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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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was die Seherin gemurmelt hatte, waren das die Worte, die an ihm nagten, ihn genauso plagten wie die Gewürze. Es schien ihm inzwischen, dass die Haavirisch über Vanai und Camnipol gesprochen hatte. Wenn er darüber nachdachte, konnte er immer noch spüren, wie die Narbe an seinem Bein heilte, wo ihn der Bolzen getroffen hatte. Auf genau die gleiche Weise kam ihm immer wieder der schwarze Knoten in seiner Brust in den Sinn, der ihn auf dem langen Ritt zurück von Vanai niedergedrückt hatte, wann immer ihm seine Aufmerksamkeit nur ein klein wenig entglitt. Er konnte sich nicht genau an die Gesichtszüge seiner toten Mutter erinnern, aber die Silhouette der Frau vor den Flammen, die sich über Vanai türmten, stand ihm so deutlich vor Augen wie das Zelt um ihn herum. Deutlicher.
    Die Feierlichkeiten und Feste, die ihn in Camnipol willkommen geheißen hatten, hätten ihn davon reinwaschen müssen, und eine Zeitlang hatten sie das auch getan. Aber nicht für immer. Es war süß gewesen – er hatte es damals zumindest so empfunden –, aber vielleicht war es das gar nicht gewesen. Natürlich hatte es sich herrlich angefühlt: Er war bei Hofe aufgestiegen. Er hatte die Stadt vor dem Aufstand der Söldner gerettet. Und doch war er hier, abermals im Exil, auf der Flucht vor politischen Ränken, die er nicht verstand. Und so unerfreulich sein unruhiger Bauch auch sein mochte, es war immer noch besser als die Alpträume vom Feuer.
    In Wahrheit war das, was in Vanai passiert war, nicht seine Schuld gewesen. Er war benutzt worden. Der entgangene Schlaf, die dauernde Furcht und sogar der Verdacht, dass sich Alan Klin und seine Freunde während all seiner Feiern und Feste über ihn ins Fäustchen gelacht hatten: Das waren die Narben, die er trug.
    Er wälzte den Gedanken im Kopf hin und her. Die Hofintrigen, die die Königshöhe und Camnipol durchdrangen, waren nichts, worauf er sich je willentlich eingelassen hatte. Die Erleichterung, die er verspürt hatte, als er bei seiner Rückkehr beweihräuchert und beklatscht worden war, fühlte sich inzwischen hohl an, und zur selben Zeit wollte er sie wiederhaben. Er hatte die Stimmen der Flammen darüber eine kleine Weile vergessen können. Aber wie das geträumte Wasser der Haavirisch-Seherin war die Süße nicht süß gewesen, sondern nur eine Erleichterung nach der Bitterkeit. Und sie hatte nichts geheilt.
    Wenn er nur verstehen könnte, was sich abgespielt hatte, wenn er nur die Spiele und die Spieler durchschauen könnte, hätte er gewusst, wer wirklich der Schuldige war. Und wer wirklich seine Freunde waren.
    Er drehte sich auf die Seite, zog die Decken mit sich. Sie rochen nach Staub und Schweiß. Die Nacht war zu warm, um sie zu rechtfertigen, aber er fand den Stoff tröstlich. Er seufzte, und sein Bauch grummelte. Auf ihre Weise hatte die Haavirisch-Seherin recht gehabt. Vielleicht war sie so weise, wie der Fürst behauptete. Geder zog es in Erwägung, sie am Morgen aufzusuchen, um ihr weitere Fragen zu stellen. Selbst wenn es alles Aberglauben und Unsinn war, würde es ihm in den langen, einsamen Nächten in der Wüste etwas zum Nachdenken geben.
    Er merkte nicht, dass er einschlief, bis er wach wurde. Sonnenlicht glühte im frischen Gelb von Wildblumen, und der kurzlebige Tau ließ die Welt kühler riechen, als sie war. Er zog seine Hose und eine Tunika an. Es war gröbere Tracht, als er sie letzte Nacht getragen hatte, aber er ging auch nicht auf ein Fest. Und dies war immerhin die Keshet. Die Anforderungen waren vermutlich nicht die gleichen. Die Holzgebäude standen noch, und Geder ging zu ihnen hinaus, sein Blick schweifte umher, auf der Suche nach Wachposten. Er sah sie nicht.
    Er sah niemanden.
    Als er an den Gebäuden ankam, auf dem großen, offenen Platz, wo er vor weniger als einem Tag gespeist hatte, waren sie verlassen. Als er rief, antwortete niemand. Es hätte wie ein Kinderlied gewirkt, in dem sie alle zu Geistern geworden waren, nur dass er den Fußabdrücken und dem Geruch von Pferdemist folgen und die nicht ganz erloschenen Kohlen sehen konnte, die sich noch weiß und rot in der Feuergrube verbargen. Die Pferde waren fort, die Männer und Frauen, aber die Wagen waren noch da. Die schweren Winden, die die Diener des Fürsten benutzt hatten, um ihre jäh entstehenden Städte zu errichten, waren nach wie vor an Ort und Stelle. Er fand sogar die langen Ketten, die die Seherin getragen hatte, um eine bronzene Spule gewickelt und im Staub zurückgelassen.
    Er

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