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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Maultiere wussten, was sie zu tun hatten, und folgten dem Karren vor ihnen. Langsam, mit vielen Rufen und Verwünschungen, nahm die Karawane Gestalt an. Sie zogen durch die breiten Straßen des Alten Viertels, an den Kanälen vorbei, die hinab zum Fluss führten, über die Schutzherrenbrücke, wo der Palast des Fürsten hoch über ihnen in Sicht kam.
    Vanai, die Stadt ihrer Kindheit, glitt an ihr vorüber. Dort war die Straße, die zu dem Markt führte, auf dem Cam ihr zum Geburtstag Honigbrot gekauft hatte. Hier der Stand, an dem sich ein Schusterlehrling einen Kuss von ihr erschlichen hatte und für all seine Mühen von Magister Imaniel ausgepeitscht worden war. Das hatte sie inzwischen ganz vergessen. Sie kamen am Haus des Tutors vorbei, zu dem sie gegangen war, um Zahlen und Buchstaben zu lernen, als sie ein kleines Mädchen gewesen war. Irgendwo in der Stadt waren die Gräber ihrer Mutter und ihres Vaters. Sie hatte den Leichen nie einen Besuch abgestattet, und jetzt tat es ihr leid.
    Wenn sie zurückkehrte, sagte sie sich. Wenn der Krieg vorüber war und die Welt sicher, dann würde sie zurückkommen und nachsehen, wo ihre Familie begraben lag.
    Allzu bald ragten die Stadtmauern vor ihnen auf, blasser Stein, so hoch wie zwei aufrecht stehende Männer. Das Tor war offen, aber der dichte Verkehr auf der Straße machte sie langsamer. Die Maultiere schienen damit zu rechnen und standen geduldig still, während der Karawanenmeister nach vorne ritt, um den Weg freizumachen, indem er auf alles einprügelte, was die Karawane am Fortkommen hindern mochte. Hoch auf dem Turmtor stand ein Mann in der leuchtenden Rüstung der fürstlichen Garde. Einen übelkeiterregenden Moment lang dachte Cithrin, dass es das gleiche grinsende Gesicht war, das in der Nacht zu ihr aufgeblickt hatte, in der Besel gestorben war. Als der Wächter herunterrief, meinte er jedoch den Hauptmann.
    »Ihr seid ein Feigling, Wester!«
    Cithrin stockte der Atem, so entsetzt war sie von der beiläufig vorgebrachten Beleidigung.
    »Verreck an den Pocken, Dossen«, flötete der Hauptmann zurück und grinste dabei, also waren die beiden vielleicht befreundet. Dieser Gedanke führte dazu, dass sie Hauptmann Wester weniger gut leiden konnte. Der Gardist des Fürsten hielt sie nicht auf. Holpernd und quietschend rollten die Karren zur Stadt hinaus und auf die Straße, wo sie das Steinpflaster hinter sich ließen und das breite Grün aus Drachenjade betraten. Carse lag weit im Nordwesten, aber die Straße führte hier nach Süden, folgte der fernen Küstenlinie des Meeres. Ein paar andere Karren kamen vorüber, die einwärts zur Stadt unterwegs waren. Die niedrigen Hügel waren von Bäumen im Glanz ihrer Herbstblätter bedeckt; rot, gelb und golden. Als die Sonne sie im richtigen Winkel traf, wirkte es wie Feuer. Cithrin saß gebeugt auf ihrer Bank, ihre Beine kühlten aus, die Hände waren steif.
    Mit dem Vorüberziehen der langen, langsamen Meilen legte sich ihre Nervosität, und sie ließ sich einlullen vom Rumpeln und Schaukeln des Karrens. Sie konnte beinahe vergessen, wer sie war, was hinter ihr lag, was sich mit ihr im Karren befand. Solange die Welt nur aus ihr bestand, den Maultieren, dem Karren vor ihr und den Bäumen neben ihr, war es beinahe so, als wäre sie allein. Die Sonne sank auf eine tiefere Bahn, schien ihr in die Augen, bis sie so gut wie blind war. Der Ruf des Karawanenmeisters ließ die Karren langsamer werden, dann hielten sie an. Der Timzinae ritt die Wagenreihe ab, wie er es in Vanai getan hatte, und verwies einen jeden von ihnen auf einen Platz auf einem niedrigen, offenen Feld. Das Lager. Cithrins Platz war dankenswerterweise in der Nähe der Straße, wo sie nichts Besonderes tun musste. Sie drehte die Maultiere, brachte den Wagen an die Stelle, die man ihr zugewiesen hatte, und stieg dann auf den Boden hinunter. Sie schirrte die Maultiere ab und führte sie zu einem Bach, wo sie die Köpfe hinab zum Wasser streckten und so lange unten hielten, dass sie langsam nervös wurde. Ob ein Maultier so viel trinken würde, dass es davon krank wurde? Sollte sie versuchen, sie daran zu hindern? Aber die anderen Tiere machten es genauso. Sie beobachtete, was die übrigen Fuhrleute taten, und versuchte, nicht aufzufallen.
    Die Nacht kam schnell und kalt. Bis sie ihre Tiere gefüttert, abgerieben und sie in den notdürftigen Pferch der Karawane gebracht hatte, war Nebel aufgestiegen. Der Karawanenmeister hatte ein Feuer errichtet, und beim

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