören. Wäre nicht der Mannschaftswagen der Carabinieri gewesen, der hin und wieder wegen einer Kontrolle vorbeikam, hätten wir nie etwas davon erfahren. Aber die Schrotkügelchen waren wie leichte Hagelkörner im freien Fall ausgerechnet im Fahrzeug der Gesetzeshüter gelandet und hatten für Aufregung gesorgt, und weil Cavasins Haus das einzige weit und breit war, haben sie zwei und zwei zusammengezählt. Der Alte hat alles abgestritten, obwohl sie ihm die soeben benutzte Waffe beschlagnahmt haben, und er hat die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und gegen meine Wenigkeit Anzeige wegen Geruchsbelästigung erstattet. Dann sind die Carabinieri zu uns gekommen, um uns zu befragen, und wir haben gesagt: Nein, wir haben keinen Schuss gehört; nein, wir haben nicht den Eindruck, dass es eine Belästigung durch Gerüche gibt, aber da ist der Vizebrigadier von einem plötzlich auftretenden Gestanksschwall angeweht worden und beinahe in Ohnmacht gefallen. Daraufhin, so hat der alte Cavasin später behauptet, hätten ihm die Carabinieri sein Gewehr augenblicklich zurückgegeben und ihm geraten, sich näher zu postieren. Doch der Brigadier war ein Freund von Papà und immer auf unserer Seite gewesen. Er hat uns beigestanden und uns die beiden Male, als gemeine Attentate auf uns verübt wurden, deutlich gezeigt, dass das Gesetz auf unserer Seite war. Eines Nachts ist jemand über den Zaun geklettert und an dem bereits mit dem Plastikmonster bedeckten Rand nach unten gerobbt (wenn er auf dem Hintern hinuntergerutscht ist, muss er sich durch die Reibung die Arschbacken verbrannt haben). Drunten angekommen, hat er sich so bewegt, wie es nur einer konnte, der sich dort auskannte. Er hat den Bereich gefunden, wo der Müll ausschließlich aus Abfällen der Textilfabriken bestand, und Feuer gelegt. Ein anonymer Anrufer informierte die Carabinieri, dass die Deponie in Flammen stand. Der Brigadier hat uns mitten in der Nacht angerufen. Ich und die Mamma sind hingerannt, ohne uns überhaupt richtig anzuziehen. Den Feuerschein konnte man schon von Weitem sehen. Gerade trafen unter Sirenengeheul die Löschfahrzeuge der von den Carabinieri verständigten Feuerwehr ein.
    Ich habe die Tore weit aufgerissen und gebrüllt: »Rettet die Deponie!«, während die Löschfahrzeuge auf die Flammen zufuhren, die sie nach einer Stunde Schwerstarbeit unter Kontrolle brachten. Der Gestank und der Qualm waren höllisch. Ich saß vor dem Labor und geriet in Versuchung, einfach alles hinzuschmeißen. Der Chef der Feuerwehrleute hat mich einiges an Papierkram unterschreiben lassen. Rußverschmiert und total verschwitzt, wie er war, hat er mir die Blätter hingehalten und dann, während er sich über die Stirn fuhr, mit der anderen Hand ein Bonbon aus der Tasche seiner Uniformjacke gezogen und das Papierchen auf den Boden fallen lassen. Ich gebe nicht auf!, habe ich mir gesagt. Wir alle stehen an der Front der Zivilisation.
    Das zweite Attentat war eher symbolisch als schädlich. Wir hatten über den Toren eine Telekamera angebracht. Natürlich war sie an nichts angeschlossen, aber wir hatten geglaubt, dass sie zur Abschreckung ausreichte. Eines Morgens haben wir sie von einer Fugenkelle durchbohrt vorgefunden. Seit jenem Tag sahen wir uns einem ständigen Kleinkrieg ausgesetzt.
    Löcher in der äußeren Umzäunung, Lack auf den Toren, Scheißhaufen auf dem Vorplatz, ein auf den Resten der Telekamera aufgespießtes Huhn. Der Brigadier hatte bei Cavasin mehrfach Vorstöße unternommen, aber auch wenn der Verdächtige weitermachte – nachweisen konnte man ihm nichts.
    Dann bin ich persönlich zu dem alten Cavasin gegangen. Er hatte ein Bauernhaus, das er etappenweise renoviert hatte, und zwar immer dann, wenn Geld hereingekommen war. Sein Anwesen: ein Traktor, alt, aber gut erhalten, Arbeitsgeräte, Hühner, Tauben auf dem Dach, ein großer Nussbaum neben dem Haus, eine betonierte Auffahrt,

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