Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Augen. »Oh, du hast schon eine Menge Aufstände hinter dir, was?« Die Stadt war einem Aufstand anheimgefallen, vor ihm kauerten die beiden mächtigsten und wichtigsten Männer des imperialen Antea und fürchteten um ihr Leben, und Sandr war verdrossen, weil Cary ihm die Schau gestohlen hatte.
»Habe ich dir nicht davon erzählt, dass ich in Borja war, als die Seuchenwinde kamen?«, fragte Smit. »Damals hatte ich Meister Kit gerade erst getroffen. Ich muss zwanzig, zweiundzwanzig gewesen sein. Mittendrin, und …«
»Meine Herren?«, fragte Cary.
»Entschuldigung«, murmelte Smit und verfiel in Schweigen.
Der Stall stank nach Pisse und Pferdemist, und darunter lag der stärker werdende Rauchgeruch. Camnipol brannte. Cithrins Eingeweide waren ein einziger fester Knoten. Sie wusste, dass sie, wenn sie jetzt etwas aß – oder auch nur trank –, alles wieder von sich geben würde. Und außerdem war sie aufgeregt. Sie fragte sich, wo Paerin Clark nun gerade war. Sie war zuversichtlich, dass er den anfänglichen Angriff überlebt hatte und einen Ort finden würde, an dem er einigermaßen sicher war. Aber sie würde ihn nicht suchen, und sie war sicher, dass er nicht nach ihr suchen würde. Er würde zu beschäftigt damit sein, der Taktik und Politik seine Beobachtungen angedeihen zu lassen.
Aber er hatte keine Regenten und Prinzen, mit denen er sich unterhalten konnte. Sie schon.
»Wir könnten unter die Stadt gehen«, sagte der Prinz. »Da sind nur Ruinen. Wir können vermutlich einen Ort finden, an dem nichts in sich zusammenfällt, und dort könnten wir bleiben.«
»Essen«, gab Palliako zu bedenken. »Wasser. Und wie wissen wir, wann es sicher ist, wieder herauszukommen?«
»Darum werden wir uns kümmern«, versprach Cary. »Cithrin kann wegen der Vorräte heraufkommen. Und wir können Eure Augen und Ohren sein. Ansonsten sind wir nur, was wir sind. Ein halbes Dutzend Schauspieler, die sich aus Schwierigkeiten heraushalten, oder?«
»Viel Essen gibt es nicht für einen Schauspieler, dem niemand zuschaut«, wandte Sandr ein.
»Wenn wir die Steine von diesem Lumpen abnehmen, den der Prinz getragen hat, könnten wir ein Jahr lang in Hinterhöfen sitzen und für Ratten und Hunde spielen und würden trotzdem genug für Essen und Bier übrig haben«, sagte Cary mit einem Schulterzucken. »Und soweit ich das sehe, sind wir gerade angeheuert worden.«
Palliako beugte sich vor, die Arme um die Beine gelegt. Für den Regenten eines großen Reiches sah er ein wenig verloren aus. Es war mehr als die verzweifelte Lage. Mehr als die Gewalt. Dawson Kalliam war der Lordmarschall dieses Mannes gewesen, der Befehlshaber seiner Armeen. Palliako hatte dem Mann ein Fest ausgerichtet, und im Gegenzug hatte er sich beinahe ein Messer eingefangen. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es sich anfühlen würde, wenn die Person, der man am meisten vertraute, sich als Feind herausstellte.
Nichts leichter als das. Es war ihr schon passiert.
Cithrin ging die zwei Stufen zu ihm hinauf und setzte sich neben Palliako. In seinen Augen standen keine Tränen, aber etwas Schlimmeres. Etwas Verlorenes und Leeres. Cithrin nahm seine Hand in ihre. Er hatte breite Handflächen und kurze Finger, und am Arm war die zornig rote Schwellung eines Insektenstichs.
»Hört mir zu«, sagte sie. »Wir haben uns gerade erst getroffen, und Ihr habt keinen Grund, mir zu vertrauen, aber tut es trotzdem. Diese Leute sind meine Freunde, und sie sind nicht Teil Eures Hofes oder eines anderen. Wenn sie sagen, dass sie für unsere Sicherheit sorgen, dann werden sie das tun.«
»Woher wisst Ihr das?«, fragte Palliako mit belegter Stimme. »Ihr könnt nicht sicher sein, dass sie sich nicht gegen Euch wenden. Ich muss Basrahip finden. Ich muss nachsehen, ob es ihm gut geht.«
»Wir werden es für Euch herausfinden«, versprach Smit. »Ich meine, nicht heute Nacht. Aber wenn sich der Staub ein wenig gelegt hat, können wir das für Euch herausfinden. Außer, sie brennen wirklich die ganze Stadt nieder.«
Palliakos Blick richtete sich auf sie, und es schien das erste Mal zu sein, dass er das tat. »Ich kenne Euch nicht«, sagte er.
»Ich bin Cithrin bel Sarcour«, erwiderte sie und nickte dabei. Ermutigte ihn, dasselbe zu tun. »Da. Nun kennt Ihr mich.«
C LARA
DIE HANDSCHRIFT, IN DER der Brief aus Osterlingbrachen verfasst war, sah furchtbar aus – die Buchstaben waren so unbeholfen wie Kätzchen und die Rechtschreibung bestenfalls eine Annäherung. Auf
Weitere Kostenlose Bücher