Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
würde, so viel Geld beiseitezulegen, wie er brauchte, um eine richtige psychologische Praxis in Brixen oder eventuell ein kleines Restaurant in Jesolo Pineta zu eröffnen. Es sei denn, er würde jedes Geheimnis der Branche kennenlernen und ein eigenes Detektivbüro eröffnen, vielleicht sogar eines in Treviso. In Treviso alle ehelichen Treuebrüche so kanalisiert, dass sie in seinem Büro landeten, dann höchstens eine Sekretärin oder zwei, natürlich ohne Festanstellung, fünf oder sechs Jahre minuziös untermauerte Beweise, und sein Leben würde sich ändern.
Sicher würde er das nicht ein ganzes Leben lang machen können, ebenso wenig, wie er auch nur ein paar weitere Jahre die strengen Vorhaltungen von Comandante Di Nolfo würde ertragen können, solche von der Art, wie er sie vor ein paar Tagen über sich hatte ergehen lassen müssen:
»Wie weit bist du, Tarfusser?«
»Das ist eine komplizierte Recherche, Comandante.«
»Inwiefern kompliziert? Wie viele Tage wirst du noch brauchen, um diesen Verräter, den kleinen Bianchin, festzunageln?«
»Ich habe ein paar Beweise, aber noch keine entscheidenden …«
»Machst du Spaß? Was soll das heißen: noch nicht entscheidend? Pass auf, Tarfusser, dass ich an deiner Stelle nicht den Petrella einsetze.«
»Aber der ist doch aus Bari …«
»Ja, aber er ist nicht in Bari. Er lebt hier, und wenn er mit der Schichtarbeit im Sicherheitsdienst aufhört, leistet er hervorragende Arbeit als Teilzeitmitarbeiter. Der ist imstande, diesen missratenen Sprössling innerhalb von zwei Tagen zu überführen.«
»Comandante, ich bitte Sie! Ich habe die Lage im Griff.«
»Na, dann mach mal die Hand auf … Da sehe ich nichts, Tarfusser. Noch zwei Tage und ich hetze Petrella auf diesen kleinen Judas.«
So hatte sich Tarfusser in der Hoffnung auf einen baldigen Glückstreffer der Signora Montini an die Fersen geheftet und sie Tag und Nacht nicht aus den Augen gelassen. Immer auf der Spur ihrer amourösen Eskapaden. Und immerzu fotografierend.
18. D EZEMBER
Am frühen Morgen stattete Stucky Rechtsanwalt Scotton einen Besuch ab. Dieser besaß eine großartige Sammlung von Bildern der Ciardis, vor allem von Guglielmo, dem Älteren der beiden Maler. Sie hingen in den Korridoren seiner noblen, nahe San Francesco gelegenen Villa, und die Wände seines Arbeits- und seines Schlafzimmers waren regelrecht mit ihnen tapeziert. Das Ciardi-Sammeln war eine echte Manie geworden. Er war davon besessen. Schon als ganz junger Anwalt hatte er sich von seinem ersten Honorar eine Veduta sul Sile gekauft, ein Bild, das jetzt über dem Bett hing, wenn auch auf der Seite, auf der seine Frau schlief. Und mit zunehmendem Ansehen und Einkommen hatte er nach der erfolgreichen Lösung eines Eigentumskonflikts hier oder eines strittigen Erbfalls da jedes Ciardi-Gemälde erworben, dessen er habhaft werden konnte.
Er sammelte Landschaften, die nach und nach verschwanden, aber vom Auge des Malers verewigt worden waren, und füllte sein Haus ansonsten mit musikalischen Chinoiserien, exotischen Spieluhren und orientalischen Fächern, mit Objekten, in denen sich niemals erfüllte Reisewünsche widerspiegelten.
Wenn man ihn in seinem Lancia sah, am Lenkrad sein Chauffeur, dann glaubten alle, dass der Kofferraum von extravaganten Gegenständen überquoll, die er bei den Antiquitätenhändlern der ganzen Provinz ergattert hatte.
Und die Antiquitätenhändler hielten natürlich einen solchen Herrn in Ehren, der anspruchsvoll war, aber nie unbesonnen handelte und immer die besten Stücke auswählte.
Stucky meldete sich über die Gegensprechanlage an und wartete lange auf eine Antwort. Schließlich kam die Haushälterin, öffnete das Eisentor und begleitete den Inspektor zum Eingang, wo ihn der rüstige Neunzigjährige in aufrechter Haltung erwartete.
»Avvocato, wie ich sehe, sind Sie in Topform!«
»Signor Inspektor … sind Sie etwa gekommen, um mir mitzuteilen, dass Sie mir den Ciardi verkaufen wollen, den Ihr Vater der Galleria Tiepolo als Leihgabe überlassen hat?«
»Der Vertrag endet in fünf Jahren.«
»Bis dahin könnte ich nicht mehr unter den Lebenden weilen.«
»Ich hoffe, das Gegenteil wird der Fall sein! Tatsächlich bin ich gekommen, um Ihnen ein frohes Fest zu wünschen, denn es besteht die Gefahr, dass ich in den nächsten Tagen sehr beschäftigt sein werde. Und außerdem möchte ich, wenn es Ihnen nicht allzu große Umstände bereitet, gern einen Blick auf einige der in Ihrem Besitz
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