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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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dem Landsitz gab es Schreiber und mindestens einen in der Stadt nahebei. Vincen Coe hätte ohne Schwierigkeiten einen geübteren Schreiber um Hilfe bitten können, aber das hatte er nicht getan. Der Text selbst war unverfänglich – er handelte von den Fortschritten mit den Zwingern, den Wasserbehältern für das Jagdrudel, der Anzahl der Welpen, die im Frühling geboren worden waren –, und es gab nichts dagegen einzuwenden, dass er den Bericht geschickt hatte. Wie bei seinen anderen Briefen würde Clara nicht antworten. Früher oder später würde der Junge sich von diesem Wahnsinn erholen, der dazu geführt hatte, dass sich seine Gedanken auf sie richteten. Er würde eine schicklichere Liebelei finden, und mit den Briefen würde es ein Ende haben. Sie legte den letzten wieder ab, zum hundertsten Mal, wie es schien, und ging abermals unruhig auf und ab.
    In dieser Nacht hatte sie nicht still sitzen können, nicht einmal für ihre Handarbeit. Das Fest hatte am Morgen begonnen und sollte bis mitten in der Nacht weitergehen. Und mit dem Fest auch etwas Finstereres. Sie gestattete sich die leise Hoffnung, dass das, was ihr Gemahl auch immer vorhatte, im letzten Augenblick in sich zusammenfallen würde. Dass er verärgert und enttäuscht sein würde, aber ohne dass sich etwas Dramatisches ereignet hatte. Sie sagte sich, dass es so kommen könnte. Dass sich die Welt morgen nicht groß von der gestrigen unterscheiden würde …
    Sie zupfte an ihren Ärmeln und kaute auf dem Stiel ihrer Pfeife, ihre Zähne pochten gegen den harten Ton. Dawson hatte sein ganzes Leben mit Hofpolitik und Kriegstaktik verbracht. Es würde ihm schon gut gehen. Was immer getan werden musste, würde er tun, und sie würden es überleben, und auch die Familie, und es würde alles gut ausgehen. Sie kämpfte darum, daran zu glauben. Sie bemühte sich und scheiterte.
    Das erste Geräusch, das das Chaos ankündigte, war ein einzelnes Pferd, das schnell in den Hof preschte. Das zweite war der Aufschrei der Diener. Die Furcht zog Clara beinahe gegen ihren Willen zum Vordereingang. Als die Türen aufflogen, stolperte Dawson am Arm des Türsklaven herein. Ihr Gemahl hatte sein Schwert in der Hand, Blut tränkte seinen rechten Arm und seine Seite. Seine Jagdhunde umkreisten die beiden, die Ohren angelegt und die Gesichter voller Sorge. Sie musste ein Geräusch von sich gegeben haben, denn er blickte scharf zu ihr auf.
    »Bewaffne das Haus«, sagte er zwischen keuchenden Atemzügen.
    Die Angst, die in ihr aufgewallt war, brach sich Bahn, überströmte sie mit Eis. Sie wusste noch nicht, was das Schlimmste war, aber sie zweifelte nicht daran, dass es dazu gekommen war. Sie wurde ruhig. Sie ging zu ihrem Gemahl, drängte die Hunde zur Seite und schob eine stützende Schulter unter seinen Arm.
    »Du hast den Befehl des Herrn gehört«, sagte sie zum Türsklaven. »Trage ihn weiter. Alle Türen und Tore sollen sofort verschlossen werden. Verriegelt die Fenster. Versammelt die Diener und bereitet euch darauf vor, das Haus zu verteidigen. Wenn das erledigt ist, sucht Jorey und schickt ihn in die Küche.«
    »Meine Herrin«, erwiderte der Türsklave und überließ ihr Dawson.
    Bei jedem Schritt zuckte Dawson zusammen, aber er wurde nicht langsamer. Die Hunde folgten ihnen nervös. Als sie in der Küche ankamen, legte Dawson sich auf die breite Anrichte aus Eiche und kniff die Augen zu. Sobald Clara die Vorratskammer betreten hatte, kam ihre oberste Köchin herein und hielt inne.
    »Du bist nicht bewaffnet«, bemerkte Clara, während sie Kochwein und Honig von den Vorratsregalen nahm.
    »Nein, meine Herrin«, sagte die alte Köchin.
    »Das solltest du aber. Ich werde mich hierum kümmern. Du holst deine Leute und siehst zu, dass sie bereit zum Kämpfen sind, wenn es nötig wird.«
    »Wird es«, sagte Dawson. »Es wird nötig sein.«
    Die Köchin huschte davon, vermutlich, um eine Waffe zu suchen, oder auch, um vom Anwesen zu fliehen. Clara hielt beides für etwa gleich wahrscheinlich. Am Tisch nahm sie ein Tranchiermesser zur Hand, um sein Hemd aufzuschneiden, das sie dann mit einem erschreckend feuchten Geräusch von seiner Haut zog. Ein Lumpen hing von einem Haken am Tischende, und sie wischte den Großteil des Blutes damit ab. Es gab zwei Schnitte, einen entlang der Rippen unter seiner linken Brust, den anderen über dem Schlüsselbein. Keiner war tief, aber sie bluteten beide stark. Sie öffnete die Weinflasche, indem sie den Korken mit den Zähnen

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