Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
Oberfläche seiner Haut. Es würde ihre beinahe leidtun, ihn aus dem Rennen zu werfen. Aber nur beinahe.
Wie aus einem früheren Leben hörte sie Yardem Hanes erdrutschartige Stimme in ihren Gedanken sprechen: Es gibt keine natürliche Waffe der Frau. Sie erkannte nun, dass das nicht stimmte.
Als sie aus dem Bett glitt, regte er sich nicht. In der Dunkelheit waren ihre Kleider irgendwo in dem Wirrwarr auf dem gemauerten Boden verschwunden. Sie wollte es nicht riskieren, ihn aufzuwecken, deshalb zog sie die Tunika über den Kopf, die er abgeworfen hatte, sobald sie darauf stieß. Sie reichte ihr bis zu den Oberschenkeln hinab. Gut genug. Sie trottete in die Ecke des Zimmers und strich mit den Fingern über den Boden, bis sie es gefunden hatte: ein Lederband und einen Messingschlüssel, den Qahuar Em immer unmittelbar auf der Haut trug.
Nun ja. Fast immer.
Die Ziegel waren kühl auf ihren Fußsohlen, und der Klang ihrer Schritte kam der Stille so nahe, dass er nicht davon zu unterscheiden war. Das Gelände war in der Nähe des Hafens, die Räume klein und eng, aber um einen kleinen Innenhof mit Garten verstreut. Die vier Diener waren reinblütige Jasuru, und von ihnen blieb nur der Türsklave über Nacht bei ihm. Qahuar Em mochte vielleicht die Stimme eines großen Klans aus Lyoneia sein, aber Raum war in Porte Oliva teuer, und ein luxuriöseres Haus als die einheimischen Adligen zu besitzen, war die Art von Prahlerei, mit der ihm schlecht gedient gewesen wäre. Cithrin bog in der Dunkelheit um eine Ecke und zählte bis zur dritten Tür links. Diese war aus Eiche und mit Eisen beschlagen. Sie fand das Schlüsselloch und steckte vorsichtig den gestohlenen Schlüssel hinein. Als sie ihn umdrehte, klang das Klicken des Mechanismus so laut wie ein Schrei. Ihr Herz raste, aber niemand schlug Alarm. Sie öffnete die Tür und schlüpfte in Qahuars privates Arbeitszimmer.
Die Fensterläden waren geschlossen und verriegelt, aber sobald sie sie geöffnet hatte, reichte das Licht des Viertelmondes aus, um die ungefähren Umrisse der Dinge zu erkennen. Es gab einen Schreibtisch. Eine Kassette, die am Boden angeschraubt war. Ein Gitterregal, gefüllt mit Schriftrollen und gefalteten Briefen. Eine Laterne mit Blende an einer Schnur, verziert mit Ringen aus geschnitztem Feuerstein und Stahlbeschlägen. Cithrin schlug Funken auf den Docht und schloss und verriegelte dann schnell die Fensterläden. Was aus Schatten und Silhouetten bestanden hatte, wurde nun plötzlich in Schattierungen von trübem Orange und Grau lebendig. Die Kassette war verschlossen, und der Schlüssel zum Arbeitszimmer passte nicht. Der Schreibtisch war leer bis auf eine daumengroße Flasche mit grüner Tinte und einen Stift aus Metall. Sie ging zu den Schriftrollen und Briefen, bewegte sich schnell und methodisch von einem zum nächsten und passte auf, jeden Stapel in Ordnung zu halten und genauso zurückzulegen, wie er gewesen war.
Sie war sich der Nervosität bewusst, die auf ihre Eingeweide drückte, und wie schnell ihr Herz trommelte, und sie schob es alles zur Seite. Sie würde später wieder Empfindungen zulassen, wenn Zeit dafür war. Ein Brief vom Statthalter, in dem er Qahuar für sein Geschenk dankte. Die Schokolade sei hervorragend gewesen, und die Frau des Statthalters übermittelte ganz besonders ihre Dankbarkeit. Cithrin legte den Brief zurück. Eine aufgerollte Schriftrolle listete die Namen und Beziehungen von einigen Dutzend Leuten auf, von denen ihr keiner etwas sagte. Sie legte sie zurück.
Vor dem verriegelten Fenster sang eine Salzdrossel. Cithrin fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Etwas hier drinnen musste nützlich sein. Irgendwo in diesen Papieren musste Qahuar etwas festgehalten haben, das ihr etwas darüber verriet, wie sein Angebot an den Statthalter aussehen würde. Sie griff nach einem weiteren Brief, und sie kam mit dem Arm an die Laterne. Glas und Metall bewegten sich und schwankten, und sie bekam sie zu fassen. Noch eine Sekunde länger, und sie wäre heruntergefallen. Zerbrochen. Hätte das Zimmer in Flammen gesetzt. Cithrin stellte sie vorsichtig auf die Mitte des Schreibtischs und machte sich mit zitternden Händen wieder auf die Suche.
Stunden schienen zu vergehen, ehe sie es fand. Eine lange Schriftrolle aus feiner Baumwolle. Der Abstand zwischen den verschlüsselten Zahlenreihen war groß genug, dass Qahuar die Nachricht hatte daruntersetzen können. Cithrin strich mit den Fingern über die Worte. Sie waren von
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