Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
Euch über andere Dinge reden, etwa die Audienz mit Eschfurt. Was haltet Ihr davon?«
»Dass Ihr sie ihm geben solltet«, antwortete Dawson. »Wie ich schon gesagt habe …«
»Ich weiß, was Ihr schon gesagt habt. Jetzt wisst Ihr mehr als damals. Ich kann die Audienz nicht halten, wenn ich mich unterdessen bepisse. Im Augenblick haben sie Angst vor mir. Davor, was ich tun könnte. Und sie weichen zurück. Wenn Eschfurt zu Hause berichtet, dass ich halb verrückt bin und sterbe, werden sie ein anderes Lied anstimmen. Als Ihr mir das letzte Mal einen Rat gegeben habt, habe ich Euch abgewiesen und war nur Tage davon entfernt, mein Kind einem Mann auszuhändigen, der geplant hat, es zu töten. Soweit ich weiß, habt Ihr noch die Kontrolle über Eure Blase. Das macht Euch zu einem kompetenteren Mann als Euren König. Also sagt es mir. Was soll ich tun?«
Dawson erhob sich und versuchte, seine windgepeitschten Gedanken zusammenzuraffen. Er fühlte sich, als hätte er gerade ein Duell ausgetragen. Seine Glieder waren erschöpft wie nach einer großen Anstrengung, auch wenn er nicht mehr getan hatte, als durch das Zimmer zu gehen und nach einem Diener zu rufen. Eine plötzliche Erinnerung suchte ihn heim, wie er eine Straße entlangstürmte, Prinz Simeon an seiner Seite. Er erinnerte sich nicht daran, wann oder wo es gewesen war, aber er wusste, dass die Straße nach Regen gerochen, dass Simeon Grün und er Braun getragen hatte. Er schluckte und wischte sich mit der Hand über die Augen.
»Wenn man die Anfälle kontrollieren kann, haltet die Audienz sofort«, erklärte er. »Bereitet Euch darauf vor und haltet es kurz. Keine Festmähler, keine privaten Essen, keine zweite Audienz. Etwas Formelles.«
»Und was soll ich sagen?«
»Dass Ihr Asterilreich Zeit gebt, den eigenen Hof zu säubern, aber dass Ihr einen vollständigen Bericht und die Köpfe jener erwartet, die Maas unterstützt haben. Es ist die einzige Möglichkeit, die Ihr habt. Wir können nicht in den Krieg ziehen. Nicht, wenn Ihr in diesem Zustand seid.«
Simeon nickte langsam. Seine Wirbelsäule schien inzwischen gekrümmter als zu dem Zeitpunkt, als Dawson eingetroffen war, aber es konnte auch sein, dass er jetzt einfach sah, was die Gewohnheit zuvor verborgen hatte.
»Und wenn sie nicht kontrolliert werden können?«
»Ernennt jemand anders. Wenn Ihr jemand Besonderen wollt, ernennt ihn zum Wächter des Weißen Turms. Seit Odderd Faskellin gestorben ist, wurde keiner mehr ernannt. Oder aber … mein Gott.« Dawson setzte sich wieder.
»Oder aber?«, wollte der König wissen.
»Wenn Ihr schnell genug verfallt, verschiebt es und lasst es den Regenten besprechen, sobald Ihr tot seid.«
Simeon atmete so scharf ein, als hätte man ihn geschlagen.
»So steht es also?«, fragte Dawson.
»Womöglich«, sagte Simeon. »Danke, alter Freund. Das war es, was ich hören musste, und ich glaube nicht, dass sonst jemand die Worte laut ausgesprochen hätte. Selbst wenn jeder sie gedacht hätte. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich Euch bitte, Euch jetzt zurückzuziehen. Ich glaube, ich muss etwas ruhen.«
»Natürlich, Eure Majestät«, sagte Dawson.
Er hielt im Bogengang inne und blickte zurück. König Simeon hatte sich abgewandt, und Dawson konnte sein Gesicht nicht sehen. Das ist das letzte Mal, dass ich ihn sehe , dachte Dawson, und dann ging er.
An den Toren der Königshöhe winkte er seine Kutsche weiter. Er wollte jetzt nicht gefahren werden. Er wollte gehen. Der Weg zwischen der Königshöhe und seinem Anwesen betrug mehrere Meilen, aber es machte ihm nichts aus. Er fuhr über das Schwert an seinem Gürtel und setzte sich in Bewegung. Er hatte Nächte damit verbracht, durch die dunklen Straßen von Camnipol zu laufen, hatte Pferde über leere Marktplätze gejagt, getrunken, bis er zu besoffen war, um geradeaus zu gehen, und sich dann über den Rand einer Brücke gebeugt, bis sich sein Kopf wegen der Höhe drehte. In einer Nacht wie dieser war er acht Meilen gelaufen. Zehn. Von seinem sterbenden König bis zu seinen Gemächern war es gerade einmal die Hälfte.
Trotz ihres Namens erstreckte sich die Silberbrücke aus Stein und Holz über den Spalt. Ihre Stützen gruben sich tief in die Wälle der großen Schlucht, die so weit unter die Stadt hinabreichte, wie der Turm aufragte. Dawson hielt mitten auf der Brücke inne und blickte nach Süden. Eine Taubenschar kreiste unter ihm in den Schatten, wirbelte über dem Abfallhaufen dahin, der von der Dunkelheit
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