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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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zu überstehen. Der Kapitän hatte vermutlich den Ausguck aus dem Krähennest geholt, da er ehrlich besorgt gewesen war, dass ihn die Gewalten des Wetters herausreißen würden. Wenn dem so war, dann mochten die Piratenschiffe sie schon fast erreicht haben, ehe sie überhaupt bemerkten, dass sie da waren: schwarze Umrisse auf dem dunklen Wasser.
    Gegen einen Feind, der vom Meer her kam, hatte die Sturmkrähe nicht viel Hoffnung, sich zu verteidigen. Piratenschiffe waren kleiner und wendiger, ihre Takelage war nicht von den Anforderungen einer langen Reise bestimmt. Vielleicht hatte die Sturmkrähe versucht, aufs offene Meer zu gelangen, und war abgefangen worden. Vielleicht hatte sie sich zur Küste gewandt und war gejagt worden. Das Wrack, das an die Küste getrieben war, stank nach Leinöl. Das Ausgießen von Öl war eine wohlbekannte Methode, um Schiffe bei rauem Seegang zu entern, und dadurch erschien es wahrscheinlicher, dass der Angriff näher an Land erfolgt war.
    Als die Angreifer an Bord gekommen waren, hatte die Sturmkrähe wohl ihre beste und letzte Gelegenheit gehabt da vonzukommen. Ketten mit Haken waren die gebräuchlichsten Werkzeuge, aber es gab auch Stiefel und Armschienen mit scharfen Zinken, die ein fähiger Mann nutzen konnte, um an den hölzernen Wänden eines Schiffes wie ein Insekt hinaufzukrabbeln. Wahrscheinlich waren etliche Piraten auf dem Weg nach oben gestorben, ihre Leichen ins brodelnde Wasser gefallen und sofort verschlungen worden. Aber weit mehr hatten das Deck wohl erreicht. Cithrin stellte sich einen blutigen und langen Kampf vor, bei dem die Mannschaft Handbreit um Handbreit überwältigt wurde, die Decks schwarz von Blut und Regen. Donner grollte über den Wellen, Blitze krochen durch die Sturmwolken darüber. Aber es war genauso möglich, dass der Kapitän versucht hatte, sich zu ergeben, und in den Tod gestürzt worden war. Wie immer es gewesen war, die Überreste des Schiffes und die Leichen der Mannschaft hatten ihren Weg an die Küste gefunden. Von der Fracht kein Stück.
    Pyk hielt eine dickfingrige Faust nach oben. Dutzende Seiten befanden sich zwischen ihren Fingern. Frachtbriefe, Verträge, Forderungen danach, dass die Medean-Bank tat, was sie versprochen hatte, und den elf Händlern und Kaufleuten einen Ausgleich verschaffte, die ihr Vertrauen in die Sturmkrähe gesetzt hatten und enttäuscht worden waren.
    »Was soll ich verdammt noch mal damit tun?«, fragte Pyk.
    Cithrin blieb ruhig. Vor dem kleinen Zimmer hinten im Kaffeehaus errichteten Singvögel ein Nest. Der Duft nach Maestro Asanpurs Kaffee schlängelte sich durch die geschlossene Tür und rief nach Cithrin wie der Klang des Lachens eines Freundes im Nebenraum. Sie hielt ihre Misslaune in Schach. »Bezahlen?«, schlug sie vor.
    Die Yemmu verdrehte die Augen. »Ja, vielen Dank. Ich kann den Vertrag lesen. Ich meine, wie soll ich das bitte schön vor der Dachgesellschaft rechtfertigen?«
    Pyk fing an, die Papiere auf Stapel zu legen, als würde sie Karten für ein hoch kompliziertes Spiel austeilen. Cithrin wollte sie ihr wegnehmen. Die Papiere dort zu sehen war, als stünde ein halbverhungerter Mann im Eingang einer Bäckerei, dürfe aber nicht eintreten.
    »Es war ein gutes Risiko«, sagte Cithrin.
    »Warum muss ich dann dafür bezahlen?«
    »Sogar gute Risiken gehen manchmal nicht auf. Deshalb nennt man sie Risiken. Wenn wir nur in Sicherheiten investieren würden, würden wir nicht genug Gewinn herausholen, um etwas zu essen zu haben.«
    »Du hast dir für diesen Vertrag den Daumen geritzt und hundert Eichgewicht Silber eingenommen. Nun soll ich beinahe tausend auszahlen und es auch noch gut nennen? Gott sei’s gedankt, dass wir nicht noch mehr gute Risiken haben.«
    »Die Zweigstelle kann den Verlust abfedern«, sagte sie, als Pyk eine weitere Seite auf ihre Stapel knallte. Es war ein vergilbter Streifen mit rostfarbener Tinte. Cithrin zeigte darauf. »Zahlt den da nicht aus.«
    »Was?«
    »Dieses Blatt. Es ist von Mezlin Kumas. Er hat den Ruf, mehr Fracht aufzulisten, als er gekauft hat. Nur eine solche Liste in seiner Handschrift? Das reicht nicht. Wenn nicht der Daumenabdruck des Kapitäns darauf ist, solltet Ihr das nicht auszahlen.«
    »Weshalb gehst du nicht hinaus und spielst mit einem Wollball oder so was«, sagte Pyk mit einem Seufzen. »Ich werde mich darum kümmern.«
    Cithrins Zorn fühlte sich wie eine Hitzewelle an, die von ihrem Bauch in den Hals aufstieg. Sie spürte, wie ihr das Blut in die

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